Wenn es irgendwo im Land um anspruchsvolle technische Lösungen im (Edel-) Stahlbau oder um spezielle Blechbearbeitung geht, dann ist „Geiger Technik” in Nenzing gefragt. Ob komplizierte Unterwasser-Konstruktionen bei den Bregenzer Festspielen, riesige Betriebshallen oder Präzisions-Fassaden in schwindelerregenden Höhen: Bernhard Geiger und seine 46 Mitarbeiter konstruieren, fertigen und montieren alles, was in Metallen denkbar ist. Die heimliche Leidenschaft des Firmenchefs aber sind Oldtimer.
In einer kleinen Werkstätte in Gurtis hat vor 53 Jahren alles begonnen. Gebhard Geiger, damals 27 Jahre alt, eröffnete in diesem Nenzinger Bergdorf mit seinen knapp 300 Einwohnern ein Spezialgeschäft für Rasenmäher, Forsttechnik, Traktoren und allerlei Maschinen für die Landwirtschaft. Als Schlossermeister setzte er dabei immer auf Qualität und als weitsichtiger Händler knüpfte er gute Kontakte zu innovativen Herstellern aus ganz Österreich.
Geschätzt wurde Geigers Technik-Lädele aber auch deswegen, weil man hier alles zur Reparatur bringen konnte: Kein mechanisches Problem, das Gebhard Geiger nicht lösen konnte.
In dieser Werkstatt hat der 1968 geborene Bernhard Geiger seine Kindheit verbracht. Er hantierte mit Schraubendreher, Hammer und Sägen, als andere Kinder noch im Sandkasten spielten. Und bereits als Jugendlicher beherrschte er Drehmaschinen, Schweißapparate und schwere Dieselmotoren. „In der Werkstatt durfte ich alles machen”, schwärmt Bernhard Geiger noch heute von der Freiheit des Werkens, die heute wohl jeden beamteten Arbeitsinspektor an den Rand der Verzweiflung bringen würde.
Und natürlich startete er nach der Pflichtschulzeit seine berufliche Karriere mit einer Lehre als Schlosser und Landmaschinentechniker. An der HTL für Maschinenbau in Wien erweiterte er seine praktischen Fähigkeiten durch theoretisches Wissen, das er ebenso begierig aufnahm.
1994 schließlich übernahm Bernhard Geiger die Geschäftsleitung im elterlichen Betrieb mit damals zwei Mitarbeitern. Der Vater stand ihm noch viele Jahre als Fachmann mit Rat und Tat zur Seite. Er erlebte auch das enorme Wachstum des Betriebes, der in der Folge im Jahr 2003 im Gewerbegebiet Nenzing ein neues Firmengebäude bezog. Dessen Existenz wurde zwei Jahre später durch das Jahrhunderthochwasser im Mai 2005 auf eine harte Probe gestellt: Mit enormen Anstrengungen des gesamten Teams konnte diese Krise aber bewältigt werden – man ging letztlich sogar gestärkt aus ihr hervor.
Der Stress speziell in diesen Anfangsjahren belastete Bernhard Geiger enorm. In seiner kargen Freizeit zog er sich gerne in die kleine Werkstatt in Gurtis zurück. Bei der Restauration alter Traktoren fand er nach anstrengenden Tagen Ruhe und Ausgleich. „Ich kann beim stundenlangen Schleifen rostiger Bleche, bei der Instandsetzung kaputter Motoren oder beim Nachbau verloren gegangener Teile wunderbar abschalten”, verrät der vielseitige Tüftler und Werkler Bernhard Geiger. Daneben fasziniert ihn die Robustheit der Technik vergangener Zeiten. Zum Beispiel Traktoren aus der Tiroler Fahrzeugschmiede Lindner. „1956 wurde hier einer der ersten Allradtraktoren überhaupt entwickelt”, schwärmt der Fan des traditionsreichen Familienbetriebes aus Kundl. Das Modell JW20A leistete mit einem Zweitakt-Dieselmotor gerade einmal 20 PS und wog 1.600 Kilo.
Nur 20 Pferdestärken, aber technisch voraus
„Durch den Allradantrieb war er der Konkurrenz seinerzeit aber gerade in steilen Lagen weit voraus”, berichtet Geiger und klopft seinem liebevoll restaurierten Exemplar dieses Wunder-Modells anerkennend auf die Motorhaube.
Auch zu jedem anderen der Traktoren in „Isagigr‘s Museum” kann Bernhard „Eisen-Geiger” technische Details berichten und Geschichten erzählen. Auf dem BF22A zum Beispiel hat der Museumsbesitzer mitsamt seinen Kindern und spartanischer Camping-Ausrüstung eine zweitägige Vorarlberg-Rundfahrt bewältigt und dabei nicht selten „Standing Ovations” von Fußgängern oder auch rastenden Motorrad-Gangs geerntet. „Das war für mich, und ich glaube auch für meine Kinder, der schönste Kurzurlaub überhaupt”, erinnert sich Bernhard Geiger. Obwohl: Auch ein einwöchiger Ausflug nach Ibi in Spanien im Oktober 2017 hat sich in der Liste der schönsten Urlaube einen Platz ganz oben verdient. Mit einem Freund hat er damals einen zuvor über das Internet in Amerika erworbenen Ford T, Baujahr 1915, abgeholt. Der „geniale Konstrukteur und Unternehmer Henry Ford” (Zitat Bernhard Geiger) hat für dieses Modell die Produktion auf Fließbändern erfunden. So konnte Ford die Produktionskosten und den Verkaufspreis niedrig halten. Kosteten die ersten ab dem Jahr 1908 konventionell erzeugten Exemplare noch 850 Dollar (= Kaufkraft heute: rund 21.000 Euro), so konnten die ab 1914 auf dem Fließband zusammengebauten T-Modelle um 350 Dollar angeboten werden (ca. 9.000 Euro).
Insgesamt 15 Millionen Stück wurden bis 1927 in den USA produziert: Der Ford T war (bis zum VW Käfer 1972) das meistverkaufte Auto weltweit.
Die Blechliesl schnurrt wie damals 1915
Bernhard Geigers „Tin Lizzy” (Blechliesl), wie der Ford T im Volksmund hieß, ist freilich unter diesen 15 Millionen Exemplaren (von denen heute noch rund 10.000 existieren) ein ganz Besonderes.
„Es hat noch den Originallack, erst 15.000 Meilen auf dem Tacho, und alle Teile bis zum komplett ausgestatteten und damals mitgelieferten Werkzeugkoffer sind vorhanden”, strahlt Geiger über beide Ohren.
Ob er denn auch noch läuft? Diese – unangebrachte – Frage beantwortet er nicht nur mit der passenden Antwort „ja, was glaubst denn du?”, sondern wirft zum Beweis auch gleich die Kurbel an, durch welche der Vierzylinder-Reihenmotor auch ziemlich bald gezündet wird. Er schnattert erstaunlich ruhig los und entfaltet bei der kurzen Ausfahrt rund um das Museum unter reichlicher Rauchentwicklung seine – damals sagenhafte – Kraft von zwanzig Pferdestärken.
„Es ist einfach ein Wunderwerk”, verneigt sich Geiger nach Beendigung der Testfahrt mit dem 108 Jahre alten Gefährt voller Ehrfurcht vor dem Erfindergeist des Henry Ford.
Dass im Museum neben den ganzen Traktoren und dem Ford T auch ein Ferrari Mondial t steht, ist dem bodenständigen Unternehmer und Oldtimer-Fan eher ein bisschen peinlich. „Das war damals ein Spontankauf und ich fahre eigentlich kaum damit”, meint er fast entschuldigend. „Obwohl: Die in diesen Ferraris noch verbauten Zwölfzylindermotoren sind eigentlich mit das Beste und Anspruchsvollste, das in der Geschichte des Automobils jemals verbaut worden ist”, legt Bernhard Geiger dann doch noch eine Rechtfertigung für den roten Flitzer in seiner Oldtimer-Sammlung nach.
Geregelte Öffnungszeiten übrigens gibt es in „Isagigr‘s Museum” nicht. „Wenn sich eine Gruppe rechtzeitig anmeldet oder jemand interessiert durch die Fenster schaut und ich daheim bin, dann öffne ich die Tore gerne”.
Bernhard Geiger kann sich dann bei den Führungen in Gurtis wieder „wunderbar vom Alltagsstress erholen” und Kraft für die Aufgaben im „Hauptbetrieb” unten in Nenzing sammeln…