Das Weihnachtsgeschäft bestimmt in den Bilanzen vieler Geschäfte, wie gut oder schlecht das Jahr gelaufen ist. Entsprechend gespannt ist die Stimmung auch bei den Händlern im Ländle. Kaufen die Kunden wieder mehr in der Region? Oder schickt man das Christkind zu Amazon & Co?
FOTOS: TM-HECHENBERGER, EVA SUTTER, DIETMAR MATHIS
Der Bludenzer Mag. Michael Tagwerker kennt als Geschäftsführer der Sparte Handel in der Wirtschaftskammer die Situation genau. „Für den stationären Handel ist der Dezember der wichtigste Monat”, betont er. Im Durchschnitt machen die Geschäfte hier 27 Prozent mehr Umsatz, als in normalen Monaten”, so Tagwerker.
Der Vorarlberger gibt im Durchschnitt 360 Euro für Weihnachtsgeschenke aus, im Vorjahr summierte sich in Vorarlbergs Handel der Weihnachtsumsatz auf über 80 Millionen Euro. So beeindruckend diese Zahlen sind: Seit vielen Jahren steigt der Anteil des online-Handels (nicht nur) am Weihnachtsgeschäft deutlich stärker, als jener des stationären Handels. Jeder achte Euro des Weihnachtsbudgets geht direkt in den Internethandel.
„Das ist einfach der Trend der Zeit”, erklärt Tagwerker, dass „darüber zu jammern nicht viel Sinn macht”. Natürlich unterstützt die Wirtschaftskammer den stationären Handel in allen Bemühungen, den Kunden in die Geschäfte vor Ort zu bringen. Es werden aufwendige Werbekampagnen mitfinanziert, die das Bewusstsein der Kunden schärfen sollen.
„Die Konsumenten sollen bei ihrem Einkauf daran denken, dass nur der stationäre Handel Lehrlinge ausbildet, Arbeitsplätze schafft und in den Städten und Orten für Betriebsamkeit sorgt”, so Tagwerker.
Andererseits ermutigt die Wirtschaftskammer die heimischen Unternehmer aber auch, die eigene Internetpräsenz zu stärken und etwa auch eigene Webshops einzurichten: Dafür gibt es umfangreiche Fachberatung und konkrete finanzielle Unterstützung. Neu wird sogar ein eigener Lehrberuf „e-Commerce” angeboten.
Damit will man jenem Internet-Trend entgegenwirken, der Tagwerker besonders aufstößt: Mehr als die Hälfte der Internetkäufe – auch der Vorarlberger Kunden – werden nämlich nicht bei österreichischen Händlern abgeschlossen. Amazon, Zalando und viele weitere der beliebtesten Internetanbieter sitzen in Deutschland und anderen Ländern. Der österreichische Anteil am Internet-Umsatzkuchen soll in Zukunft also deutlich steigen.
„Online ist schlagbar”
Dr. Wolfgang Frick
Dem heimischen Handel Mut macht auch der Frastanzer Handelsexperte und Buchautor Dr. Wolfgang Frick. „Online ist schlagbar” lautet der Titel seines jüngsten Werkes, das im gesamten deutschsprachigen Raum viel Beachtung findet und bereits in zweiter Auflage gedruckt wurde.
Auch er hält nichts davon, über den Marktplatz Internet zu jammern. „Der Handel vor Ort kann ein Einkaufserlebnis für alle Sinne bieten”, nennt er einen entscheidenden Vorteil gegenüber dem Internet. Geschäfte, in denen Fachberatung, Freundlichkeit und ein angenehmes Ambiente geboten wird, haben gegenüber dem anonymen Internet und der dort oft unüberschaubaren Produktvielfalt entscheidende Vorteile. In seinem Buch gibt er Händlern eine Vielzahl interessanter Tipps im Bemühen um den zufriedenen Kunden. Auch für den Konsumenten ist die Lektüre aufschlussreich – der international erfolgreiche Handelsfachmann gibt interessante Einblicke in die Strukturen des Handels.
Unisono machen Michael Tagwerker und Wolfgang Frick aber auch darauf aufmerksam, dass der stationäre Handel in seinem Bemühen, ein angenehmes Einkaufserlebnis zu bieten, nicht allein gelassen werden darf. Die Politik muss sich ebenfalls dafür einsetzen, dass die Dorfzentren attraktiv gestaltet und – etwa zur Weihnachtszeit mit festlicher Beleuchtung – zum Einkaufen einladen. Beide sind sich allerdings auch einig darüber, dass dieses Bewusstsein im Walgau und in Bludenz bereits vorhanden ist und die Zusammenarbeit klappt.
Bewusstseinsbildung für die Bedeutung der regionalen Wirtschaft ist aber nicht nur im Handel wichtig. Auch im Finanzsektor macht die internationale Internetkonkurrenz zunehmend Sorgen.
„Reine Internetbanken sind finanziell natürlich im Vorteil”, bestätigt auch der Bludenzer Sparkassendirektor Christian Ertl: Sie müssen weder Bankhäuser und Filialen finanzieren, noch geben sie viel Geld für die persönliche Beratung der Kunden aus. Internetbanken sind auch nicht präsent, wenn es etwa um das Sponsoring regionaler Kultur und von Sportvereinen oder um soziales Engagement geht: „Für die Sparkasse, aber auch für andere regionale Banken gehört es zum Selbstverständnis, dass man die Region unterstützt”.