Gut besohlt

Im Jahr 1937 eröffnete Schuhmachermeister Alois Reutterer in der Bludenzer Mutterstraße seine Schuhwerkstätte. Vor 85 Jahren legte er damit den Grundstein zur landesweit und mittlerweile europaweit aktiven Schuhdynastie Reutterer.

FOTOS: REUTTERER GMBH, PRIVAT

43.547 – So viele Paar Damen-, Herren-, Kinder-, Berg- und Hausschuhe stehen in den sechs Schuhgeschäften in Bludenz (2), Feldkirch, Feldkirch-Altenstadt, Dornbirn und Götzis zu Beginn unseres Interviews zur Auswahl. 

Hanno Reutterer, der die Geschäfte in dritter Generation führt, könnte über seinen Lagerstand noch viel mehr berichten. Über Farbe, Größe, Marke und auch darüber, wie lange sich jedes einzelne Paar bereits in den Reutterer-Lagern befindet. Diese Daten halten er und seine 32 Mitarbeiter nicht „zum Spaß” akribisch und mit einigem Aufwand immer aktuell. Die Informationen sind vielmehr unverzichtbare Bedingung für einen verbesserten Kundenservice, eine optimierte Einkaufsplanung und auch für den Onlinehandel, in dem Reutterer seit einigen Jahren mitmischt. Dazu hat er sich mit anderen stationären Händlern in Österreich und Deutschland zusammengetan. Gemeinsam betreiben sie die Plattform www.schuhe.at sowie www.schuhe.de und bringen es dort auf ein beachtliches Sortiment. „Nur so kann man im Internet bestehen”, war Hanno Reutterer schon vor seinem Engagement im Web-Handel überzeugt. Den Takt geben dort die ganz Großen vor. „Amazon und Co haben in Sachen Verfügbarkeit oder Retourenmanagement Maßstäbe gesetzt, die der Internetkunde heute auch von jedem anderen digitalen Anbieter erwartet”, so Reutterer. In Zusammenarbeit mit seinen Branchenkollegen gelingt das ganz gut. Der erfolgreiche Umgang mit dem Thema Onlinehandel ist eine von vielen Herausforderungen, welche die Reutterers im Laufe ihrer nunmehr 85-jährigen Firmengeschichte gemeistert haben.

Als Schuhmachermeister Alois Reutterer 1937 sein Geschäft eröffnete, hatte der Durchschnittsbürger nicht das Geld, um jedes Jahr mehrere Paar Schuhe zu kaufen. Aber wenn man in neue Schuhe investierte, dann mussten „g‘hörige” her: Hier konnte der Firmengründer offenbar mit Qualitätsarbeit überzeugen – und auch seine Künste beim Flicken und Reparieren waren weithin gefragt. 

Früh auf den Aufschwung gesetzt

Gleich nach Kriegsende zog er in die Werdenbergerstraße, wo neben der Werkstatt auch Platz für das erste klassische Schuhgeschäft vorhanden war. Reutterer setzte damit schon frühzeitig auf den Aufschwung, der dann ab den 50er-Jahren zu einem fundamentalen Wandel führte. Der Schuhmachermeister war immer weniger gefragt, mit dem steigenden Wohlstand war die Kundschaft dagegen mehr an neuen und modischen Ausführungen des Schuhwerks interessiert.

Alois Reutterer knüpfte schon früh Kontakte zu namhaften und vor allem qualitativ hochwertigen Schuhherstellern, deren Produkte sich in Bludenz gut verkauften.

Als sein Sohn Kurt Reutterer 1957 in das Unternehmen eintrat, galt es für ihn, diesen Schwung mitzunehmen und im wachsenden Wettbewerb mit anderen Schuhgeschäften zu bestehen. Das machte er mit Bravour, „der Reutterer” hatte sich mit topaktuellen Qualitätsschuhen und sehr guter Fachberatung im ganzen Land einen guten Ruf erarbeitet.

In der Mühlgasse eröffnete er 1972 die erste „Quick-Schuh”-­Filiale Österreichs: Die Partnerschaft mit diesem in Deutschland gegründeten Schuhhändler-Verbund war quasi der Beginn der „Internationalisierung” des Unternehmens. Quickschuh besteht noch heute und dem Beispiel Reutterers folgend haben sich viele kleine und mittelgroße Schuhhäuser in ganz Österreich dem Verbund angeschlossen. 

1977 eröffnete Reutterer im damaligen Kronenhaus-Areal ein ganz besonderes neues Schuhgeschäft: Es war mit einer Verkaufsfläche von 480 Quadratmetern seinerzeit das größte in ganz Vorarlberg. 1994 folgte die Eröffnung von zwei Geschäften in Feldkirch und Dornbirn. Hier konnte Kurt Reutterer einmal mehr sein „Näschen” für sinnvolle Kooperationen unter Beweis stellen. Diese Reutterer-Standorte wurden im Franchising mit „Bata” begründet: Manche erinnern sich an den Start dieser Marke, die mit einer vielfach ausgezeichneten Werbelinie einen Katapultstart hinlegte.

1997 trat Hanno Reutterer in die Firma ein. Der Enkel des Firmengründers war damals 25 Jahre alt und hatte nach der Matura an der Handelsakademie auch schon sein Studium der Betriebswirtschaft in Innsbruck erfolgreich abgeschlossen. Ab 2001 schließlich hat ihn Vater Kurt – der bis heute tatkräftig mitarbeitet – sukzessive in die Geschäftsführung des Familienbetriebes eingearbeitet. Vater und Sohn sind somit schon jahrzehntelang ein eingespieltes Team. Mit der Geschäftsführung einher geht natürlich auch eine große Verantwortung, die Hanno – gemeinsam mit seiner Frau Judith – gerne wahrnimmt. Und wenn es auch im Geschäftsleben immer wieder Herausforderungen gibt – er ist ja „ein echter Reutterer”: Die haben bewiesen, dass sie sich dem Wandel erfolgreich stellen.

Übrigens: Nach dem knapp dreistündigen Gespräch hat sich der Lagerbestand auf 43.392 Paar Schuhe reduziert. 155 Paar Schuhe wurden in dieser Zeit also verkauft, davon zwölf per Internet. Es zeichnet sich ein guter Tag ab – im Durchschnitt sind es fast 300 Paar, die in den sechs Reutterer-Geschäften täglich verkauft werden… 

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