Kultur-Treff im Keller kukuphi

Unmittelbar nach der Eröffnung kam der Shutdown. – Den Start ihrer privaten Galerie im Untergeschoss der Bludenzer Stadtapotheke hatte sich Sigi Fritsche anders vorgestellt. Doch sie hat auch die Chancen ergriffen, die sich ihr spontan auftaten.

FOTOS: TM-HECHENBERGER

„Für neue Galerien ist es schwierig, Künstler zu bekommen, die sich schon ein bisschen einen Namen gemacht haben”, ist sich Sigi Fritsche bewusst. Weil aber das Coronavirus auch die Kunst-Szene ordentlich durcheinandergewürfelt hat, waren den ganzen Herbst über farbenfrohe Ölbilder von Thomas Rauch in ihrer Kellergalerie zu bewundern. Der Feldkircher Künstler war wenige Wochen zuvor noch ausgebucht. Doch als Sigi Fritsche ihn kontaktierte, sagte er spontan und gerne zu. Mehrere seiner großformatigen Werke wechselten in der Folge ihren Besitzer. „Ich mag es, dass seine Bilder eine Geschichte erzählen”, schwärmt Sigi Fritsche, die sich seit vielen Jahren für bildende Kunst begeistert.

Die gebürtige Bregenzerwälderin, die im Montafon aufgewachsen ist, hat schon während des Kunstgeschichte-Studiums gerne zu Pinsel und Farbe gegriffen. Immer wenn sie über einen Künstler ein Referat halten oder eine Hausarbeit schreiben sollte, kopierte sie eines seiner Werke. Sie nutzte dazu simple Wasserfarben, tauchte dabei tief in die Strichführung und Farbwahl alter Meister ein, versuchte sich am besonderen Licht der Impressionisten, imitierte Vertreter des Surrealismus. Vor allem die humorvollen Werke von René Magritte haben es Sigi Fritsche bis heute angetan. Schon als Studentin sammelte sie Kunst. Ihre Schätze fand sie damals allerdings unter anderem im Sperrmüll vor den Häusern in den „besseren” Wohngegenden in Innsbruck.

Nach der Heirat mit dem Bludenzer Apotheker Maximilian Fritsche, neben sechs Kindern und der Mithilfe im Familienbetrieb fand Sigi Fritsche wenig Zeit, ihre Leidenschaft auszuleben. Doch als die Kinder zunehmend flügge wurden, richtete sie sich im Dachgeschoss eines Schuppens, der an die Apotheke angrenzt, mit Flohmarkt-Möbeln einen kreativen Raum ein, in den sie seit fünf Jahren fast täglich abtaucht. „Ich bin ein Nachtvogel”, lacht Sigi Fritsche. Sie genießt es, in ihrem eigenen kleinen Reich bis spätnachts zu malen. Sie kopiert immer noch gerne die Werke von Künstlern, die sie bewundert. Nach und nach wurde es ihr aber immer wichtiger, sich selbst kreativ auszudrücken. Acrylfarben sind inzwischen ihre wichtigsten Verbündeten. 

Ihre eigenen Bilder sind nie ganz abstrakt. Es ist ihr wichtig, dass die Betrachter konkrete Gegenstände erkennen, sich eine Geschichte ausmalen können. Es ist für Sigi Fritsche absolute Voraussetzung, dass ein Künstler die Perspektive beherrscht und naturalistisch zeichnen kann. Erst wenn ihm dies keine Mühe mehr macht, sollte er sich  ihrer Meinung nach an abstrakteren Ausdrucksmitteln versuchen. Sigi Fritsches Stadt-Ansichten fallen inzwischen meist geometrisch aus. Sie lässt sich gerne von den Kubisten inspirieren und versucht, surrealistische Akzente zu setzen. Portraits sind für sie die Königsdisziplin. 

Obwohl die Bludenzerin ihre Werke immer wieder übermalt, wenn sie nicht ganz nach Wunsch ausfallen, ist der Platz im Dach-Stüble inzwischen knapp geworden. Die Wände in der eigenen Wohnung waren voll, die Kinder alle ausgestattet. „Ich muss aufhören oder alles übermalen”, erkannte die Unermüdliche Ende 2019. Doch ihr Mann zeigte einen dritten Weg auf: „Du musst deine Bilder ausstellen”, riet er, und damit war die Idee, eine Galerie zu gründen, geboren. Dort sollten auch andere Newcomer die Möglichkeit erhalten, ihre Werke öffentlich zu präsentieren. 

Gesagt, getan. Wo sich vor einem Jahr noch alles stapelte, was in der Apotheke oder im privaten Haushalt nicht mehr gebraucht wurde, erwarten die Besucher nun wechselnde Ausstellungen an hohen, weiß getünchten Wänden, gemütliche Leseecken und jede Menge Kunstbücher. 

„Ich wollte einen Ort schaffen, an dem sich Menschen über Kunst, Kultur und Philosophie austauschen und sich inspirieren lassen können”, erklärt Sigi Fritsche. Dementsprechend taufte sie ihre Kellergalerie Kukuphi. Jeweils am Donnerstag und Freitag Nachmittag sowie am Samstag Vormittag öffnet sie die Tür in ihr Kunstreich. Aktuell ist sie mit zwei Wiener Künstlern  im Gespräch. „Wäre toll, wenn das klappen würde”, lässt Sigi Fritsche die Dinge auf sich zukommen. Die Corona-Pandemie macht es schwierig, Pläne zu schmieden. Wenn in der Galerie nicht viel los ist, nutzt sie die Zeit, um im Nebenraum alte Bilder zu restaurieren, die sie auf dem Dachboden der Apotheke gefunden hat. Da sind alte Ansichten von Bludenz dabei, Portraits und Radierungen. Vielleicht finden die ja vor Weihnachten noch Abnehmer. Wenn Corona es zulässt, wird die Ausstellung unter dem Titel „WeihnAchterl im kukuphi” von 5. bis 24. Dezember zu sehen sein.

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Die Galerie kukuphi ist geöffnet:
Donnerstag und Freitag 16 – 19 Uhr 
Samstag 10 – 12 Uhr
oder nach Vereinbarung

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