Nur sicher ist sicher.

Auch das gehört zum Thema Sicherheit und Gesundheit: Schwere Lasten werden nur mit technischer Hilfe gehoben.
Auch das gehört zum Thema Sicherheit und Gesundheit: Schwere Lasten werden nur mit technischer Hilfe gehoben.

43.000 Tonnen Aluminium werden bei Sapa jährlich zu hunderten Kilometern Aluminiumprofilen gepresst. Dabei wird mit einem gewaltigen Druck gearbeitet. Das klingt gefährlich – und ist es auch. Die Zahl der Unfälle im 380 Mitarbeiter-Betrieb ist dennoch geringer, als in den meisten Klein- und Mittelbetrieben. Das ist kein Zufall, sondern Ergebnis jahrelanger Optimierung und täglich gelebter Sicherheitsarbeit der gesamten Belegschaft.

Zu spät zur Arbeit kommen? Das kann passieren. Streit mit dem Vorgesetzten? Kommt vor. Diskussionen über die Schichteinteilung oder Lohnforderungen? Darüber kann man reden. Der Arbeitsalltag bei Sapa Nenzing unterscheidet sich in den meisten Dingen nicht viel von dem in anderen Betrieben. Geht es allerdings um das Thema Sicherheit, dann kennt man bei Sapa kein Pardon. Ohne  persönliche Schutzausrüstung die Fabrikhalle zu betreten, ist ein absolutes No-Go: Das gilt auch für Besucher, und selbst wenn Minister und Landeshauptleute das Werk bestaunen: Ohne Sicherheitseinweisung und Sicherheits-Umkleide geht gar nichts.

FLORIAN SCHNETZER: „Sicherheit beginnt im Kopf“
FLORIAN SCHNETZER: „Sicherheit beginnt im Kopf“

Florian Schnetzer ist verantwortlich für den Bereich EHS (englisch EHS für Environment, Health, Safety). Der 36jährige Bregenzer, studierte Betriebswirt und Absolvent der Uni für Bodenkultur in Wien ist seit 2012 im Sapa Konzern. Seit Februar 2017 ist er für Umweltschutz, Gesundheit und Sicherheit am Standort Nenzing zuständig, nachdem sein Vorgänger Gerhard Salzmann, der diese Position viele Jahre bekleidete, in seiner Freizeit einen tödlichen Unfall erlitten hat. „Gerhard Salzmann hat über viele Jahre mit unglaublichem Engagement und sehr erfolgreich eine Sicherheitskultur mit allen Mitarbeitern entwickelt”, betont Schnetzer. Und Schnetzer weiß, wovon er redet. Schließlich war er selbst zwei Jahre lang konzernweit in Sachen EHS unterwegs, hat Werke in den USA, Europa und Südamerika auf ihre Sicherheitsstandards überprüft.

Dass das Sapa-Werk Nenzing 2016 als das beste von weltweit 100 Werken mit gut 23.000 Beschäftigten ausgezeichnet wurde, ist nicht zuletzt dem hohen EHS-Standard geschuldet. „Natürlich müssen für eine solche Auszeichnung auch die wirtschaftlichen Kennzahlen passen”, betont Dr. Gerold Trommelschläger, bestätigt Dr. Gerold Trommelschläger, der diese Auszeichnung als langjähriger Geschäftsführer von Sapa Nenzing entgegennehmen durfte – und inzwischen innerhalb des Konzerns für Wachstumsprojekte zuständig ist und die Geschäftsführungs-Agenden an Manfred Rotschne übergeben hat. „Für das Unternehmen mit Sitz in Norwegen haben neben Produktivität, technischer Innovation, Qualität und Umweltschutz aber gerade auch die Themen Gesundheit und Sicherheit einen sehr hohen Stellenwert”, betont Dr. Trommelschläger.

Und das geht natürlich weit über die Forderung nach einer geeigneten persönlichen Schutzausrüstung hinaus, wie Florian Schnetzer beim Rundgang durch das Werk veranschaulicht. Maschinensicherheit wird groß geschrieben: Sensoren sichern sicherheitskritische Arbeitsvorgänge ab. So sind beispielsweise Lichtschranken montiert, die bestimmte Produktionsvorgänge stoppen, wenn sich eine Person in einem definierten Sicherheitsbereich aufhält. Die Gehwege, auf denen sich die Mitarbeiter bewegen, sind klar gekennzeichnet und durch massive Schutzgeländer gesichert, um beispielsweise unfreiwillige Begegnungen mit einem Staplerfahrzeug zu vermindern. Die Sicherheitseinrichtungen von großen Anlagen werden automatisch überprüft, und nur wenn die Funktionsfähigkeit bestätigt wird, können Anlagen überhaupt gestartet werden. Generell ist der Automatisierungsgrad beim Bewegen von Aluminiumbolzen und -profilen sehr hoch.

„Bei Grün darfst geh‘n“: Erlaubte Gehwege sind farblich markiert und gesichert.
„Bei Grün darfst geh‘n“: Erlaubte Gehwege sind farblich markiert und gesichert.

„Unsere Mitarbeiter passen nicht nur auf sich, sondern auch auf ihre Kollegen auf”

Noch wichtiger als technische Einrichtungen aber ist das Sicherheitsbewusstsein der Mitarbeiter, das in Schulungen, Trainings und in der täglichen Arbeit permanent weiterentwickelt wird. „Sicherheit beginnt im Kopf”, weiß Schnetzer. „Mitarbeiter melden und beseitigen unsichere Zustände in Eigenverantwortung und führen Gespräche über Arbeitssicherheit untereinander. Dadurch wird das Sicherheitsbewusstsein in den Köpfen wachgehalten”, erklärt Schnetzer, der sich dafür einsetzt, dass im Arbeitsalltag „Sicherheit vor Produktion” gelebt wird. Für die Mitarbeiter ist deswegen nicht nur ihr eigenes Sicherheitsverhalten täglich geübte Praxis – man passt auch gegenseitig aufeinander auf.

„Auch wenn ein Mitglied der Geschäftsführung glauben würde, er könne ‚nur kurz´ in seinem Anzug und ohne Schutzbekleidung in der Produktionshalle nach dem rechten sehen, würde er von jedem einzelnen Mitarbeiter zurechtgewiesen”, ist Schnetzer überzeugt und stolz auf diese Form der „Miss­achtung hierarchischer Strukturen”. Sie ist auch nur theoretischer Natur – denn niemals würde sich ein Vorgesetzter einen solchen Fauxpas erlauben. Passiert dennoch einmal ein Beinaheunfall oder verletzt sich ein Mitarbeiter, wird dieser Vorfall – unabhängig von der Schwere – untersucht und ein entsprechendes Prozedere gestartet. Was hat zu diesem Vorfall geführt? Wer war daran beteiligt? Welche Vorschriften wurden missachtet? Was war die ursächlichste Ursache? Kann man Vorkehrungen treffen, um so einen Vorfall in Zukunft zu vermeiden? Solchen und ähnlichen Fragen wird dann auf den Grund gegangen. Das Protokoll zum Vorfall und die daraus gezogenen Schlüsse werden in der weltweiten Konzernsoftware dokumentiert und Maßnahmen zur Umsetzung nachverfolgt. Oberstes Ziel ist dabei nicht, Schuldige zu finden und zu bestrafen, sondern ähnliche Vorfälle in Zukunft zu vermeiden.

Dieser strukturierte Wissenstransfer – der ja auch bei Themen wie Technik, Produktivität, Entwicklung, Umweltschutz oder Energiesparen stattfindet – machte den vor über 50 Jahren gegründeten Konzern in vielen Bereichen zum Weltmarktführer. Und das Werk in Nenzing ist daran federführend beteiligt – wie nicht zuletzt die Auszeichnung als „bestes Werk weltweit 2016” belegte.


Fotos: TM-Hechenberger

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