Sonnenanbeter auf unseren Wiesen

Libellen-Schmetterlingshaft

Sie sind klein und nicht ganz einfach aufzuspüren. Der Libellen-Schmetterlingshaft und die Bienen-Ragwurz gehören zu den Besonderheiten auf unseren Wiesen. Beiden gemeinsam ist ihre Vorliebe fürs „Sünnala”.

FOTOS: GERALD SUTTER (Libellen-Schmetterlingshaft), DIETMAR HUBER (Bienen-Ragwurz)

Mag. Georg Amann aus Schlins hat an der Uni Innsbruck Biologie und
Erdwissenschaften studiert. Der freiberufliche Biologe mit verschiedensten Schwerpunkten widmet sich besonders dem Naturschutz.

Man ist verblüfft, dass es so etwas gibt”, erklärt der Schlinser Biologe Mag. Georg Amann. Der Libellen-Schmetterlingshaft fliegt eher wie eine Libelle, erinnert vom Aussehen her aber an einen Schmetterling – und ist keines von beiden. Im Gegensatz zum Falter hat dieses Insekt keine geschuppten Flügel. Nach dem Lehrbuch wird es den Netzflüglern zugezählt – einer Gruppe, zu der etwa auch die Florfliege oder der Ameisenlöwe gehören. 

Eigentlich ist der Libellen-Schmetterlingshaft weiter südlich beheimatet. In Vorarl­berg kommt er hauptsächlich im Walgau, am Bürser­berg, im Großen Walsertal, am Muttersberg und im Latern­sertal vor. „Der Libellen-Schmetterlingshaft ist aber kein neuer Einwanderer”, erklärt Mag. Amann. Er ist vielmehr bereits nach den Eiszeiten hier heimisch geworden. 

Warme Sonnenplätze gefragt

Der Libellen-Schmetterlingshaft (Libelloides coccajus)
gehört zur Gruppe der Netzflügler. Je nach Alter der Tiere ist ein Teil der Flügel anfangs intensiv gelb, später immer blasser gefärbt. Der Rest ist durchsichtig und von einem feinen Adernnetz durchzogen. Die Flügelspannweite reicht von 42 bis 55 Millimetern. Männliche Tiere sind
an einer gekrümmten Zange am Hinterleib
zu erkennen. Der Libellen-Schmetterlingshaft
ist in Mitteleuropa recht selten.

In Sachen Ernährung ist das Tier nicht wählerisch. Es jagt und fängt alle Arten von Insekten im Flug. Der scheue Netzflügler ist etwa auf den traditionell gepflegten Magerheuwiesen in Bludesch oder am Ludescherberg zu finden. Aber auch in natürlichen Lebensräumen wie dem Galgentobel oder der Frutzschlucht fühlt er sich wohl. Eine wichtige Voraussetzung gibt es allerdings: Der Libellen-Schmetterlingshaft braucht große, offene Flächen, wo die Sonne durchkommt. Die braucht er zum „Sünnala”. An solch warmen Standorten legt das Weibchen auch seine Eier ab. Es klebt sie paarweise in Reih und Glied an einen Pflanzenstängel. Nach rund drei Wochen schlüpfen die Larven. Diese halten sich sehr versteckt am Boden und ernähren sich von kleinen Insekten. Sie haben einen geschlossenen Darm, können also nichts ausscheiden. Erst nach der Verpuppung rund zwei Jahre später gibt es eine Verbindung zwischen Mittel- und Enddarm. Von Mai bis Juli flattern die erwachsenen Tiere auf der Suche nach einem warmen Plätzchen über die Wiesen. Sobald sich die Sonne hinter eine Wolke zurückzieht, schlägt das Insekt seine Flügel wie ein Dach über den Körper – und ist dann plötzlich überhaupt nicht mehr schreckhaft. 

„Obwohl der Libellen-Schmetterlingshaft nicht auf bestimmte Futterpflanzen angewiesen ist, kann er nicht auf Fett- oder intensiv bewirtschaftete Wiesen ausweichen”, erklärt Georg Amann. Er ist gerne dort, wo Findlinge und Gebüsch die Bewirtschaftung erschweren. Der Biologe appelliert deshalb an alle, denen die Artenvielfalt im Walgau wichtig ist, die Landwirte – etwa über die Aktion Heugabel – zu unterstützen. „Es geht nicht, dass alle nur sagen, andere sollen die Wiesen pflegen. Wenn jeder in seiner unmittelbaren Umgebung mithilft, ist viel gewonnen.”

Eine heimische Orchidee: Die Bienen-Ragwurz

Die nur 20 bis 40 Zentimeter hohe Bienen-Ragwurz ist zwischen anderen Pflanzen nur schwer auszumachen.

Die Bienen-Ragwurz (Ophrys apifera)ist in Österreich stark gefährdet und steht deshalb unter Schutz. In Vorarlberg kommt sie hauptsächlich im Walgau vor. Diese Orchidee ist in wärmebegünstigten Lagen – etwa auf den Magerwiesen oberhalb von Satteins, Bludesch, Thüringen, Ludesch und Nüziders zu finden. Sie bevorzugt lehmig-feuchte Standorte, kommt aber auch auf Trocken­rasen oder in lichten Wäldern zurecht. 

 

 

Dietmar Huber aus Göfis ist als Biologe Autodidakt. Seit mehreren Jahren gilt das besondere Augenmerk des vielseitig Interessierten den wild wachsenden Orchideen in Vorarlberg.

Durch zunehmende Verbauung und intensive Landwirtschaft werden solch ideale Lebensräume immer weniger. „Die Anzahl an Pflanzen kann zudem von Jahr zu Jahr beträchtlich schwanken”, weiß Dietmar Huber. Trockenheit im Winter und im Frühjahr scheinen dieser heimischen Orchidee nicht zu behagen, hat der Göfner Orchideen-Experte beobachtet.  An Stellen, an denen er im Vorjahr eine große Anzahl gesichtet hat, spürt er im nächsten Jahr kein einziges Exemplar mehr auf. Angesichts des schneereichen Winters, der hinter uns liegt, stehen die Chancen heuer allerdings gut, einige Pflanzen ausfindig zu machen. Dazu muss man allerdings genau hinsehen. Denn die Bienen-Ragwurz wird nur maximal 40 Zentimeter hoch und ist deshalb zwischen Gräsern und anderen Blütenpflanzen gut versteckt. 

 

 

Bienen-Ragwurz bestäubt sich selbst 

Ab Juni zeigt diese seltene Orchidee ihre bis zu acht Blüten pro Stängel. Die sind zwar extravagant geformt und hübsch anzusehen, doch bei Bienen offenbar nicht sonderlich beliebt. Die Bienen-Ragwurz hat deshalb eine Methode entwickelt, die es ihr ermöglicht, sich selbst zu bestäuben. Dazu biegt sie die zwei Pollinienstiele – das sind die zarten gelben Stiele im Zentrum der Blüte, an denen jeweils eine Kappe mit Pollen klebt – nach unten zur Narbe. Bis sich der Samen dann zu einer blühfähigen Pflanze entwickelt hat, dauert es drei bis vier Jahre.

 

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