Die Atmosphäre umhüllt unseren Planeten wie ein schützender Mantel. Und sie ist auch der Ort, an dem der viel zitierte Treibhauseffekt für Erwärmung sorgt. Warum wir diesen Effekt brauchen, ihn aber mit unserem Lebensstil nicht weiter befeuern sollten, erklärte Keynote-Speaker Marcus Wadsak beim Klimamarkt der GE_NOW-Projektpartner Regio Im Walgau, Brandnertal, Montafon, Klostertal-Arlberg, Großes Walsertal und Prätigau/Davos in Ludesch eindrücklich. Die Besucher erhielten bei diesem „Fest für Artenvielfalt und Klimaschutz” Ende Juni zudem jede Menge spannende Impulse, was jede und jeder Einzelne beitragen kann, „damit die Klimakrise nicht zur Klimakatastrophe wird.”
FOTOS: TM-HECHENBERGER
Die Wissenschaft ist sich inzwischen einig, dass die globale Mitteltemperatur stetig ansteigt. Die Folgen sind Naturkatastrophen und Hitzerekorde weltweit. Die Menschheit kann dieser Entwicklung nicht länger zusehen. Diese Überzeugung unterlegte Meteorologe Marcus Wadsak mit eindrucksvollen Zahlen und Statistiken. Er warnte, dass bereits 2030 der Kipppunkt erreicht sein könnte, an dem die Erderwärmung zum „Selbstläufer” wird und damit nicht mehr im Zaum zu halten ist. Verantwortlich dafür ist der Treibhauseffekt, der sich in unserer Atmosphäre abspielt. In diesem Bereich von der Erdoberfläche bis in eine Höhe von 10.000 Kilometern wird die kurzwellige Strahlung, welche die Sonne zur Erde schickt, in langwellige Strahlung verwandelt und reflektiert. Langwellige Strahlen können aber natürliche Barrieren, welche von Treibhausgasen gebildet werden, nicht so leicht durchdringen wie kurzwellige. Deshalb gelangt nur ein Teil zurück ins All, der Rest verbleibt in der Atmosphäre und erwärmt diese. „Der Treibhauseffekt ist gut und nötig”, erklärte Marcus Wadsak, „sonst hätten wir auf der Erde eine Durchschnittstemperatur von -18 Grad.” Aber er warnte auch: „Wir verstärken ihn zu sehr mit allem, was wir tun.”
Der langjährige Chef-Meteorologe des ORF und gut vernetzte Klimabotschafter macht vor allem das Verbrennen fossiler Brennstoffe, die Abholzung von Wäldern und die Massentierhaltung dafür verantwortlich. Zwar hätten sich die Staaten weltweit in Paris auf ambitionierte Klimaziele geeinigt. Doch noch geschehe viel zu wenig, sieht er sein Heimatland bei weitem nicht auf Kurs. Die Mitgliedstaaten der EU haben sich zum Ziel gesetzt, bis 2050 klimaneutral zu sein und die EU-weiten Emissionen gegenüber dem Niveau von 1990 um mindestens 55 Prozent zu reduzieren. Stattdessen steigen sie in Österreich nach wie vor.
Doch Marcus Wadsak wollte nicht nur schwarzmalen. Denn er ist überzeugt, dass es zwar nicht gelingen wird, die globale Temperatur zu senken. „Doch wir können dafür sorgen, dass sie sich auf diesem hohen Niveau stabilisiert.” Er empfahl dafür beispielsweise die „umgekehrte Verkehrspyramide”, bei der die Nutzung des eigenen Autos weit unten rangiert sowie einen sorgsamen Umgang mit Nahrungsmitteln – allein die Österreichischen Haushalte werfen laut APCC Special Report alljährlich rund 526.407 Tonnen Lebensmittel in den Müll. Regionalität und ein zumindest teilweiser Verzicht auf Fleisch sind für ihn weitere wichtige Aspekte. Zur Deckung unseres weiterhin steigenden Energiebedarfs propagiert er den weiteren Ausbau von Windkraft und PV. „Die Sonne liefert pro Jahr eine Energiemenge von etwa 1,5 . 1018 kWh auf die Erdoberfläche. Diese Energiemenge entspricht mehr als dem 10.000-fachen des Weltenergiebedarfs”, zeigte er auf und entließ seine Zuhörer mit den Worten: „Es gibt derzeit keinen wissenschaftlichen Grund, warum wir die Pariser Klimaziele nicht erreichen können. Es liegt nur an uns und unserem Handeln!”
Glaziologe Wolfgang Gurgiser von der Universität Innsbruck bot bei seinem Vortrag spannende Einblicke in die Gletscherforschung. Er empfahl seinem Publikum, die österreichischen Gletscher zu besuchen, so lange es sie noch gibt. Diese lägen nämlich allesamt zu tief und wären nicht zu retten. Nun gehe es darum, sich um die großen Gletschergebiete der Welt zu kümmern, deren Abschmelzen gravierende Auswirkungen auf den Lebensraum von uns Menschen habe. Konkrete Beispiele, wie jede und jeder Einzelne aktiv werden und sich gegen die Klimaerwärmung stemmen kann, lieferten weitere Experten und Engagierte:
Bei Vorträgen und Workshops von „Plastikfrei-Expertin” Corinna Amann, Landschaftsplanerin Simone König und Monika Forster vom Energieinstitut Vorarlberg ging es darum, wie man Müll sparen, den Hausgarten naturnah gestalten und im Supermarkt bewusst einkaufen kann. Martin Strele vom Büro „kairos” lieferte unter dem Motto „Klimaschutz? Einfach machen” Tipps, worauf man beim Bauen oder der Urlaubsplanung achten sollte, wie man die Gemüseernte haltbar machen, Pilze selbst züchten oder Kleidung reparieren kann. Er legte den Workshop-Teilnehmern außerdem die Handy-App „Ein guter Tag hat 100 Punkte” ans Herz, mit der Klimabewusste ihren ökologischen Fußabdruck tagtäglich überprüfen und – dank vieler effizienter Vorschläge – verbessern können.
An den Ständen am Ludescher Dorfplatz luden die Initiativen Südwind, terraviva, das Klimabündnis, der Verein Bodenfreiheit, die Abteilungen Landwirtschaft und Klimaschutz des Landes, die Inatura, das Regionsmanagement der Europaschutzgebiete, die FH Vorarlberg, die „Bergsteigerdörfer” sowie die Schule für globales Lernen dazu ein, sich zu informieren und selbst tätig zu werden.