Visite auf goldenen Flügeln

Dr. Bruno Dressel besucht mit seiner Gold Wing Patienten, Europa und die Welt.

Er versteht sich als Landarzt im besten Sinne. Er kennt seine Patienten, der persönliche Kontakt ist ihm wichtig. Und Hausbesuche macht der Nüziger Gemeindearzt sehr gern. Besonders dann, wenn das Wetter passabel ist. Dann fährt er mit seiner Honda Gold Wing bei den Patienten vor.

FOTOS: TM-HECHENBERGER, PRIVAT

Die wichtigsten Medikamente, Salben, Apparaturen sowie Pflaster und Verbandsmaterial hat er sowieso immer dabei, um im Notfall helfen zu können.  Wenn er mit seiner 1800er Gold Wing auf Visite zu seinen Patienten fährt, ist der zusätzliche Arztkoffer im Gepäck. Vorzugsweise „visitiert” er mit seiner Maschine aber fremde Länder und ferne Kontinente.

„Mit dem Motorrad kannst du jedes Land viel besser kennenlernen”, weiß der Biker-Arzt aus Nüziders. „Man kann die Landschaft riechen, spürt den Wind und fühlt die Wärme – das kennt man als Autofahrer gar nicht!”, schwärmt er leidenschaftlich von Bike-Touren, die ihn schon durch ganz Europa und auch in einige Länder auf anderen Kontinenten geführt haben. Auch zum Kurzurlaub nach Verona – samt Operngarderobe im Gepäck – fährt er lieber mit dem Motorrad als im Auto: „Da kann ich meist direkt vor dem Eingang parken”, nennt er neben der Freude am Fahrtwind ein weiteres Plus des Reisens auf zwei Rädern.

Begonnen hat alles vor 25 Jahren
1993 in Kaltern

mit einem unbedachten Wort der Anerkennung für das Motorrad eines Berufskollegen aus Bregenz. „Der war ein begeisterter Fan der Gold Wing und hat mich nach diesem Lob immer wieder angerufen, wenn er glaubte, eine passende Maschine für mich gefunden zu haben”, erinnert sich Dr. Dressel.

Eines Tages ließ er sich auf eine Einladung zu einem Gold Wing-Treffen ein und besagter Kollege bestand darauf, dass er mit einer dort angebotenen gebrauchten Gold Wing 1200 eine kurze Probefahrt unternehmen soll.

„Ich stieg dann halt auf dieses Monstermotorrad, vor dem ich mich eher gefürchtet habe. Aber wie leicht sich dieses 400-Kilo Gefährt steuern und fahren ließ! Nach einem knappen Kilometer Fahrt war klar, dass ich dieses Motorrad kaufen werde”, erinnert sich Dressel an den Beginn seiner Leidenschaft. Diese Leidenschaft teilt er übrigens von den ersten Metern dieser Probefahrt bis heute mit seiner Gattin Anita: Meistens mit ihr auf dem Sozius ist er schon durch ganz Europa gefahren, hat mit seinen Gold Wings – inzwischen fährt er die dritte – fast 300.000 Kilometer zurückgelegt und – stil-echt mit einer Harley Davidson – die berühmte Route 66 in Amerika befahren.

Unfälle hat er auf diesen Kilometern auch schon einige erlebt

und etwa am Stilfserjoch einen Mann mit offenem Oberschenkelbruch verarztet. Er selber blieb in 25 Motorradsaisonen unfallfrei. „Ich habe auch Glück gehabt”, gibt er zu, dass es durchaus auch haarige Situationen gegeben hat. Andererseits hat er seine Gold Wing, die mit gut 120 PS locker auf 200 kmH beschleunigt, auch gut im Griff: Dafür macht er immer wieder – nach der Winterpause und vor großen Touren – spezielle Trainings. In Hechlingen nahe Ulm zum Beispiel bereitete er sich im dortigen Enduro-Park auf eine Tour durch Namibia und Botswana vor, die er 2016 wegen der dortigen „Straßen”-Bedingungen mit einer BMW absolvierte.

Neben mangelnder Fahrpraxis hat Dr. Dressel eine weitere häufige Unfallursache ausgemacht:

Gerade wenn Motorradler in größeren Gruppen fahren, steige die Risikobereitschaft des Einzelnen signifikant an.

Der Schlüssel zum sicheren Fahren ist nach seiner Erfahrung, dass jeder Motorradler sein eigenes Tempo fährt. „Man darf sich nicht vom Schnelleren zu höherer Geschwindigkeit verführen lassen”, rät er. Die Aufmerksamkeit ist aber auch gestört, wenn man immer auf einen Langsameren warten muss. Wenn er mit mehreren Kollegen eine Ausfahrt unternimmt, dann wird deswegen ein Treffpunkt vereinbart, zu dem jeder  in seinem eigenen Tempo hinfährt.

Eine Ausnahme von dieser Vorgangsweise gibt es nur, wenn Dressel mit seinem Kumpel Engelbert Burtscher unterwegs ist: Der Nüziger Unternehmer (Burtscher Böden) ist ebenfalls seit vielen Jahren eingeschworener Gold Wing-Fan – und die beiden verstehen sich „blind”. Mit ihm zusammen – und auch alleine mit seiner Anita – hat er noch einige Touren vor. Die ganze Welt möchte er am liebsten bereisen – nur Australien reizt ihn nicht. „Da bist du 1000 Kilometer auf einer Geraden unterwegs und kannst dabei gerade einmal fünf Städte kennenlernen”, weiß er von seinem Australientrip während der Studentenzeit. Kein Vergleich zu einer 1000 Kilometer-Tour durch Europa.

Dass er auf all diesen Touren noch nie eine Panne hatte, dafür möchte er sich ausdrücklich doppelt bedanken: Bei den genialen japanischen Gold Wing Konstrukteuren und beim Motorradcenter in Ludesch – wo er regelmäßig den Service machen lässt…

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