– genauer gesagt auf der Burgruine Jagdberg. Dort gehen ab 1. Juli „die Vögel“ einem Verführer auf den Leim. Mehr als hundert Laien und Profis stehen bei der Wiederaufnahme von Gerold Amanns Erfolgsstück auf der Bühne.
„Wir alle haben uns da auf ein großes Abenteuer eingelassen“, erzählen Regisseurin Brigitta Soraperra und Komponist Gerold Amann von der ersten Saison der „Vögel”. „Eine Freiluftkomödie, in der kein einziges deutsches Wort gesprochen wird, mit Laien umgesetzt, musikalisch extrem.” Doch genau dieses Abenteuer hat die über hundert Mitwirkenden beflügelt. „Alle waren stolz darauf, Teil von etwas ganz Besonderem zu sein.” Die Zuschauer haben diese Energie gespürt – und mit viel Applaus gewürdigt. Im Regensommer 2014 konnten nur fünf der geplanten zehn Vorstellungen stattfinden. Wer „Die Vögel” verpasst hat, kann sich bei der Neuaufnahme im Sommer auf die einzigartige Atmosphäre und eine ganz besondere Produktion einlassen – auf und hinter der Bühne oder auf der Zuschauerbank.
„Die Vögel” kommen aus dem alten Griechenland
Der Inhalt der musikalischen Komödie ist so alt wie aktuell. Sie basiert auf einem Stück des griechischen Kömödienschreibers Aristophanes, der sich bei der Uraufführung 414 v. Christus nicht nur Freunde machte. Beschrieb er doch, wie ein Außenseiter, der mit den Zuständen im Menschenreich nicht zufrieden ist, gemeinsam mit einem Freund die Vögel aufstachelt, sich gegen die Götter oben und die Menschen unten aufzulehnen. Auf seinen Rat hin bauen sie zwischen Himmel und Erde „Wolkenkuckucksheim”, ihr eigenes Reich, von dem aus sie beide – Götter und Menschen – unter Druck setzen und beherrschen können. Doch bald stellt sich heraus, dass sie – heute würde man sagen – einem Populisten auf den Leim gegangen sind, der sie nur dazu benutzt, seine eigenen Interessen durchzusetzen.
Der Schlinser Komponist Gerold Amann griff diesen Stoff auf, nachdem er sich zwei Jahre lang intensiv mit Vogelstimmen auseinandergesetzt hatte. „Außerdem bin ich immer auf der Suche nach Themen, bei denen nicht die Solisten die Hauptrolle spielen, sondern Gruppen.” Er liebt es, mit Laien zu arbeiten – und „Laien sind in Gruppenleistungen hervorragend.” Der Chor der Vögel trägt die Handlung, während die Solisten eher Nebenrollen übernehmen. „Laien stecken so viel Herzblut in ihre Darstellung. Die Energie ist eine völlig andere.” Regisseurin Brigitta Soraperra arbeitet gerne mit Laien-Darstellern, „weil mir das menschlich viel gibt.” Als sich die 75jährige Imelda 2014 drei Tage vor der Premiere den Fuß brach, war deshalb klar, dass für sie eine Möglichkeit gefunden werden musste, bei der Aufführung dabei zu sein. Wer genau hinsah, entdeckte eine Eule mit Gipsfuß, die sich kaum bewegte.
Trotz der Verbundenheit, die sich bei den gemeinsamen Proben entwickelt, agiert Brigitta Soraperra professionell und behandelt jeden Einzelnen auf und hinter der Bühne wie einen erfahrenen Sänger und Tänzer. Die Regisseurin sieht es als ihre erste Aufgabe, die Namen aller Mitwirkenden zu kennen. Dies macht sich bezahlt, wenn gut hundert Leute auf ihre Anweisungen warten. Die gebürtige Nenzingerin, die heute in Zürich lebt, kennt aber auch die besonderen Herausforderungen: Von Profis darf sie erwarten, dass sie jederzeit einsatzbereit sind, wenn sie gebraucht werden. „Laien muss ich immer neu motivieren, schließlich opfern sie ihre Freizeit.”
Birkhahnbalz nachgetanzt
Dass es 2014 mit der Motivation geklappt hat, bestätigt etwa die Schnifner Volksschullehrerin Marlene Juen, die damals als Spatz auf der Bühne stand. Die begeisterte Sängerin und Tänzerin hat die Stimmung bei den Proben regelrecht genossen und „ich habe so viel dabei gelernt.” „Unter der Leitung von Choreografin Ursula Sabatin haben wir Bewegungsstudien betrieben und über die einzelnen Vogelarten recherchiert”, erzählt sie. Besonders in Erinnerung ist ihr etwa die Birkhahnbalz, welche die Vögel auf der Bühne detailgetreu nachtanzten. Als Marlene Juen im letzten Schuljahr mit ihren Schülern ein Africa-Musical inszenierte, hat sie viele dieser Erfahrungen in das Spiel mit den Schülern aufgenommen. Auch wenn es sich für sie heuer leider nicht ausgeht, kann sie jedem nur empfehlen, sich die Gelegenheit nicht entgehen zu lassen, auf oder hinter der Bühne an einer so professionellen Produktion mitzuwirken.
Sprachgrenzen überwinden
Vor schwierigen Texten müssen sich die Darsteller nicht fürchten. Die Vögel sprechen nämlich in Interjektionen. Hinter diesem Fachbegriff verstecken sich profane Mhms, Upps, Ohs, Sosos, Igitts oder Achs, die je nach Gestik und Sprachmelodie unterschiedliche Bedeutungen annehmen – und fast international verständlich sind. Auf Erden sprechen die Menschen mit Gesten und Sprachmelodien, die dem Griechischen entlehnt sind, während die Götter auf ihrem Olymp Altgriechisch kommunizieren. Vor allem aber ist es die Musik, die nicht nur Stimmung, sondern auch Inhalt transportiert. Während die Götter in erhabenen Melodien schwelgen, lässt Gerold Amann im Reich der Vögel und auf Erden Klangeffekte aufeinanderprallen und Sprachmelodien wirken. Denn Gerold Amann wollte Sprachgrenzen überwinden, „ein Stück machen, das für alle verständlich ist.” Dass dem so ist, wurde kürzlich eindrucksvoll bewiesen. „Wir haben den Flüchtlingen, die in der Unterkunft am Jagdberg leben, ein Video der Aufführung gezeigt und sind dann zur Ruine hinauf gestiegen,” erzählt Brigitta Soraperra. Mehrere Kinder stellten sich dort spontan auf die Bühne und ahmten die tanzenden Vögel nach. Die Einladung der Regisseurin, bei der Neuaufnahme des Stücks mitzuwirken, ist bei den Asylsuchenden und ihren Betreuerinnen gut angekommen. Es sind formale Gründe, die nun darüber entscheiden, ob die Zusammenarbeit wirklich zustande kommt.
Der Chor kann nicht groß genug sein
Ab 1. April sind jedenfalls regelmäßige Proben angesagt. „Die Herausforderung wird sein, dass wir die Neuen gut vorbereiten, ohne dass sich jene, die vom letzten Mal schon viel Vorwissen mitbringen, langweilen,” ist sich Brigitta Soraperra bewusst. Einige der Protagonisten von 2014 können sich nicht noch einmal für mehr als drei Monate an eine so abenteuerliche Aufgabe binden. Andererseits gibt es auch richtige „Familienclans”, die den Burgspielen Schlins seit vielen Jahren die Treue halten. Vom kleinen Kind bis zur Oma sind alle dabei. „Da sind dann lauter gleiche Namen auf der Besetzungsliste,” lacht Brigitta Soraperra. Sie lädt Leute mit Rhythmusgefühl und Spaß an der Bewegung herzlich dazu ein, bei der Umsetzung der „Vögel” mit dabei zu sein. Denn „der Chor kann gar nicht groß genug sein.”
Ein Komponist auf Beobachterposten
Gerold Amann, der den 1949 gestarteten Burgspielen Schlins seit 1973 seinen besonderen künstlerischen Stempel aufdrückt, will sich heuer auf die Rolle des Beobachters zurückziehen. „Das ist ein wahnsinniger Job. Wir sind nicht die Festspiele, wo alles abgesichert ist und in festen Bahnen läuft,” gesteht der Komponist, der im Oktober seinen 80er feiert. Er hat volles Vertrauen in Regisseurin Brigitta Soraperra, auch wenn die beiden nicht immer in allen Details einer Meinung sind. Während Soraperra der Geschichte aus dramaturgischer Sicht einen klaren Schlusspunkt verpasst, könnte das Ende nach Gerold Amanns Vorstellung ruhig offen bleiben. Es geht ihm heute damit nicht anders als in seiner Kindheit: Genau zwei Erwachsene saßen im Publikum, als er damals mit Freunden ein Theaterstück inszenierte. Auf die Frage „Wie hat es dir gefallen?”, antwortete der Betreiber des örtlichen Konsums in Schnifis: „Mol Gerold, aber eppas: Dr Sinn?”
„Die Vögel” 2016
Die Premiere ist auf 1. Juli angesetzt. Weitere Aufführungen stehen bis inklusive 17. Juli jeweils von Mittwoch bis Samstag (Ausweichtermine Sonntag bis Montag) auf dem Programm. Die Aufführungen können nur bei trockenem Wetter stattfinden. Interessierte finden laufend aktuelle Informationen unter www.burgspieljagdberg.at. Wer noch mitmachen möchte, kann sich kurzfristig melden:
Tel: 0650/9753106 (Obmann Albert Rauch)
spielgemeinde@burgspieljagdberg.at
Die Proben beginnen am 1. April.
Fotos: Reinold Amann, Caroline Begle, Spielgemeinde Jagdberg, Privat