Wenn in Schlins Kreativität und handwerkliches Geschick gefragt sind, fällt schnell einmal sein Name: Norbert Plattner hat ein Faible für alte Handwerkstechniken und die Natur.
FOTOS: TM-HECHENBERGER
Es gibt viel zu entdecken in dem Garten an der Schlinser Walgaustraße: Aus Weidenruten geflochtene Pflanzkörbe, in denen Zucchini, Kürbis und Co heranreifen, haushohe Gewächshäuser aus rohen Balken und Planen, künstlerisch anmutende Stelen aus verschiedensten Hölzern, verwitterte Möbel aus Schwemmholz prägen den ersten Eindruck. Wer sich genauer umsieht, wird aber noch zahllose kleine Werkstücke entdecken, die in jedem Winkel von der Kreativität und den vielfältigen Interessen des Hausherrn erzählen. Stolz zeigt Norbert Plattner auf seinen „Kardenwald” – er lässt der alten Heilpflanze viel Raum, zieht sie doch Insekten wie etwa die metallisch schillernde Schwarzblaue Holzbiene an, die sich in den heimischen Gärten nur selten einstellt. „Es gibt nichts Schöneres, als am Abend hier zu sitzen und sie zu beobachten”, murmelt er zufrieden. Er hat jetzt Zeit dazu, ist er doch seit sechs Jahren in Pension.
Dem gelernten Elektriker wird nicht langweilig. Er hat immer schon gerne gebastelt. Für seine Patenbuben wollte er denn auch vor vielen Jahren eigenhändig Spielzeug kreieren. Weil ihm für die stabilen Holzgefährte geeignete Räder fehlten, kaufte er sich kurz entschlossen eine Drechselbank und stellte diese im Keller seines Elternhauses auf. Die Faszination fürs Drechseln hat ihn seither nicht losgelassen. Als er dann auf einem Mittelaltermarkt in Feldkirch äußerst dünnwandige Holzgefäße bewunderte, die wie aus Porzellan gemacht schienen, wollte er wissen, wie man so feine Schalen und Becher herstellen kann, und entdeckte so das Grünholzdrechseln. In seinen aktiven Zeiten stand er tagtäglich bis weit nach Mitternacht in der Werkstatt, fertigte Gefäße und Küchenutensilien mit wunderschönen Holzstrukturen, die er dann auf verschiedenen Märkten verkaufte. Heute steht er nur noch selten hinter einem Verkaufsstand – bevorzugt in seinem Heimatdorf oder bei Märkten des Tauschkreises.
Rasche Karriere vom Schüler zum Kursleiter
Viel Knowhow rund um die Auswahl geeigneter Hölzer und deren Verarbeitung hat er sich in der Schnitzerschule in Elbigenalp im Lechtal angeeignet. Doch als er sich im vierten Jahr in Folge zur Weiterbildung anmeldete, bat ihn der Direktor, ob er nicht als Kursleiter einspringen wolle. Dies war vor 16 Jahren. Seither gibt Norbert Plattner sein Wissen alljährlich im September an Anfänger und Könner weiter, die sich wie er für altes Handwerk und den Werkstoff Holz begeistern.
Von Anfang an begrüßte er unter den Kursteilnehmern etwa einen Mann aus Köln, der sich jedes Jahr mit Bahn und Bus auf die Reise begibt, um sich auf Elbigenalp kreativ zu entfalten. „Obwohl er die ganze Welt kennt, ist diese Woche für ihn der schönste Urlaub im Jahr”, sieht Norbert Plattner dem nächsten Wiedersehen bereits entgegen und zieht den Hut, wenn er daran denkt, wie sein Schützling jedes Mal schwer bepackt mit Werkstücken wieder die „Öffis” besteigt, um den beschwerlichen Heimweg anzutreten.
Weil er selbst zudem gerne alle möglichen Hölzer in der Natur aufliest und diese zu Skulpturen, Tischen und Sitzmöbeln umfunktioniert, erweiterte Norbert Plattner das Programm der Schnitzschule vor zwölf Jahren um den Kurs „Möbel aus Fund- und Schwemmholz”. Na, und dann ist ja auch noch das Korbflechten, dem sich der Schlinser mit Begeisterung widmet. Auch sein Wissen um diese alte Technik teilt der Autodidakt gerne mit anderen. Jeweils im Mai reist er dafür ins Lechtal und freut sich, dass auch Anfänger nach Ablauf der Kurswoche immer mindestens einen selbst geflochtenen Korb mit großem Stolz nach Hause tragen. „Zum Teil ist es mit den Leuten schon etwas mühsam”, muss sich Norbert Plattner manchmal in Geduld üben, „doch insgesamt macht es sehr viel Spaß.” Während sich fürs Drechseln und den Möbelbau Menschen jeden Alters und beiderlei Geschlechts interessieren, sind es in der Regel Frauen, welche das Weidenflechten erlernen wollen.
Skulpturen für seinen Heimatort
Norbert Plattner ist auch in seiner Heimatgemeinde äußerst aktiv. Er war und ist Mitglied mehrerer Vereine, engagiert sich beim Naturschutzprojekt Turbastall, bei der Feuerwehr, bei den Sozialprojekten der Eine Weltgruppe, im Pfarrgemeinderat und als Beleuchter, Bühnenbauer sowie Fotograf bei der Spielgemeinde Jagdberg. Im Ort ist er zudem mit seinen kreativen Werken präsent, entstanden doch die massiven Eichenstelen am Pilgerweg Schlins-Röns oder die Gedenkstätte für allzu früh verstorbene „Sternenkinder” am Schlinser Friedhof in seiner Werkstatt. Ein weiteres spannendes Projekt – ein mit der Motorsäge geschnitztes massives Ochsengespann – setzte er gemeinsam mit Hannes Rauch für den Skulpturenpark Vermülsbach um.
Die Schafe, welche er schon als junger Kerl anschaffte und weiter behielt, als die väterliche Landwirtschaft geschlossen wurde, hat inzwischen Sohn Elias übernommen. „Ich bin nur mehr der Knecht”, lacht Norbert Plattner. Die Wolle nutzt er aber gerne zum Mulchen. „Dadurch muss ich weniger gießen, und sie ist zudem ein guter Dünger. Beim Verkauf bekommt man ja heute eh nichts mehr dafür”, sieht er die Dinge pragmatisch. Seine Mutter hatte einst einen großen Gemüsegarten, Norbert Plattner hat diese Tradition gerne weitergeführt und in manchen Jahren bis zu hundert verschiedene Tomatensorten gehegt und gepflegt. „Ich finde es faszinierend, wenn ich mir mein Essen im Garten holen kann”, erklärt der langjährige Vegetarier, der sich immer wieder auch vegan ernährt. Die Ernte verarbeitet er selbst, weckt ein, kocht Marmelade,… und ist damit mehr oder weniger zum Selbstversorger geworden.
Außerdem beansprucht die Alpe Lindach im Bregenzerwälder Mellental, von der er über seine Mutter Anteile geerbt hat, seine Aufmerksamkeit. Auch da gibt es viel zu tun – und jede Menge Holz, das der Umtriebige dann wieder mit Sägen, Bohrern und Drechselwerkzeug bearbeiten kann.