Franz Pfefferkorn hat die Wiese von seinem Vater geerbt. Er selbst lernte an den Hangflächen Schifahren, seine drei Buben ebenso. Bis heute zieht es ihn hinauf auf Quadres. „Ich wollte früher immer dort wohnen”, erklärt auch seine Frau Marianne. Es hat sich nicht so ergeben, und seit dem Hochwasser 1999 ist sie eigentlich froh, dass sie doch unten im Dorfzentrum geblieben sind. Ihren Traum hat sich stattdessen Sohn Johannes verwirklicht. Er hat sein Eigenheim in unmittelbarer Nachbarschaft zur schönsten Wiese Vorarlbergs errichtet.
Marianne und Franz Pfefferkorn sind inzwischen in Rente. Die anderen Grundstücke haben sie an Landwirte im Ort verpachtet. Doch die Wiese auf Quadres bewirtschaften sie immer noch selbst. „Wenn wir sie nicht regelmäßig pflegen würden, wäre sie längst überwuchert”, sind sich die beiden ihrer Verantwortung bewusst. Nach der Mahd finden sie regelmäßig Birken- und Eichen-Sprösslinge im Heu. Die Triebe werden von ihren zwei Zwergponys und dem Haflinger sorgfältig aus dem Futter aussortiert.
„Mein Vater hat auch nie Kunstdünger verwendet”, ist sich Franz Pfefferkorn sicher, dass auf „Quadres” immer schon naturnah gewirtschaftet wurde. Auf der ebenen Fläche in der Senke wird einmal im Jahr mit Mist oder Jauche gedüngt und drei Mal gemäht – natürlich erst, wenn die einjährigen Pflanzen Gelegenheit hatten, sich auszusäen. An den Steilhängen wird nur einmal gemäht. Maschinen können nur beschränkt eingesetzt werden, da das Gelände von vielen Mulden stark gegliedert ist. Und als das sumpfige Gebiet vor 45 Jahren entwässert wurde, bestand Franz Pfefferkorn darauf, dass das Wasser über sein Grundstück nicht in einem Rohr, sondern in einem offenen Gerinne geführt wird. Dies ist vermutlich auch der Grund, warum auf Quadres seltene Libellenarten wie der Kleine Blaupfeil oder die Zweigestreifte Quelljungfer beobachtet werden können.
Als sie im „Ländle” – der Zeitung der Landwirtschaftskammer – davon lasen, dass der Naturschutzbund besonders blumenreiche Wiesen sucht, dachten die Pfefferkorns, „dass es mit Bienen zu tun hat” und schickten ein Foto ihrer Wiese. Auf diese Weise wurden die Naturschützer auf Quadres aufmerksam und schlugen vor, dass sich die Familie am Wettbewerb um die schönste Blumenwiese beteilige. „Ich wollte eigentlich gar nicht”, berichtet Marianne Pfefferkorn, „aber Franz meinte, versuchen können wir es ja.” Ende Juli führten sie eine Biologin auf Quadres. Obwohl die Wiese gerade drei Wochen zuvor gemäht worden war, bedankte diese sich nach ihrer zweistündigen Inspektion mit den Worten „Das war ein wunderschöner Nachmittag”. Sie hatte in dieser Zeit 74 verschiedene Pflanzenarten ausgemacht, rund ein Drittel davon gelten als gefährdet oder potentiell gefährdet. Auch von den beobachteten Faltern und Heuschrecken sind viele vom Aussterben bedroht.
Trotzdem waren die Pfefferkorns überrascht, als dann zum Sommerausklang plötzlich der Anruf kam. „Sie haben gewonnen”, erklärte Christine Pühringer vom Naturschutzbund und lud die Familie zur Verleihung nach Wien ein. „Ich habe gefragt, ob sich sonst niemand beworben hat”, konnte es Marianne Pfefferkorn erst gar nicht glauben. „Es gibt in Vorarlberg doch so viele schöne Wiesen.” Die Fahrt nach Wien war zwar etwas stressig, aber „wir haben es auch sehr genossen.
Es wurde einfach einmal wertgeschätzt, wie wir das machen.” Unterstützt von ihrem Sohn Johannes werden Marianne und Franz Pfefferkorn auch in Zukunft dafür sorgen, dass die Spaziergänger sich auf Quadres an Wiesensalbei, Wiesen-Witwenblume, echtem Labkraut, Sibirischer Schwertlilie, Weidenblättrigem Alant, Lungen-Enzian und anderen Raritäten erfreuen können. Es ist ihnen aber bewusst, dass sie in einer privilegierten Lage sind, weil sie sich die Zeit nehmen können, um die Disteln auf Quadres von Hand auszureißen. „Wir sind in Pension, haben keine Tiere mehr und müssen nicht von der Landwirtschaft leben.” Sie müssen nicht möglichst früh mähen, damit die Kühe möglichst viel Milch geben, sind nicht abhängig von Förderungen. Marianne und Franz Pfefferkorn hoffen, dass die Zeiten für Landwirte wieder besser werden …
Fotos: TM-Hechenberger, Fam. Pfefferkorn, Fotolia