In Vorarlberg haben sich insgesamt 47 Gemeinden durch ihre Teilnahme am e5-Programm des Landes einen sorgsamen Umgang mit den Ressourcen auf die Fahnen geschrieben. Mit ihrem neuen Energieleitbild 2030 hat sich die Marktgemeinde Nenzing besonders ehrgeizige Ziele gesteckt. Unter dem Motto „Klimaschutz geht uns alle an!” sollen möglichst viele Partner ins Boot geholt werden.
FOTO: MARKTGEMEINDE NENZING
Bürs, Ludesch, Thüringen, Frastanz und Nenzing gehören in Sachen Energiesparen zu den „Musterschülern” in der Region. Diese vier Walgaugemeinden wurden allesamt mit vier Umwelt-e zertifiziert. Sie haben also nachweislich mehr als 62,5 Prozent der möglichen Energiespar-Maßnahmen bereits umgesetzt. Die Marktgemeinde Nenzing gehört zu den Pionieren, die sich bereits vor 22 Jahren – also gleich bei der Einführung des e5-Programmes im Land – zum Mitmachen entschlossen. Entsprechend viel ist bereits geschehen. So sind die Nenzinger Straßen in der Nacht etwa schon seit 2001 großteils in insektenfreundliches, gelbes Licht getaucht. 2006 wurde der „Nenzinger Energieweg” mit einem „Energy Globe” bedacht. Seit 2016 produziert die Photovoltaik-Anlage auf dem Dach des Sozialzentrums umweltfreundlichen Strom. Der E-Mobilitätstag im Nenzinger Zentrum oder eine Bürgerbefragung zur Mobilität im Ort sind weitere Beispiele der Aktivitäten des rührigen e5-Teams unter der Leitung von Vizebürgermeister Herbert Greussing. Auch die Auszeichnung mit dem SDG Award im vergangenen Dezember zeugt vom hartnäckigen Bemühen um Umweltschutz. Schließlich vergibt der Senat der Wirtschaft diese Ehrung nur an Institutionen und Kommunen, welche die Jury mit außerordentlichen Verdiensten zur Bewusstmachung und Umsetzung der UN-Nachhaltigkeitsziele überzeugen konnten.
Auf diesen Lorbeeren will sich die Marktgemeinde Nenzing nicht ausruhen. Im Februar hat die Gemeindevertretung ein Energieleitbild 2030 beschlossen, dessen Umsetzung noch einiges Engagement erfordern wird. Unter dem Motto „Wir schulden unseren Nachkommen einen sorgsamen Umgang mit Nenzing, dem Walgau, Vorarlberg, Europa und der Welt“ wurden eine Reihe an Maßnahmen festgeschrieben, die in den nächsten zehn Jahren bereits umgesetzt sein sollen.
Marktgemeinde geht mit gutem Beispiel voran
Die Marktgemeinde geht dabei selbst mit gutem Beispiel voran. Bis 2030 sollen alle geeigneten Dachflächen der kommunalen Gebäude mit Photovoltaik-Anlagen bestückt sein. Die Energie für Heizung und Warmwasserbereitung soll aus erneuerbaren Quellen gewonnen werden. Konkret wird bis 2021 ein Sanierungsfahrplan für alle Gebäude und Anlagen in Gemeindebesitz erarbeitet. Experten werden dafür das Heizsystem ebenso unter die Lupe nehmen wie die Wärmedämmung der Gebäudehülle und das Nutzungsverhalten. Sämtliche Mitarbeiter der Marktgemeinde sollen für einen sorgsamen Umgang mit Strom, Heizenergie, Wasser und Müll sensibilisiert werden. Langfristig werden die Mitarbeiter der Marktgemeinde außerdem nur noch in energieeffizienten Fahrzeugen unterwegs sein.
Die Straßenlaternen im Ort wurden bereits in den vergangenen Jahren sukzessive auf energiesparende LED-Systeme umgestellt, bis 2030 sollen aber wirklich alle öffentlichen Leuchten im Ort energieeffizient sein.
Wirtschaft und Private mit ins Boot holen
Parallel dazu will das örtliche e5-Team aber alle Nenzinger für den Ressourcen-Schutz begeistern. So will die Marktgemeinde aktiv an die heimischen Betriebe herantreten, um sie zur Errichtung von Photovoltaik-Anlagen zu motivieren. Als Basis dafür werden vorab Standorte ausfindig gemacht, an denen Sonnenstrom-Kraftwerke besonders effektiv eingesetzt werden könnten. Außerdem will die Marktgemeinde prüfen, ob die Abwärme, welche in vielen Firmen während der Produktionsprozesse entsteht, in den Betrieben selbst oder in kommunalen Anlagen genutzt werden könnte, um beispielsweise warmes Wasser oder Heizenergie zu gewinnen.
Ölheizungen sollen aus Nenzing langfristig ganz verschwinden. Es gibt bereits von Land und Bund Programme, die den Umstieg von Öl auf erneuerbare Energieträger unterstützen. Diese sollen den Hausbesitzern schmackhaft gemacht werden. Außerdem wollen sich die e5-Mitglieder und die Mitarbeiter des Bauamts über technische Weiterentwicklungen auf dem Laufenden halten, damit sie den Einzelnen sofort informieren können, sobald sich für ihn optimale Umstiegs-Möglichkeiten auftun.
Weil auch Abfälle verschwendete Ressourcen sind, soll die Bevölkerung bei der Mülltrennung und vor allem -Vermeidung unterstützt werden. So wollen die Verantwortlichen der Marktgemeinde etwa aktiv dafür werben, dass kaputte Geräte wieder mehr repariert und nicht gleich entsorgt werden. Eine Info-Broschüre zur Vermeidung von Plastikmüll soll gemeinsam mit dem „Gelben Sack” an die Nenzinger verteilt werden. Abfallsünder sollen abgestraft werden. Das ehrgeizige Ziel: Das Aufkommen von Kunststoff- und Elektronikmüll soll innerhalb der nächsten fünf Jahre um ein Viertel sinken. Außerdem will die Marktgemeinde Nenzing prüfen, ob es Sinn macht, nach dem Vorbild des DLZ Blumenegg weitere regionale Wertstoffsammelzentren im Walgau einzurichten.
Mobilität: Vorrang für die Sanften
Der motorisierte Individualverkehr verschmutzt die Umwelt ebenfalls in einem hohen Maße. Die Marktgemeinde Nenzing will deshalb eine „sanfte Mobilität” fördern. Ziele sind etwa bessere Busverbindungen in die Parzellen, Car-Sharing-Angebote und ein höherer Anteil an Elektro-Fahrzeugen. Der Nenzinger Bahnhof soll langfristig zu einer attraktiven Mobilitätsdrehscheibe umgebaut werden. Außerdem soll alles dafür getan werden, dass das Einkaufen im Ort möglichst attraktiv ist. Dafür will man sich um eine enge Zusammenarbeit mit den Landwirten im Ort bemühen. Diese sollen nach Möglichkeit dafür gewonnen werden, dass sie widerstandsfähiges Getreide, Obst und Gemüse nach biologischen Grundsätzen anbauen. Auf den gemeindeeigenen Grundstücken soll der Anbau von genmanipulierten Pflanzen untersagt werden. Die gesunden Lebensmittel von Erzeugern in der unmittelbaren Umgebung sollen auf Wochenmärkten auch in den Parzellen Abnehmer finden. Diese Aktivitäten sollen ebenfalls dazu beitragen, dass die Nenzinger weniger oft ins Auto steigen. Mit einer aktiven Bodenpolitik will die Marktgemeinde zudem dafür sorgen, dass Fußgängern und Radlern möglichst kurze Wege durch den Ort keinesfalls verbaut werden. In Sachen Bodenverbrauch will die Marktgemeinde Nenzing aber ohnehin alles in ihrer Macht tun, um künftigen Generationen Handlungsspielraum zu sichern. Verdichtung in den Zentren und Nutzung von Leerständen sind nur zwei Punkte, die im Energieleitbild aufgeführt sind. Um für die Folgen der Klimaerwärmung gerüstet zu sein, wollen die Gemeindeverantwortlichen außerdem die Zusammenarbeit mit den Agrargemeinschaften sowie anderen Kommunen suchen.
„Die Ziele sind hoch gesteckt”, ist sich der Nenzinger Bürgermeister Florian Kasseroler bewusst. „Doch gemeinsam können wir viel erreichen. Das ist unser Beitrag, dass es 2050 mit der Vorarlberger Energieautonomie klappt.”