Traumatische Erlebnisse auf der Flucht verarbeiten und in einem Land mit völlig anderer Kultur und Sprache neu Fuß fassen – dies ist eine gewaltige Herausforderung. Während andere angesichts des „Flüchtlingsstroms” die Hände über dem Kopf zusammenschlugen, entschlossen sich einige Menschen aus Thüringen und den umliegenden Gemeinden, aktiv zu werden. Sie gründeten im Frühjahr 2016 spontan den Verein BLEIBE für Starthilfe nach der Flucht. Die Vereinsmitglieder packen an, wo Hilfe nötig ist und unterstützen Familien mit abgeschlossenem Asylverfahren bei ihrem Start in ein neues Leben.
„Uns geht es darum, dass sich die Menschen hier willkommen fühlen”, erklären die Vereinsgründerinnen Elisabeth Tschann und Annette Tschann. „Neuzugezogene sollen spüren, dass es eine Dorfgemeinschaft gibt, in die sie offen aufgenommen werden.” Der Verein bemüht sich deshalb, dass die geflüchteten Menschen am Vereins- und am kulturellen Leben im Ort teilhaben, helfen bei den ersten Schritten in der neuen Schule oder bei der Suche nach einer geeigneten Arbeitsstelle und fördern gegenseitige Besuche. Im letzten Jahr hat sich der Verein in erster Linie um eine sechsköpfige Familie aus dem Irak gekümmert. „Der Schulbeginn im Herbst war da eine besondere Herausforderung”, berichten sie. Die Familie brauchte Unterstützung beim Ausfüllen der Formulare, bei den Gesprächen mit den Pädagogen, außerdem mussten zahlreiche Materialien besorgt werden. Die Vereinsmitglieder besuchten die Familie regelmäßig, luden sie zu Ausflügen ein, erteilten Kindern und Erwachsenen Sprachunterricht und begleiteten die Kinder zur Schule. Ein Ausflug in den Wildpark in Feldkirch stand ebenso auf dem Programm wie gemeinsames Einkaufen. „Nur so kann Integration gelingen”, sind sich die 19 Vereinsmitglieder sicher. Der nahende Wintereinbruch brachte neue Herausforderungen für die betreute Familie. In der (ohnehin schon beengten) Kellerwohnung, in der die Familie untergebracht war, breitete sich der Schimmel aus. Deshalb setzten die Vereinsmitglieder alle Hebel in Bewegung, um schnellstmöglich eine Alternative zu finden. Sie entdeckten eine Wohnung in Thüringen mit einem Vermieter, der geflüchtete Menschen offen aufnahm. „Das ist keine Selbstverständlichkeit”, mussten sie auf ihrer Suche erfahren. Nur nach häufigem Nachfragen und mit Unterstützung der Bezirkshauptmannschaft konnte die Familie schlussendlich aus dem alten Mietvertrag aussteigen und in ihr neues Heim übersiedeln. Bei den notwendigen Behördengängen und auch beim Umzug selbst griff der Verein BLEIBE der geflüchteten Familie tatkräftig unter die Arme. „Es war dann schon sehr schön, als sich die Familie mit einem großen Essen in der neuen Bleibe bei uns bedankte”, berichten die Vereinsmitglieder. Annette Tschann und ihre Mitstreiter sind sich sicher, dass die Familie nun selbst gut zurecht kommt und der Betreuungsbedarf sinken wird. Deshalb haben sie sich bereits einer fünfköpfigen syrischen Familie in Ludesch angenommen. Auch bei dieser Familie hat die Suche nach einer geeigneten Wohnung oberste Priorität.
Wer geeignete Räumlichkeiten an Menschen auf der Flucht vermieten würde, möge sich deshalb direkt an den Verein (E-Mail: bleibe@vup.at) wenden.
Außerdem möchten die Vereinsmitglieder andere motivieren, sich in ähnlicher Weise für Menschen auf der Flucht einzusetzen. „Es ist so viel zu tun. Eine Einzelperson schafft das gar nicht,” sind sie froh über den Zusammenhalt und die Zusammenarbeit im Verein. Ihre Erfahrungen geben sie gerne weiter. Denn „es muss nicht immer alles neu erfunden werden. Oft ist es sehr hilfreich, wenn man die Erfahrungen anderer nutzen kann.” Der Verein BLEIBE lädt deshalb am Mittwoch, 8. März ab 19.30 Uhr zu einem unverbindlichen Gedankenaustausch ins Café-Restaurant Franzoi in Ludesch. Es geht dabei um aktive oder passive Mithilfe im Verein, um Information zur Vereinsgründung, um Zusammenarbeit mit den Behörden und vieles mehr.
Alle Interessierten sind herzlich willkommen. Um Anmeldung unter E-Mail: bleibe@vup.at wird gebeten. Weitere Informationen gibt es im Internet unter www.bleibe.at.
Foto: Verein BLEIBE
