„Technik muss den Menschen dienen”

Bruno Walter, Inhaber und Geschäftsführer der LUF GmbH in Thüringen.
Bruno Walter, Inhaber und Geschäftsführer der LUF GmbH in Thüringen.

Als der damals 31jährige Bruno Walter im Jahr 2000 seine auf einem Kettenfahrzeug montierte Schneekanone als „Löschunterstützungsfahrzeug LUF 60” bei einem inszenierten Brand im Röfix-Tunnel vorstellte, zeigten sich die Zuseher beeindruckt. Dass er damit weltweit erfolgreich sein würde, daran glaubte aber nur einer: Der Erfinder selbst. Seiner neuesten Entwicklung traut er noch mehr Durchschlagskraft zu. Das „LUF Mobil” eröffnet vielen tausend Menschen, die auf einen Rollstuhl angewiesen sind, völlig neue Dimensionen der Mobilität.

„Technik muss den Menschen dienen”, ist Bruno Walters Devise. 1996 geriet im Pfändertunnel ein Auto in Brand. Die Feuerwehr war wegen der enormen Hitze- und Rauchentwicklung machtlos. Drei Menschen starben. Das Unglück beschäftigte den begnadeten Techniker Bruno Walter, der zu dieser Zeit sein Geld mit einer von ihm und seinen kongenialen Brüdern Wilfried und Günter entwickelten Vorrichtung zum exakten und einfachen „biegen” (techn. kaltverformen) von Rohren verdiente.

Das Prinzip der Schneekanone fiel ihm ein. Presst man Wasser mit hohem Druck durch eine Düse, wird das Wasser zerstäubt, die Umgebungstemperatur sinkt. Bei der Brandbekämpfung nach diesem Prinzip entsteht zwar kein Schnee, die rasche Senkung der Umgebungstemperatur erleichtert aber den Einsatz der Feuerwehren. Außerdem binden die Mini-Wassertröpfchen große Mengen der Rauch- und Rußpartikel und verbessern so die Sicht entscheidend.

Für die Brandbekämpfung ist die umgebaute Schneekanone „LUF 60” (der Wassernebel wird 60 Meter weit geschleudert) daher gerade in geschlossenen Räumen das effektivste Brandbekämpfungsgerät. Das wissen inzwischen Abnehmer auf der ganzen Welt: Die Geräte aus dem Walgau sind beim Formel 1 Grand Prix von Monaco einsatzbereit, werden in den U-Bahnen von Singapur oder Moskau vorgehalten, sorgen in großen Tiefgaragen in den USA für Sicherheit.

Seit der Vorstellung des Prototyps wurde das Gerät ständig weiterentwickelt, sodass Bruno Walter die mittlerweile verfügbaren Nachbauten aus Fernost nicht fürchten muss. Die Auftragsbücher sind nach wie vor voll. Das Fahrwerk, das große Steigungen und Gefälle überwinden kann (etwa um Treppen in U-Bahnen zu meistern) erwies sich als optimale Basis für eine weitere Entwicklung, den „Bushfighter”: Der macht mit kleinen Bäumen und Gestrüpp kurzen Prozess und wird heute von der Deutschen und Englischen Bahn oder auch entlang der französischen Hochgeschwindigkeitsbahn „TGV” genutzt, um Bahndämme effektiv und kostengünstig zu räumen.

„Nebenher” wurden bei der LUF GmbH in Thüringen auch spezielle Hochleistungspumpen entwickelt: In China sind schon mehrere mobile Systeme im Einsatz, die im Ernstfall die Wasserversorgung für die Brandbekämpfung bei Megabränden sichern oder ganze Dörfer mit Trinkwasser versorgen. Der Monster-LKW mit zwei jeweils 1000-PS starken Pumpen und einem 20 Kilometer langen Spezialschlauch an Bord kann jede Sekunde 21.000 Liter Wasser über eine Strecke von 20 Kilometern pumpen.

Soziales Engagement ist Ehrensache

Der wirtschaftliche Erfolg mit seinen Erfindungen lässt Bruno Walter aber nicht zur Ruhe kommen. Immer wieder freut er sich auf technische Herausforderungen, die von Kunden aus der ganzen Welt an ihn herangetragen werden. Er schaut aber auch immer wachen Auges in diese Welt – und entdeckt fast überall und täglich Verbesserungspotenziale. Bei seinen unzähligen Aufenthalten in Fernost hat ihn auch eine dort gelebte Kultur erfolgreicher Unternehmer beeindruckt: Wer in Asien wirtschaftlichen Erfolg hat, für den ist es Ehrensache, sich mit seinem Know-how auch sozial zu engagieren.

Ein guter Freund von Bruno Walter war seit einem Motorradunfall querschnittgelähmt. Er bewunderte dessen ungebrochenen Lebensmut und sah aber auch, dass er trotz der üblichen technischen Hilfsmittel viele Dinge, die ihm früher viel bedeutet haben, nicht mehr machen konnte. Ein herkömmlicher Rollstuhl ist ja nur auf befestigten Wegen einsetzbar. Einen Waldspaziergang oder gar eine Bergtour zu unternehmen – mit dem herkömmlichen Rollstuhl eine Unmöglichkeit.

Seinem Freund und den hunderttausenden anderen, die nach Unfällen und Krankheiten an den Rollstuhl gebunden sind, wollte er diese Freiheit, sich abseits asphaltierter Straßen bewegen zu können, wieder zurückbringen.

Ein erster Prototyp wurde 2013 gefertigt, umfangreichen Tests unterzogen und permanent weiterentwickelt. Für die Motorisierung des Gerätes war lange an einen Elektromotor gedacht worden: Dessen großer Vorteil gegenüber dem Benziner ist der geringere Geräuschpegel. Diese Idee musste aber verworfen werden: Vor allem aus Sicherheitsgründen. „Der Motor braucht bergauf viel Power und die Kälte in großer Höhe belastet die Batterie zusätzlich. Wenn sie mitten im Gelände aussetzen würde, müsste der Hubschrauber kommen. Denn Steckdosen sind im alpinen Gelände nicht verfügbar”, verdeutlicht Bruno Walter die Entscheidung gegen die leisen Elektromotoren. Im Herbst letzten Jahres wurde bei einer Fahrt zur Heilbronner Hütte ein spektakulärer Praxistest durchgeführt. Dabei zeigte sich, dass das allradbetriebene Leichtbau-Fahrzeug mit seiner ausgefeilten elektronisch gesteuerten Einzelradaufhängung voll geländegängig und auch gebirgstauglich ist.

Die Probleme mit dem Motorlärm sind dagegen relativ: Wanderer auf der Heilbronner Hütte hörten die herannahenden LUF Mobile und fanden es zunächst „unfassbar”, dass mit solchen Gefährten auf den Wanderwegen gefahren wird. Mitarbeiter der LUF GmbH informierten sie dann darüber, dass es sich um Spezialgeräte für Rollstuhlfahrer handle. Das beruhigte die aufgeregten Bergfreunde. Als sie dann wenig später die freudestrahlenden Gesichter der Testpiloten sahen, die nach vielen Jahren wieder einmal einen „Gipfelsieg” feiern durften, gab es sogar berührenden Applaus und Gratulationen für Bruno Walter und seine Crew. „Das war sehr bewegend”, erinnert sich der Firmenchef.

Bewegender Gipfelsieg auf der „Heilbronner”

Das LUF Mobil gibt es inzwischen in drei Varianten. Der voll geländegängige „Alpin-Drive” für Bergfahrten, der „Speed-Drive” mit einer Spitzengeschwindigkeit von 35 kmH, der mit einem Kettenfahrwerk ausgerüstet und als „Snow-Drive” auch im Schnee fahrbar ist. Der City-Drive ist mit Elektromotor ausgerüstet, passt in Busse und Züge und kennt im Stadtgebiet keine Grenzen.

Das LUF Mobil-Konzept begeisterte Ende April und Anfang Mai die Besucher der Fachmessen „Interalpin” in Innsbruck und der „Rehab” in Karlsruhe. „Die Nachfrage ist schon sehr groß, aber die Serienproduktion wird noch auf sich warten lassen”, verrät Bruno Walter. Zunächst wird jetzt beim Firmengelände in Thüringen ein LUF Mobil Drivepark errichtet. Ein Übungsgelände für die künftigen LUF Mobil-Piloten. „Das LUF Mobil eröffnet Querschnittgelähmten eine völlig neue Form der Mobilität, sie können damit künftig praktisch überall hinfahren”, erklärt Bruno Walter.

Aber die Steuerung über zwei Joysticks erfordert doch eine gewisse Übung. Und nachdem man keinesfalls Unfälle riskieren will, bekommt ein LUF Mobil nur, wer in Thüringen den Praxistest besteht. Sicher ist sicher.


Fotos: LUF GmbH, Dietmar Mathis, TM-Hechenberger

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