„Literatur muss nicht immer belehrend, geistreich und hochstehend sein.”

Guntram Frick leitet seit einem halben Jahr die AK-Bibliothek in Bludenz. Wichtig ist ihm, dass man mit dem Lesen ein angenehmes Gefühl verbindet. In der Bibliothek soll jeder jene Lektüre finden, „die er gerade braucht.” 

FOTOS: TM-HECHENBERGER

Kinder beispielsweise mögen oft Geschichten, die Erwachsene nicht so gut finden – Superhelden etwa, mit denen sie sich gerne identifizieren, die aber nicht immer im Sinne der Erzieher handeln. Wenn sich ein Kind jedoch über eine spannende Geschichte, die es regelrecht in ihren Bann zieht, zum Leser entwickelt, wird es irgendwann auch zu „tiefergehender” Lektüre greifen. Erwachsene sind ebenfalls nicht immer in Stimmung, sich auf komplizierte Gedankengänge einzulassen. Da kommen ein leichter Krimi oder ein unterhaltsamer Roman gerade recht. In den Regalen der AK-Bibliothek sind deshalb alle Genres gut vertreten.  

Als eingeschworene „Leseratte” – der gebürtige „Sulner” ist seit 30 Jahren Bibliothekar und arbeitete viele Jahre lang in der Stadtbibliothek Dornbirn – kann sich Guntram Frick eine Welt ohne Bücher nicht vorstellen. Obwohl er bei der Lektüre immer noch am liebsten durch gedruckte Seiten blättert, kann er dem Trend zum E-Book einiges abgewinnen. Im Urlaub liest er gerne am Tablet, erlaubt es ihm doch, mit leichtem Gepäck zu reisen und trotzdem jede Menge Lesestoff dabei zu haben. Neben 17.000 „physischen Medien” – das sind Bücher, Zeitschriften, DVDs und Hörbücher – haben die Besitzer eines Lesepasses der Bludenzer AK-Bibliothek Zugriff auf 37.000 E-Books. Das Repertoire kann unkompliziert im Internet eingesehen und auf Knopfdruck heruntergeladen werden. All diese Dienste sind seit 1. Jänner auch für Erwachsene kostenfrei. Nur wer den geliehenen Lesestoff nicht rechtzeitig – bei Büchern etwa innerhalb von vier Wochen – zurückgibt, muss „Versäumnisgebühr” entrichten.

Von Neuerscheinungen und „Bestsellern” wird oft ein zusätzliches Exemplar angeschafft. Und wer seine Lieblingslektüre nicht im Angebot findet, kann den Titel im „Wunsch-Büachle” eintragen. Wenn es sich nicht gerade um ein spezielles Fachbuch handelt, wird es eigens bestellt und liegt innerhalb weniger Tage in der Bibliothek bereit. 

Die Kunden der AK-Bibliothek in Bludenz sind zu 80 Prozent weiblich.

Für Abwechslung ist aber ohnehin gesorgt. Denn jedes Jahr werden rund 2000 Bücher sowie 500 andere Medien neu angeschafft. Was bei den Lesern nicht mehr ankommt, wird aussortiert und einmal jährlich beim Flohmarkt günstig angeboten. Bei 110.000 Neuerscheinungen im deutschsprachigen Raum jährlich ist es nicht einfach zu entscheiden, was für die Bibliothek angeschafft werden soll. Guntram Frick und seine Kollegin Petra Müller orientieren sich gerne an Rezensionen anderer Bibliothekare sowie an Informationen, welche die Buchhandlungen und Verlage zur Verfügung stellen. Das Kriterium für den Ankauf ist schlussendlich die Frage, ob das Medium mehr als ein, zwei Personen interessieren könnte. 

Surendra Barua ist fast täglich in der Bibliothek. Er schätzt diesen ruhigen Platz mit gratis W-Lan und
viel Lesestoff, der ihm hilft, sein Deutsch zu verbessern.

Im vergangenen Jahr haben 1639 Personen mindestens einmal ein Buch in der Bibliothek am Bludenzer Bahnhofsplatz ausgeliehen. Untypisch dabei ist das Alter der Kunden: Üblicherweise sind es nämlich zu 70 Prozent Kinder, welche in den Bibliotheken Bücher ausleihen. „Zu uns kommen hingegen fast 60 Prozent Erwachsene, mehr als 12 Prozent sind Jugendliche”, erklärt Guntram Frick. Er hat sich sagen lassen, dass dies an den guten Schulbibliotheken in der Region liegt. Die Kinder werden dort fündig, wenn sie Lesestoff oder Material für Referate suchen. Trotzdem hat die AK-Bibliothek mehr als 5000 Kinderbücher im Programm. Oft greifen aber auch schon die jungen Leser zu einem der fast 4800 Sachbücher, wenn sie spezielle Infos suchen. Erwachsene informieren sich im Gegenzug auch einmal in einem Kinderbuch über ein spezielles Thema, um einen schnellen, kompakten und leicht verständlichen Überblick zu bekommen. Außerdem können die Lesehungrigen aus der Region aus fast 4300 Romanen wählen.

Der Geschäftsführer des Bludenzer Val Blu, Jakob Glawitsch, und Bibliothekar Guntram Frick freuen sich bereits auf den Stand mit „Badebüchern”.

Für Guntram Frick und Petra Müller soll die Bibliothek ein Ort sein, an dem Menschen in angenehmer Atmosphäre gerne verweilen. Deshalb steht für die Besucher immer auch Wasser bereit. Gegen einen kleinen Obolus kann auch die Espresso-Maschine genutzt werden. Um möglichst viele Menschen mit Lesestoff zu versorgen, scheut sich das Bibliotheks-Team auch nicht, die Bücher andernorts zur Verfügung zu stellen. So wird etwa das Bücherregal im Ruheraum der Val Blu-Sauna regelmäßig mit neuem Lesestoff bestückt. Außerdem will die AK-Bibliothek die Badegäste im Freibad während der Sommerferien mit Lektüre versorgen. Dafür werden extra zwei Ferialpraktikanten angestellt, damit diese den Stand betreuen, an dem bei schönem Wetter täglich von 10 bis 18 Uhr spannende und kurzweilige „Badebücher” und topaktuelle Zeitungen ausgegeben werden. Wer bereits einen Leserpass sein eigen nennt, für den ist dieser Service gratis. Alle anderen können sich entweder einen Leserpass  ausstellen lassen oder einen Pfand leisten, damit sichergestellt ist, dass die gewählte Lektüre wieder in die Bibliothek zurückfindet. Aber auch mit anderen Aktionen und Veranstaltungen versucht das AK-Team, Menschen jeden Alters fürs Lesen zu begeistern. Jeden Dienstag etwa ist von 16 bis 16.30 Uhr eine Vorleserin vor Ort, welche Kindern zwischen vier und acht Jahren eine Lieblingsgeschichte vorliest. Die Kinder dürfen die Lektüre dabei selbst auswählen. Jungen Eltern legt Guntram Frick nahe, dass sie den Kleinen schon sehr früh und möglichst viel vorlesen. Er rät davon ab, diese Zeremonie an das Tablet zu „delegieren”. „Denn es geht beim Vorlesen auch darum, die Stimme der Eltern zu hören, den Körperkontakt und die Geborgenheit. Es geht darum, mit Lesen ein positives Gefühl zu vermitteln. Das ist die Grundlage”, ist der Bibliothekar überzeugt.

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