Uralte Buchbindermaschinen, moderne Software und ein unglaublich kreativer Geist – das sind die Hilfsmittel, mit denen sich Designer Herwig Bischof den Produkten seiner Kunden nähert – und ihnen ein neues Gesicht verpasst. In seiner Firma b.packaging gilt: „Sachen ausprobieren, lernen, tun”.
FOTOS: TM-HECHENBERGER, B.PACKAGING
Wer Herwig Bischofs Büro in Thüringen betritt, spürt die unglaubliche Hingabe, mit der dort gearbeitet wird. Es geht nicht darum, einen kurzlebigen Effekt zu erzielen, sondern um individuelle Lösungen, die hundertprozentig zum Produkt passen und eine Philosophie widerspiegeln.
Herwig Bischof beschäftigt sich intensiv mit seinen Kunden. „Wir haben zum Beispiel für sechs verschiedene Kosmetikfirmen Verpackungen entwickelt”, erklärt der Designer. Obwohl die Pflegeprodukte in den unterschiedlichsten Ländern hergestellt werden, ist ihr Zweck derselbe. „Da muss man ganz genau hinsehen, um Unterschiede herauszufiltern.”
Eine Kosmetikverpackung ist es auch, mit der „b.packaging” international für Aufsehen sorgte. Denn für die Luxus-Marke Ambuja entwickelten Herwig Bischof und sein Geschäftspartner Johannes Gautier eine Schachtel, deren Inhalt sich auf Fingerdruck wie von Zauberhand erschließt. Die samtige Oberfläche und der innovative Mechanismus, mit dem sich die Längskante öffnet, erweckt den Eindruck einer Knospe, die langsam aufblüht und mit einem Klick wieder zuklappt. Diesem überzeugenden – und längst preisgekrönten – Ergebnis ging ein intensiver Entwicklungsprozess voraus, in dem Attribute für die Marke festgelegt, Entwürfe skizziert, Proportionsmuster und Prototypen gebaut, Veredelungstechniken geprüft und alle Details genau ausgetüftelt wurden. Herwig Bischof ist für solche Prozesse bestens gerüstet. In seiner Werkstatt stehen unzählige Maschinen bereit – vom 3D-Drucker über Flachbettschneideplotter bis hin zu alten Buchbindegeräten, die er über die Jahre angekauft hat. Mit ihnen kann er Karton exakt schneiden, falzen, heften, Nieten anbringen,… Sie sind denn auch sein ganzer Stolz. So kann der Designer schon im Entwurfsstadium die Umsetzung jener Details umgehend testen, auf die es ihm bei der Verarbeitung ankommt.
Denn er ist überzeugt: Es geht nicht darum, das teuerste Material zu verwenden, sondern um die Werkzeuge, mit denen es bearbeitet wird. Als er etwa 2017 den Vorarlberger Werbepreis AdWin gewann, lobte die Jury das hochwertige Material, welches in Kombination mit Leder zu einer perfekt gestalteten Verpackung verarbeitetet worden sei. Herwig Bischof meint dazu: „Die Schachtel besteht aus dem gleichen Papier, mit dem die Druckereien ihre Paletten abdecken.” Er hat allerdings darauf bestanden, dass der Deckel der runden Kartonbox rundum eine Nut bekommt und perfekt sitzt. Denn die Details sind es, die unbewusst Qualität vermitteln. Vorbild in dieser Hinsicht ist ihm der Computer-Gigant Apple.
Eine Etage höher stehen denn auch moderne Computer, mit denen er Renderings erzeugt, die ein genaues Bild vom Endprodukt vermitteln. So manchen Kunden kennt Herwig Bischof gar nicht persönlich. Mit Firmen in Korea oder Israel etwa tauscht er sich per Skype aus, schickt er Fotos und Entwürfe per E-Mail hin und her. Allerdings ist der Designer nicht rund um die Uhr für seine Kunden erreichbar. Ein Telefongespräch wird vorab terminisiert. Denn der Designer legt Wert darauf, konzentriert arbeiten zu können, will hundert Prozent in die Entwicklung seiner Ideen investieren. Sein wichtigster Vorsatz dabei: Entscheidend ist nicht sein persönlicher Geschmack. Es geht darum, dass die Gestaltung zum Produkt und zum Kunden passt.
Das Wissen um die Anforderungen an eine Marke, deren Entwicklung und die praktische Umsetzung haben sich Herwig Bischof und sein Geschäftspartner selbst erarbeitet – mit Büchern, dem Internet und viel Probieren. Auch die Erfahrungen, die der Thüringer in früheren Jahren als Angestellter eines Kartonagen-Herstellers machen konnte, fließen in seine Arbeit ein. „Am spannendsten sind aber die Sachen, die man noch nie gemacht hat,” hat Herwig Bischof die Freude am Experimentieren nie verloren. Er ist überzeugt davon, dass er davon profitiert, dass er einen anderen, nicht vorgefertigten Zugang zu den Dingen hat, weil er nicht den klassischen Weg eines Design-Studiums gegangen ist. „Manchmal ist es von Vorteil, wenn man nicht von vornherein weiß, dass etwas nicht möglich sein kann. Manchmal muss man Grenzen überschreiten, damit Neues entsteht.”
„Wir sind allerdings unglaublich blauäugig gestartet”, gibt Herwig Bischof gerne zu. Zusammen mit Johannes Gautier gründete er 2007 b.packaging – ein Büro für Produktdesign – damals noch mit Sitz in Dornbirn. Die beiden Designer arbeiten immer noch intensiv zusammen, obwohl sein Geschäftspartner von Dornbirn aus agiert, während Herwig Bischof vor drei Jahren mit Büro und Familie nach Thüringen übersiedelt ist. Der gebürtige Göfner schätzt die Lebensqualität im Walgau.
„Derzeit arbeiten wir intensiv daran, wie sich unsere Firma weiterentwickeln soll”, verrät der Designer. Noch heuer wird b.packaging umfirmiert. Denn langfristig möchten sich die beiden Kreativen verstärkt der Markenentwicklung und den damit verbundenen Designleistungen sowie anderen Bereichen wie etwa der Ausstattung von Läden und Messeständen widmen. „Früher waren die Disziplinen nicht getrennt. Die großen Design-Koryphäen haben sich mit sehr vielen Dingen beschäftigt.” Dies ist auch Herwig Bischofs Ziel und soll sich im neuen Firmennamen widerspiegeln. Von der großen Umsatzsteigerung träumt der Unternehmer allerdings nicht. Er und sein Geschäftspartner wollen weiterhin spannende Projekte umsetzen, sich nicht in zu vielen Parallel-Anforderungen verzetteln. Mehr als fünf, sechs Leute brauche es dafür nicht. „Unser Ziel ist geistiges Wachstum.” Momentan ist das Thüringer Büro mit zwei Personen besetzt. Nadine Jochum ist ihrem Chef bei der Ausarbeitung seiner Ideen behilflich und schätzt dabei die Vielseitigkeit ihrer Aufgaben. Herwig Bischof will der angehenden Grafikdesignerin vor allem eines vermitteln: „Wenn du etwas gern und mit Freude machst, kannst du viel erreichen.” Er ist stolz darauf, dass seine Mitarbeiterin gelernt hat, eigenständig Lösungen zu entwickeln. Er spornt sie immer wieder an, Neues auszuprobieren: „Denn Grenzen bauen wir uns selbst auf.”
Tag der Offenen Tür
Interessierte haben am 9. März Gelegenheit, sich im Atelier von b.packaging in der Alten Landstraße 4 in Thüringen umzusehen. Von 9.00 bis 13.00 Uhr beantwortet das Team bei einem Tag der Offenen Tür gerne alle Fragen.