„Eigentlich waren wir der Zeit voraus.”

Das Team des Weltladen Bludenz rief schon vor mehr als 35 Jahren das Motto „Jute statt Plastik” aus, setzte sich für fairen Handel, Verteilungsgerechtigkeit und umweltfreundliche Produkte ein. Der Elan von damals ist ungebremst. 54 Ehrenamtliche halten nach wie vor im Weltladen in der Kirchgasse die Fahne hoch. Der Erlös aus dem Verkauf fair produzierter Waren sowie aus Spenden wird in Projekte investiert, die in den ärmsten Regionen der Welt Perspektiven auftun.

FOTOS: TANJA EGGER

Sabine Klapf hat sich während ihrer Jahre beim Verein Südwind eingehend mit fair produzierter Kleidung beschäftigt. Entsprechend stolz ist sie auf die kleine Modeecke des Weltladens, in der Produkte des Labels Anukoo aus Baumwolle und Wolle zu finden sind. Die kleine Krippe wurde auf den Philippinen kunstvoll aus der lichtdurchlässigen Innenschale der Capiz Muschel gefertigt.

Es war eine Handvoll Menschen, die 1982 – inspiriert von Gisbert Böllings „Einfach anders leben” – beschloss, aktiv zu werden. Gemeinsam wurde der „Dritte-Welt-Verein Oberland” ins Leben gerufen, der heute als Eine-Welt-Verein den Laden in der Kirchgasse führt. Die Pioniere lagerten Honig, Kaffee, Jutetaschen und Muskatnuss aus fairer Erzeugung anfangs daheim in den Garagen. Wo immer Menschen zusammenkamen – an den Stammtischen, am Kirchplatz nach dem Gottesdienst, bei Veranstaltungen – baute die damals 17-köpfige Truppe ihren Stand auf, machte mit selbstgemalten Plakaten und Infomaterial auf ihr Anliegen aufmerksam. „Wir waren damals lauter junge Familien”, erinnert sich Annelies Schmutzhard gerne an Vereinssitzungen „mit Kind und Kegel” bei Ausflügen in die Natur zurück. „Damals haben wir gesagt, wir hören auf, wenn es den ersten fair gehandelten Kaffee im Interspar gibt.”

 

 

30 Jahre später ist immer noch viel zu tun
„Babykleidung der Marke Sense Organics aus Indien haben wir neu im Sortiment. Wenn man diese Bodys aus Bio-Baumwolle zum Beginn eines neuen Lebens verschenkt, freut sich die Mama, freuen sich der Schenker und der Hersteller.” – Edith Zech arbeitet seit zehn Jahren ehrenamtlich im Weltladen mit, seit Beginn des Jahres teilt sie sich die Geschäftsführung mit Sabine Klapf.

Mehr als 30 Jahre später haben fair gehandelte Produkte in den Einkaufszentren längst Einzug gehalten. Doch es gibt immer noch genug zu tun. Beim Weltladen kann man der Konkurrenz durch die großen Handelsketten durchaus etwas abgewinnen. Schließlich hat deren Nachfrage auch dazu geführt, dass sich das Angebot deutlich erweitert hat. Es gibt immer mehr Händler, die sich darum bemühen, dass die Menschen in weniger begünstigten Gebieten unter menschenwürdigen Bedingungen arbeiten können und  für ihre Produkte einen fairen Lohn erhalten. Die Zeiten, in denen die handgestrickten Pullover aus Peru einfach nicht passten, sind längst vorbei. „Hier hat ein Austausch stattgefunden” erklärt Sabine Klapf. Die gebürtige Steirerin hat selbst neun Jahre lang bei der Nicht-Regierungsorganisation „Südwind” gearbeitet, die sich seit mehr als 35 Jahren für eine nachhaltige globale Entwicklung, Menschenrechte und weltweit faire Arbeitsbedingungen einsetzt. „Europäische Designer haben die Menschen vor Ort beraten und ihnen etwa Schnitte gezeichnet, damit sie passende Produkte liefern können.”

Breites Sortiment mit Fachberatung
Annelies Schmutzhard übersiedelte einst aus beruflichen Gründen mit ihrem Mann nach Bludenz. Die gebürtige Kennelbacherin zählt zum „Urgestein” des Eine-Welt-Vereins. Sie hat sich vor vier Jahren selbst in den Lederfabriken in Indien umgesehen und erkannt „da müssen wir etwas tun”. Aus den Abfällen der Lederindustrie fertigen Frauen in den Fair-Trade-Projekten bunte Geldbörsen und Taschen, für die sie einen fairen Preis erhalten.

Was in die Regale der österreichweit 87 Weltläden kommt, wird vom Dachverband, der Arge Weltläden, genau überprüft. „Jedes Team wählt aber selbst aus, was es anbieten möchte”, erklären Edith Zech und Sabine Klapf, die sich in Bludenz seit Beginn des Jahres die Geschäftsführung teilen. Weil den ehrenamtlichen Verkäuferinnen das nötige Hintergrundwissen für eine fachmännische kosmetische Beratung fehlt, überlassen sie dieses Segment anderen Weltläden im Land. Umso detaillierter weiß das Bludenzer Team über die Herkunft des Organico-Kaffees Bescheid, den die Kunden gerne auch verkosten können, über kompostierbare Kaffeekapseln, Fair Trade Schokolade, Gewürze, Lederwaren, hundertprozentig ökologische Kleidung und vieles mehr. Außerdem führt der Laden regionale Bio-Produkte wie etwa Eier aus Bürserberg oder Milchprodukte und Käse aus Marul.

„Wir möchten aber nicht in Konkurrenz zu anderen Läden stehen”, sehen sich die engagierten Ehrenamtlichen vielmehr als Bereicherung im Städtle. Bei den „Sternstunden” oder anderen gemeinsamen Aktionen der Bludenzer Betriebe sind sie deshalb selbstverständlich mit dabei. Und auch Städtlegutscheine können im Weltladen gerne eingelöst werden. 

Bewusstseinsarbeit ist ein großes Anliegen
August Huemer ist einer der wenigen Männer im Eine-Welt-Verein. Dafür
engagiert er sich bereits seit Anbeginn – also seit mehr als 36 Jahren! – als dessen Obmann. Von 1970 bis 1974 war er als Entwicklungshelfer in Bolivien. Er freut sich, dass im Weltladen nicht nur eine breite Palette an Produkten aus entfernten Ländern, sondern auch Bio-Produkte aus der Region angeboten werden.

Bewusstseinsarbeit ist den Mitgliedern des Eine-Welt-Vereins nach wie vor das Wichtigste. Deshalb erklären sie ihren Kunden geduldig, was es mit den verschiedenen Qualitätssiegeln auf sich hat, referieren über die Ernte von Kakaobohnen, konventionelle Blaufärberei und vieles mehr. Auch mit Veranstaltungen und Vorträgen werben sie für ein gerechteres Miteinander. „Weil es wichtig ist, dass die Menschen so früh wie möglich Bescheid wissen”, freuen sie sich besonders, wenn Schulklassen zu Besuch kommen oder sich CDs, Infomaterial und Bücher ausleihen. Gerne sind sie etwa auch zur Stelle, wenn die Unesco Mittelschule in Bürs alle zwei Jahre einen Projekttag organisiert. Dass die Schüler das Gehörte in der Vergangenheit mit Erzählcafé, in Zeitungsartikeln und sogar in einem Theaterstück aufgearbeitet haben, lässt die Weltladen-Crew weiterhin auf eine gerechtere Zukunft für alle Menschen auf Erden hoffen.

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