Mach mehr aus deinem Haus!

In der Arbeitsgruppe „Leistbares Wohnen” des Göfner Bürgerrates engagieren sich (v.l.) Gebhard Moser, Heidi Lampert, Hubert Vith, Vzbgm. Caroline Terzer (Leitung), Sonja Entner, Margit Studer, Bgm.Thomas Lampert sowie (nicht auf dem Bild) Markus Huber, Gertrud Hutter, Remo Lampert und Sonja Röthlin.
– Diese Aufforderung vermittelt eine Ausstellung, welche noch bis 30. November in Göfis zu sehen ist. Angesichts hoher Wohnkosten will der Bürgerrat der Gemeinde – nicht mit dem Zeigefinger, sondern durch positive Beispiele – zur Nachverdichtung inspirieren. 

FOTOS: TM-HECHENBERGER, GEMEINDE GÖFIS, ALEXANDER DUELLI, INGIMAGE

Göfis ist als Wohnort attraktiv. Die Walgaugemeinde punktet mit sonniger Lage und ihrer Nähe zur Stadt Feldkirch, zur Liechtensteiner Grenze sowie Wirtschaftsstandorten im Ober- und Unterland. Weil Angebot und Nachfrage aber den Preis bestimmen, wird der Boden im Sonnendorf inzwischen ab einem Betrag von 400 Euro pro Quadratmeter gehandelt – wenn er denn überhaupt verkauft wird. 

Baulandreserven gibt es noch mehr als genug. Obwohl sich die Bevölkerungszahl in den letzten fünfzig Jahren auf aktuell gut 3500 verdoppelt hat: „Wir hätten genügend Platz für noch einmal so viele Menschen”, erklärt Bürgermeister Thomas Lampert. Doch weil die Grundstücke großteils in privater Hand sind, wird kaum eines verkauft, sondern für die Kinder „aufgespart”. Und wenn dann doch ein Boden auf den Markt kommt, sind in der Regel Wohnbaugesellschaften die Bestbieter. „Die Gemeinde kann da kaum einmal mithalten”, macht sich Bürgermeister Lampert nichts vor. „Wir haben wenig Möglichkeiten, selbst leistbaren Wohnraum im Ort zu verwirklichen.” 

Diese Entwicklung bewirkte außerdem, dass Göfis vor einigen Jahren auf dem besten Wege war, sich zu einem „Schlafdorf” zu entwickeln. Denn junge Familien konnten es sich schlicht nicht leisten, sich in Göfis anzusiedeln. Dem steuert die Gemeinde mit gezielten Investitionen in die Infrastruktur – vor allem im Bereich Kinderbetreuung und Schule – entgegen. Mit der „bugo” und dem Platz direkt  vor dieser Bücherei mit Café und Veranstaltungsprogramm ist zudem vor rund acht Jahren ein zentraler Treffpunkt entstanden, der das Dorf­leben bereichert.

Nachverdichtung im Zentrum

Weiters kamen die elf Mitglieder der Projektgruppe „Leistbares Wohnen” des vor zwei Jahren gegründeten Bürgerrats der Gemeinde zum Schluss, dass es langfristig den größten Sinn macht, bestehende Bauflächen intensiver zu nutzen, Leerstände zu reaktivieren und die Göfner dazu zu animieren, leistbare Wohnungen zu vermieten. Potenzial dafür gäbe es genug: Von den 89 leerstehenden Häusern im Ort wären mindestens 40 ohne Umbau oder größere Sanierung sofort beziehbar. In rund 240 Gebäuden im Ort stehen den Bewohnern mehr als 70 Quadratmeter Wohnfläche pro Person zur Verfügung. Von den 1.010 Wohngebäuden (Stand 2015) bestehen aber nur zirka 60 aus zwei oder mehr Wohnungen, hat die Projektgruppe erhoben. Nachverdichtung würde zudem der Zersiedelung entgegenwirken und zusammenhängende Grünflächen im Ort erhalten. Gemeinsames Ziel aller Beteiligten ist es, dass Göfis als Wohngemeinde attraktiv und der dörfliche Charakter erhalten bleibt. Außerdem sollen die Aktivitäten des Bürgerrats dazu beitragen, dass historische Bausubstanz erhalten bleibt. 

Die Recherchen der Projektgruppe haben ergeben, dass es im Ort durchaus schon einige positive Beispiele gibt, wie eine Nachverdichtung gelingen und das Zusammenleben in einem Mehrparteienhaus erfolgversprechend organisiert werden kann. Die Zahlen, Fakten und Geschichten hinter den Bauprojekten wurden deshalb in einer Ausstellung zusammengefasst, die noch bis 30. November im Gemeindekeller begutachtet werden kann. 

„Wir sind das Thema nicht mit dem Zeigefinger, sondern eher auf einer emotionalen Ebene angegangen”, erklärt der Göfner Bürgermeister. Die Ausstellung soll Interessierten das Potenzial ihrer Häuser aufzeigen und sie mit jenen vernetzen, die bereits Erfahrungen gesammelt haben – mit sämtlichen Herausforderungen und Chancen, die ein Umbau, aber auch das Zusammenleben mit anderen mit sich bringen. Insgesamt wurden elf Projekte mit sehr unterschiedlichen Problemstellungen aufgearbeitet, deren Bauherren ihr Wissen gerne mit anderen teilen. 

14 gemeinnützige Wohnungen im Zentrum

Thomas Lampert ist selbst einer dieser Ansprechpartner. Seine Familie betrieb über viele Jahre das Gasthaus Lehrerhof mitten im Ort. Der Betrieb war unmittelbar an das Wohnhaus angebaut, welches zwischen 1850 und 1900 erbaut worden war. „Da hat früher wirklich der Lehrer gewohnt”, weiß Thomas Lampert. Als das Gasthaus geschlossen wurde, wurden die einzelnen Stockwerke zwar vermietet, das Gebäude war aber alles andere als gut erschlossen. „Mein Vorgänger  ist dann 2010 an mich herangetreten”, erzählt der Bürgermeister. „Er meinte, der Standort wäre optimal für ein gemeinnütziges Wohnbauprojekt geeignet.” Schweren Herzens trennte sich seine Familie vom Gastbetrieb, um mit dem Erlös den historischen Lehrerhof zu sanieren. Thomas Lampert ist heute froh über die Partnerschaft mit der Vogewosi. Denn auf diese Weise konnten anstelle des Gasthauses mitten im Zentrum 14 Wohneinheiten errichtet werden, die seither zu einem erschwinglichen Preis vermietet sind. Die Wohnanlage wurde so geplant, dass sie mit einem gemeinsamen Verbindungstrakt das alte Wohngebäude mit erschließt. Sämtliche Stockwerke sind dadurch mit dem Lift erreichbar. „Meine Mutter weiß das zu schätzen”, erklärt der Bürgermeister, der auch sein privates Büro dort eingerichtet hat. 

Ein „Haus mit Seele” gesucht

Birgitta und Andreas Kleinheinz haben für alte Bausubstanz ebenfalls viel übrig. Die Textildesignerin und der Einkäufer sind im Allgäu aufgewachsen und vor rund 25 Jahren aus beruflichen Gründen in Vorarlberg gelandet. „Wir wollten immer ein Haus mit Seele. Das Haus hat uns gefunden”, schwärmen die beiden. Das war vor 17 Jahren und das rund 300 Jahre alte Bauernhaus – mit Ende des 19. Jahrhunderts angebauter Stickerei – war in einem ziemlich desolaten Zustand. 

Das Paar ist „ziemlich blauäugig” in das Restaurierungsprojekt gestartet. „Doch das war unser Glück. Keine Ahnung, ob wir uns sonst getraut hätten.” Auch wenn sie ein Jahr lang jede Minute ihrer Freizeit auf der Baustelle verbracht haben, sind die beiden überzeugt davon, dass es sich gelohnt hat, eines der ältesten Häuser in Göfis vor dem Verfall zu bewahren. 

„Ein Freund von uns ist Architekt. Er hat in dieser Zeit bei uns intensiv mitgearbeitet und den gesamten Umbau überwacht”, berichten die beiden. Fast täglich wurden die Details diskutiert. 

Auch mit dem Gebäude selbst hatten die Bauherren Glück: Die 300 Jahre alte Bausubstanz war noch ziemlich gut in Schuss. Zwar musste das gesamte Gebäude „unterfangen” werden, weil die Fundament-Balken direkt in der Erde lagen, doch größere Überraschungen blieben glücklicherweise aus. Im Erdge­schoss wurden die Fußböden tiefergelegt, damit die Räume höher werden. Eine moderne Grundwasserwärmepumpe und Fußbodenheizungen im gesamten Wohnbereich sorgen nun für konstante Wärme. Den alten Ofen von früher heizt Familie Kleinheinz ein, wenn an trüben Tagen heimeliges Holzfeuer für zusätzliches Wohlgefühl sorgen soll.   

Beim Umbau waren Birgitta und Andreas Kleinheinz  aber durchaus kompromissbereit, weil sie den Flair des alten Hauses unbedingt erhalten wollten. Abgesehen von den Türrahmen, an denen sich so mancher groß gewachsene Besucher den Kopf stößt, gibt es in ihrem Haus beispielsweise eine alte Türe, die keinen Eintritt, sondern lediglich einen Ausblick gewährt. Risse in den Wänden und im Fußboden, die sich je nach Jahreszeit verbreitern, sind für sie ebenfalls nur ein Beweis, dass ihr Haus „lebt”. 

Auch wenn so ein altes Haus sicher nicht jedermanns Sache ist: Die beiden sind glücklich mit ihrem Heim, welches Alt und Neu harmonisch in Einklang bringt. Sie genießen es, dass ihnen in den großen Räumen viel Platz zur Verfügung steht. Der große Dachboden und die angebaute Scheune bieten außerdem Potenzial für weitere (Ausbau-)Pläne. 

„Beim Umbau war aber sicher das Wichtigste, dass wir einen guten Planer zur Hand hatten, der das Gesamtbild im Blick hatte”, sind sich Birgitta und Andreas Kleinheinz einig. „Es genügt halt nicht, nur ein paar Heftle anzuschauen.” 

Drei Söhne­ ­– drei Wohnungen

Bei Dr. Helmut Sonderegger stellt sich die Situation gänzlich anders dar. Nach dem Auszug der drei Söhne war das Haus mitten im Ortszentrum deutlich zu groß für ihn und seine Frau Marie-Luise. Der Musiker und Komponist hatte immer schon einen engen Bezug zu dem Haus, das sein Großvater 1935 erbaut und in dem er selbst den größten Teil seiner Kindheit verbracht hat. Er wollte deshalb Vorsorge treffen, dass das Haus in Familienbesitz bleibt – und dies vor seinem 70er über die Bühne bringen. Gleichzeitig war ihm klar, dass die bestehende Kubatur genügend Platz bietet. „Dann muss man doch nicht noch extra Fläche zubetonieren”, outet sich Helmut Sonderegger als Gegner von unnötiger Versiegelung von Boden. 

Das Gebäude, dessen „Schopf” 1978 zum Wohnraum umgebaut worden war, bestand immer schon aus zwei Wohnungen. Außerdem bot der großzügige Dachboden weiteres Ausbaupotenzial. „Ich hatte mir deshalb überlegt, dass wir das Haus ohne größeren Aufwand in drei gleich große Wohnungen umbauen könnten”, erklärt der Pensionist und leidenschaftliche Hobby-Gärtner. Im Gespräch mit den Söhnen formulierten diese aber ganz unterschiedliche Bedürfnisse. Der Älteste hatte zu diesem Zeitpunkt bereits ein Eigenheim in Götzens in Tirol errichtet, und der Jüngste ebenfalls andere Pläne, während der mittlere Sohn mit dem Gedanken spielte, mit seiner Familie von Innsbruck wieder ins Ländle zurückzukehren. 

Sohn Harald ist nun im August mit seiner Frau und den beiden Mädchen im Dachgeschoss eingezogen. Im ersten Obergeschoss wurde eine kleine Ferienwohnung für den älte­ren Bruder eingerichtet, während der Jüngste später die Wohnung der Eltern im Erdgeschoss übernehmen wird. Jede Wohneinheit ist über einen eigenen Eingang erschlossen. Trotzdem ist allen Beteiligten klar, dass für ein gelingendes Zusammenleben – vor allem im Außenbereich – noch „Spielregeln” entwickelt werden müssen. „Das geht sicher nicht von heute auf morgen.” Marie-Luise und Helmut Sonderegger freuen sich, dass sie die Enkel nun immer um sich haben. Es ist ihnen aber auch  bewusst, dass in einem Generationenhaus mehr Berührungspunkte entstehen. Helmut Sonderegger: „In einem Wohnblock besteht kein emotionaler Bezug. Da ist es leichter, Distanz zu halten. Glücklicherweise sehen die Jungen bei uns den Wert dieses Zusammenlebens aber genauso wie wir.”

Ein Umbau ist allerdings kein Neubau. Das Projekt forderte auch in dieser Hinsicht eine gewisse Flexibilität von allen Beteiligten. Barrierefreiheit etwa wäre zwar gewünscht gewesen, war aber leider in den gegebenen Strukturen nicht umsetzbar. „Es braucht intensivere Überlegungen und Handwerker, die mit Altem etwas am Hut haben”, berichtet Helmut Sonder­egger von seinen Erfahrungen. Außerdem rät er allen, die ein altes Haus umbauen möchten, finanzielle Reserven für „Eventualitäten” bereitzuhalten. Neben sorgfältiger Planung rät er zu einer gewissen Flexibilität bei der Umsetzung, wenn beispielsweise alte Bausubstanz erhalten und mit modernen Elementen kombiniert werden soll. 

Aus zwei Wohnungen wurden vier

Beim Projekt der Familie Huber waren ursprünglich zwei Wohnungen zur Vermietung vorgesehen. „Doch der Schwiegermutter hat die Wohnung so gut gefallen – da ist sie selbst eingezogen”, lacht Markus Huber. Denn für ihn und seine Frau Brigitte war dies ein Glücksfall. Der selbstständige Baumeister und Chef der Häuserschmiede in Frastanz drängte seine Eltern vor zwölf Jahren, dass sie eine Entscheidung treffen, wie das landwirtschaftliche Anwesen künftig genutzt werden sollte. Die Eltern lebten schließlich in dem 1967 erbauten Haus auf einer Fläche von 240 Quadratmetern. Seit sie 1980 dort eingezogen waren, war baulich nichts mehr erneuert worden. Markus Huber selbst war kurz zuvor erstmals Vater geworden und wollte  für seine Familie langfristig planen.

Ein Umzug von Frastanz zurück in sein Heimatdorf Göfis sollte – wenn überhaupt – möglichst vor der Einschulung seines Sohnes geschehen. Bald war klar, dass Markus Huber die Landwirtschaft weiter betreiben würde, während seine vier Geschwister andere Ziele verfolgten. Weil diverse Behördengänge nötig waren, zog es sich zwar bis 2011, bis die Erbschaftsverträge unterschrieben waren. Markus Huber nahm aber bereits 2008 die Planungen auf. Als erster Schritt wurde für den Bruder ein Dreiparteienhaus gleich vis-à-vis des Elternhauses errichtet. Das war in der Folge äußerst praktisch. Denn so konnten die Eltern während des Umbaus 2012 dort in eine Zweizimmerwohnung einziehen, während in ihrem Zuhause gegenüber kaum ein Stein auf dem anderen blieb. „Das ist der Vorteil, wenn an einem Haus lange nichts gemacht wurde”, erklärt Markus Huber. Er musste beispielsweise nicht lange überlegen, ob die Fenster erneuert werden sollen. Eine simple Zweifachverglasung ohne Isolierung war einfach nicht mehr zeitgemäß. Das gesamte Haus wurde thermisch saniert, die erst 2007 eingebaute Stückholzheizung ist aber nach wie vor in Betrieb. Dank Fußbodenheizung und kontrollierter Be- und Entlüftung ist der Holzbedarf heute aber geringer als zuvor, obwohl die Wohnfläche durch einen Anbau von 240 auf 420 Quadratmeter erweitert wurde. Alle Stockwerke sind über ein gemeinsames Treppenhaus und einen Lift erschlossen, aus zwei Wohnungen wurden vier.

Dem ausgebildeten Baumeister, Schlosser, technischen Zeich­ner und Wirtschaftsingenieur ist klar, dass die Abwicklung eines solchen Bauprojektes sicher nicht allen Bauherren so einfach von der Hand geht, wie dies bei ihm der Fall war. Schließlich sind er und seine Brüder alle handwerklich ausgebildet und haben ordentlich mit angepackt. Er empfiehlt jedem, viel Zeit in die Planung zu investieren, damit der Bau selbst dann zügig durchgeführt werden kann und während der Bauphase nichts mehr abgeändert und neu überlegt werden muss. Es hat außerdem die Arbeiten ziemlich erleichtert, dass die Eltern während der Bauphase ausziehen konnten. Schließlich ist es viel effizienter, wenn beispielsweise alle Fenster auf einen Schlag getauscht werden können, anstatt Zimmer für Zimmer. 

Nächster Tipp vom Fachmann: Man sollte sich unbedingt wirklich kompetente Handwerker suchen. Markus Huber hatte sein Bauprojekt bei der Wohnbauförderung des Landes nur mit Förderstufe 4 eingereicht, weil er keine Möglichkeit sah, im Altbestand Leitungen für die kontrollierte Be- und Entlüftung unterzubringen. Sein Installateur hatte dann die Idee, die großen Gangflächen zu nutzen. Dort dürfen die Raumhöhen nämlich laut Gesetz niedriger sein als in Wohnräumen. Die Leitungen wurden also im Gang an der Decke montiert und verschwanden unter einer Zwischendecke aus Rigips. Dieser Tipp war bares Geld wert. Denn die Förderstelle des Landes erwies sich als sehr flexibel und sagte das „Upgrade” auf Stufe 5 problemlos zu. 

Die Ausstellung „Mach mehr aus deinem Wohnhaus” im Gemeindekeller Göfis ist noch bis 30.11., Montag  bis Freitag von 8 bis 12 und von 14 bis 17 Uhr sowie am Samstag und Sonntag von 10 bis 17 Uhr geöffnet. Am Dienstag, 26. November um 20 Uhr wird Raumplaner DI Mag. (FH) Ph.D. Markus Berchtold im Rahmen eines Vortrags unter dem Titel „Aktive Gestaltung meiner Heimat” weitere Denkanstöße liefern. Architektin DI Sonja Entner führt zuvor ab 19 Uhr durch die Ausstellung.   
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