„Wie es scheint, brauchst du ein bisschen Hilfe”, witzelte Patrick Novzari, nachdem sein alter Audi in der Autowerkstatt von Andreas Schwärzler zum vereinbarten Termin noch nicht hergerichtet war. Wenige Tage später war der damals 26-jährige Jugendbetreuer als Teilzeit-Hilfskraft im Team des Schlinser KfZ-Betriebes verpflichtet. In einem Hinterraum entdeckte er ungenutzte Maschinen, die er zu neuem Leben erweckte – und damit sein eigenes fundamental veränderte…
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Die berufliche Laufbahn des gebürtigen Feldkirchers war immer von Intuition geleitet und gestaltete sich entsprechend abwechslungsreich. Zunächst absolvierte er beim Weltkonzern Hirschmann in Rankweil eine vierjährige Lehre als Werkzeugmechaniker. „Das hat mir prinzipiell sehr gefallen“, erinnert sich der heute 38-Jährige. Noch während der Lehrzeit war ihm aber klargeworden, dass in einem Technikbetrieb eine höhere Ausbildung die Karrierechancen deutlich erhöht. Er absolvierte berufsbegleitend einen Aufbaulehrgang und anschließend in Bregenz die HTL für Maschinenbau mit Fokus auf das Thema Automation.
Nach Abschluss der HTL stand ihm die Technikwelt offen. Aus „heiterem Himmel” stellte ihm damals aber ein guter Freund die Frage, ob er sich nicht für Jugendliche engagieren wolle, denen es nicht so gut geht. Ein Angebot, das Patrick Novzari sofort begeisterte. „Nach den vielen technischen Jahren spürte ich einerseits sowieso eine gewisse Lust nach Veränderung. Andererseits hat mir mein jahrelanges Engagement bei den Feldkircher Pfadfindern, das auch viel mit Jugendarbeit zu tun hat, immer viel bedeutet”, erklärt er.
Insgesamt sieben Jahre lang setzte er sich in der Folge im Team des Bludescher Lebens- und Sozialberaters Dietmar Burtscher für Jugendliche mit diversen Problemen ein. „Das ist schon erfüllend, wenn man sieht, wie sie sich positiv entwickeln.” Er habe großen Respekt vor diesen Menschen, die oft durch eine Verkettung blöder Umstände in schwierige Situationen schlittern und sich aber – mit professioneller Unterstützung – daraus selbst wieder heraus kämpfen, sinniert Patrick Novzari, während er mit Eselsgeduld den Vergaser eines alten Mopeds poliert.
Dieses oft langwierige Polieren kleiner und großer Metallteile gehört seit einigen Jahren zu seinem neuen Arbeitsalltag. „Auch daran habe ich große Freude!”, betont Novzari und erklärt, wie es zu diesem beruflichen Kontrastprogramm gekommen ist.
Neben der Sozialarbeit half Novzari im Jahr 2012 in der Autowerkstatt Schwärzler in Schlins in Teilzeit aus. In einem kleinen Nebenraum entdeckte er eines Tages zwei Maschinen, die Laien wohl für umgekippte Betonmischer halten würden. Der HTL-Techniker wusste jedoch natürlich sofort, dass es sich um Vibrations-Gleitschleifmaschinen handelte. Ein früherer Untermieter der Werkstatt hatte sie dereinst gekauft, um darin Metallteile zu polieren. Das habe aber nie richtig funktioniert, teilte sein Chef Patrick Novzari mit – erlaubte ihm aber gleichzeitig, sein Glück mit diesen ungenutzten Gerätschaften zu versuchen. Der Aushilfsmechaniker erkannte das Potenzial der Maschinen und machte sich – wenn er mit dem Werkstattdienst fertig war – ans Werk. Er setzte die Motoren in Gang, verschlang sämtliche verfügbare Fachliteratur und testete das System aus.
Fachliteratur und viel probieren
Prinzipiell funktioniert es so: In der Trommel werden zu polierende Metallteile fixiert. Dann wird die Trommel mit unterschiedlichen Schleifkörpern auf Kunststoffbasis sowie für den Zustand und die Beschaffenheit der zu polierenden Teile jeweils passenden Putzmitteln („Schleifcompound”) befüllt. Motoren versetzen dann die Trommel in exakt steuerbare Vibrationen. Die Schleifkörper gleiten so permanent vibrierend entlang der Metallteile. „Eigentlich so, wie ein Schlosser sein Metallstück mit Hammer und Amboss bearbeitet. Nur sind es hier winzige Hämmerchen, die ganz sanft anklopfen”, erklärt Novzari. Das Verfahren wird deswegen auch „Hochglanzverdichtung” genannt.
Das sanfte Klopfen dauert aber seine Zeit: Über viele Stunden und Tage wird in den Spezialmaschinen millionenfach gehämmert. Dieser Umstand, dass es Stunden dauert, bis ein Ergebnis erkennbar wird, forderte den Gleitschleifmaschinen-Anfänger schon rein zeitlich heraus. Dazu kamen die unterschiedlichen Effekte der in großer Vielfalt erhältlichen Polierkörper und Compounds, die zum behandelten Metall passen müssen. Einfluss auf das Ergebnis haben neben weiteren Faktoren auch der Anstellwinkel und die Drehzahl des Vibrationsmotors.
„Ich war wochenlang am Testen und Probieren”, erinnert sich Novzari an diese mühsame, aber auch spannende Erkundungsphase. Irgendwann im Jahr 2013 aber hatte er die Funktionsweise der Maschinen im Griff und gründete seinen Spezialbetrieb für Metallveredelung. „Ich bin meinen damaligen Partnern und Freunden bis heute dankbar für ihr Vertrauen und ihre Bereitschaft, Geld zu investieren. Alleine hätte ich das nicht geschafft.” So wurde die Metallveredelungs-GmbH „PRAD” gegründet. Im seltsamen Firmennamen sind die Anfangsbuchstaben der Vornamen der vier Gründer Patrick, Rainer, Andreas und Dietmar verewigt.
„Ich habe dann alle möglichen Metallbaufirmen im Land abgeklappert und meine Polierdienste angeboten”, berichtet Novzari. Daraus ergaben sich auch einige Aufträge. Richtig Spaß machte es ihm aber nicht, tausende gleichförmige Metallteile durch seine Maschinen laufen zu lassen. In dieser Fließbandarbeit sah er jedenfalls keine Herausforderung: Aber die brauchte er „für die Freude an der Arbeit”.
Oldtimer-Teile auf Hochglanz poliert
Anfragen von Motorrad- und Oldtimerfans, welche für das Aufpolieren diverser Auto- und Motorradteile auf die Dienste des Schlinser Spezialisten zählten, waren da schon wesentlich interessanter. „Das sind meine allerliebsten Kunden”, erklärt Novzari. Oldtimerfans bringen einerseits Geduld mit, weil sie wissen, dass gute Arbeit seine Zeit braucht. „Wer andererseits vier oder sechs Wochen auf ein Anbauteil wartet, der verlangt dann natürlich perfekte Arbeit”, zeigt Novzari auf. Was Perfektion und Genauigkeit anlangt, muss man einem gelernten Werkzeugmechaniker natürlich nichts erklären: „In meiner Lehrzeit bei Hirschmann ging es um tausendstel Millimeter”, erklärt er nicht ohne Stolz.
Entsprechend akribisch ist der „PRAD”-Chef am Werk, wenn es darum geht, verkratzte oder verwitterte Oldie-Teile wieder auf Hochglanz zu bringen. Denn diese Teile einfach einige Stunden in die Gleitmaschine zu spannen, funktioniert nicht. „Ohne manuelle Vorarbeit ist die beste Gleitschleifmaschine praktisch wertlos”, so der Hochglanz-Spezialist.
Einzelne Teile oder ganze Motoren auf Hochglanz zu polieren, sodass sie auf Wunsch (in bewährten Partnerbetrieben) auch verchromt werden können und damit ihren Glanz über Jahre behalten – ist nicht ganz billig. Zur erforderlichen Handarbeit kommt ein beträchtlicher Mitteleinsatz: Jede „Füllung” der Maschine mit den kegelförmigen Kunststoff-Schleifkörpern und Compounds kostet einige tausend Euro.
Aber das Knowhow und vor allem die Perfektionsarbeit des Schlinser Unternehmens hat sich schon bald – vor allem bei seinen Oldtimer-Lieblingskunden – herumgesprochen. Fast täglich bringen Paketdienste aus ganz Österreich und vielen europäischen Ländern Motoren- und Karosserieteile zur Veredelung in die Bahnhofstraße nach Schlins.
Im Jahr 2019 hat Patrick zudem die Autowerkstätte, bei der er seinerzeit ausgeholfen hat, um seinen alten Audi wieder fahren zu können, übernommen. Gemeinsam mit zwei angestellten Mechanikern bietet das PRAD-Team dort alles, was Auto braucht. Perfekte Arbeit und Termintreue (seit 2012) sind auch hier oberstes Gebot.