„Ich war schon als Kind sehr neugierig. Es hat mich immer interessiert, wie es den Menschen geht und wie es ihnen früher erging”, erklärt Mag. Margit Brunner Gohm. Seit sie vor fast 30 Jahren nach Vorarlberg „einwanderte”, erkundet die gebürtige Tirolerin ihre neue Heimat mit offenem Blick. In ihrem soeben erschienenen Familiensachbuch lädt sie Groß und Klein zu einer kunterbunten Entdeckungsreise durchs Ländle ein.
FOTO: TM-HECHENBERGER, ILLUSTRATIONEN: CHRISTIAN PUILLÉ
„Es muss nicht immer ein Skylinepark sein.” Margit Brunner Gohm ist überzeugt davon, dass Vorarlberg jede Menge Attraktionen bereit hält, mit denen man die Aufmerksamkeit von Kindern fesseln und ihnen spannende Erfahrungen bieten kann – „auch wenn man vielleicht etwas weniger Geld hat.” Sie hofft, dass ihr Buch die Eltern entlastet, ihnen abseits viel beworbener „Highlights” und Superlative einen Leitfaden für tolle Familienausflüge, Basteleien und gemeinsame Lesestunden bietet.
Die Sozialpädagogin ist vor fast dreißig Jahren ins Ländle gezogen, weil sich ihr hier bessere Berufschancen boten. „Ich bin also ein klassischer Wirtschaftsflüchtling”, hat die gebürtige Tirolerin keinerlei Berührungsängste mit diesem aktuell viel diskutierten Begriff. Von Anfang an hat sie sich mit der neuen Heimat auseinandergesetzt – mit der Geschichte und Kultur ebenso wie mit der Natur und vor allem den Menschen. In dieser Zeit hat sie ganz nebenher ein beachtliches Bildarchiv aufgebaut. Denn „ich fotografiere seit ich denken kann.”
Diese Erfahrungen und Fotos sind die Basis für das Buch, in das sie in ihrer Freizeit rund tausend Stunden investierte. Margit Brunner Gohm hat viel Zeit im Landesarchiv verbracht, Fakten überprüft, mit Menschen gesprochen. „Anna und Paul entdecken Vorarlberg” sollte kein Fachbuch werden, das war ihr von Anfang an klar. Dennoch wollte sie ein möglichst umfassendes Bild vom Ländle zeichnen, hat die vier Bezirke, alle Städte und Regionen systematisch erfasst. Beim Schreiben ist auch viel Persönliches eingeflossen. Margit Brunner Gohm engagiert sich seit Jahren – privat und beruflich – für Chancengleichheit, gibt Selbstverteidigungskurse, hat mit behinderten Menschen ebenso wie mit Kindern aus schwierigen Familienverhältnissen gearbeitet. Es kommt also nicht von ungefähr, dass bei den „Kunterbunts” typische Geschlechterrollen keine Rolle spielen. Anna ist eine ebenso eifrige und wagemutige Schatzsucherin wie ihr Freund Paul, Klara und Tobias sind beide wichtige Bezugspersonen für die Kinder. Auch die verschiedenen Religionen finden Platz im Familiensachbuch, ebenso wie Geschichten von Flucht und Migration.
„Wir leben in dieser Vielfalt. Und das ist gut so.”
Neben ihrer Tätigkeit als zuständige Ansprechpartnerin für Chancengleichheit im Landhaus in Bregenz leitet die ausgebildete Volksschullehrerin und Erziehungswissenschaftlerin seit vier Jahren die Bibliothek in Satteins und versucht dort mit verschiedensten Aktivitäten das Miteinander der Kulturen zu fördern.
„In Satteins werden mehr als 30 Sprachen muttersprachlich gesprochen”, hat sie rasch erkannt und in der Folge dafür gesorgt, dass mindestens ein Buch in jeder dieser Sprachen in der Bibliothek ausgeliehen werden kann. Mehrmals im Jahr lädt sie die Satteinser Kinder zu Reisen in ferne Länder ein, gemeinsam mit „Zuagrasten” werden Lieder aus deren Heimat gesungen, Geschichten erzählt oder vorgelesen, Alltagsgegenstände und Spielzeug nachgebastelt,… Die Tierwelt aus anderen Kontinenten hält in Form von Kuscheltieren in der Bilbliothek Einzug. „Wir wohnen dann bei den Inuit, in Australien, in Afrika,…” Diese Veranstaltungen bereiten Margit Brunner Gohm, die selbst seit dem Jahr 2000 in der Walgaugemeinde wohnt, großen Spaß. „Wir leben in dieser Vielfalt. Und das ist gut so”, möchte sie auch in dieser Hinsicht mit ihrem Buch Impulse geben, Verständnis wecken und einen kleinen Beitrag zu einem besseren Miteinander leisten.
Dabei will sie aber nicht den Moralapostel oder Lehrmeister spielen, setzt lieber auf Vorbilder aus der lokalen Geschichte. Bei ihren Recherchen ist sie etwa auf zwei Mädchen aus Hohenems gestoßen, welche während des Nazi-Regimes einer jüdischen Familie zu einer abenteuerlichen Flucht über den Rhein verholfen haben. „Sie waren damals zwölf und 14 Jahre alt,” berichtet die Pädagogin. Für sie sind diese beiden Mädchen keine Einzelfälle. „Ich erlebe Kinder und Jugendliche als sehr mutig, sehr solidarisch.”
Petronella Glückschuh als Vorbild
Von ihren Titelhelden Anna und Paul hatte Margit Brunner Gohm denn auch ein klares Bild. Die Zeichnungen in ihrem Buch sollten dieses genau widerspiegeln. Jemanden zu finden, der ihre Vorstellungen kindgerecht auf Papier bringen könnte, war allerdings gar nicht so einfach. ”Wenn zwei Menschen dieselbe Situation erleben, gibt es zwei Geschichten”, ist sich die Autorin bewusst.
Als sie auf der Suche nach geeigneten Illustratoren im Land nicht fündig wurde, erinnerte sich die Bibliothekarin an ein Kinderbuch, welches sie den jungen Bibliotheks-Besuchern gerne vorliest: „Ich hatte mich gleich beim ersten Hineinschmökern in die Zeichnungen verliebt.” Genau so unternehmungslustig und ein bisschen vorwitzig wie die neugierige „Petronella Glückschuh” stellte sich Margit Brunner Gohm ihre „Kunterbunts” vor. Gezeichnet hat diese der Hamburger Christian Puillé, auf dessen „Handschrift” man seit vielen Jahren in bekannten Kinderbüchern und Zeichentrickfilmen trifft. Unter dem Motto „versuchen kann man es ja” wurde der vielbeschäftigte Illustrator, Storyboard-Künstler und Dozent kontaktiert. Ein paar Telefonate später war klar, dass „die Chemie stimmt”.
In der Folge schickte die angehende Kinderbuch-Autorin jede Menge Fotos nach Hamburg, beschrieb jede Figur in einem ausführlichen Steckbrief. Auf Basis dieser Informationen entwickelte Christian Puillé die Mitglieder der Kunterbunt-Truppe und stellte sie in verschiedensten Situationen dar. Das lief nicht immer ganz reibungslos. So hatte der Hamburger etwa eine Szene in Hohenems vor der Kulisse eines Hochgebirges gezeichnet. Margit Brunner Gohm musste seine Vorstellungen vom Vorarlberger Rheintal mit weiteren Schnappschüssen korrigieren. Mit dem Ergebnis dieser Zusammenarbeit ist sie nun rundherum glücklich.
Klara hat keine Model-Maße, sondern eine normale Frauen-Figur, die Kinder wirken aufgeweckt und lebendig, Tobias ist ein gutmütiger Bartträger. Gemeinsam geraten die vier auf ihrer Entdeckungsreise durchs Ländle in jede Menge lustige Situationen, lernen interessante Menschen kennen, spekulieren über die Steinkreise auf der Tschengla, lauschen dem Nachtwächter im mittelalterlichen Bludenz und erfahren ganz nebenbei allerlei Spannendes und Interessantes über ihre Heimat. Coloriert wurden Christian Puillés Entwürfe von Intermedia-Absolventin Caroline Pfister aus Fraxern. Die Rankweiler Grafikerin Nina Sturn hat Fotos, Grafiken und Text in einem ansprechenden Layout vereint.
Um den kleinen und großen Lesern die Orientierung zu erleichtern, sind die Informationen über die einzelnen Regionen jeweils mit einer eigenen Farbe „markiert”. Die 192 Seiten sind großzügig gestaltet. Schließlich handelt es sich ja nicht um ein wissenschaftliches Werk. Das Buch soll viel mehr Begeisterung wecken und zum Lesen einladen. Ein weiteres wichtiges Team-Mitglied war Lektorin Birgit Fitz. „Sie hat nicht nur Tippfehler aufgespürt, sondern wichtigen Input geliefert”, freut sich Margit Brunner Gohm über die angenehme Team-Arbeit mit allen Beteiligten. Insgesamt haben die Vorbereitungen zwei Jahre lang gedauert. Nachdem die Verhandlungen mit einem regionalen Verlag gescheitert waren, hat die Satteinserin das Projekt gänzlich aus eigener Tasche finanziert, insgesamt 2500 Bücher auf eigene Kosten bei der Vorarlberger Verlagsanstalt drucken lassen. Am 16. Februar hielt sie ihr Druckwerk erstmals in Händen. „Anna und Paul entdecken Vorarlberg” ist nun im Buchhandel sowie direkt bei der Autorin erhältlich.
Noch mehr Ländle-Infos unter www.diekunterbunts.at
Parallel zum Buch hat Margit Brunner Gohm mehrere Quiz – vom einfachen Rätsel bis zur Schnitzeljagd – entwickelt, bei denen die Kinder ihr Wissen über einzelne Regionen unter Beweis stellen können. Die aufwendig gestaltete Homepage www.diekunterbunts.at hält außerdem jede Menge Spiele und weitere Infos über das Ländle bereit. Obwohl sie selbst seit vielen Jahren nicht mehr an der Schule lehrt, hat Pädagogin Brunner Gohm an ihre Berufskollegen gedacht. Die von ihr entwickelten Unterrichtsmaterialien können im Heimatkunde-Unterricht eingesetzt werden. Hörtexte und kleine Filme ergänzen das digitale Angebot.
„Anna und Paul entdecken Vorarlberg” ist seit 16. Februar im Buchhandel und bei der Autorin selbst um 29,90 Euro erhältlich.
Interessierte finden weitere Informationen sowie mehrere Quiz, Rätsel, Spiele und auch passende Unterrichtsmaterialien für Lehrer zum Download unter www.diekunterbunts.at.
Wer macht mit beim allerhand!-Gewinnspiel? „Wie heißen die beiden Erwachsenen, mit denen Anna und Paul das Ländle kennenlernen?” – Wer die Antwort weiß, hat die Chance, eines von drei Familiensachbüchern zu gewinnen. Bis 30. März 2018 freuen wir uns auf viele Postkarten (an die allerhand!-Redaktion, Sturnengasse 20, 6700 Bludenz, bitte Adresse und Telefonnummer nicht vergessen! ) und E-Mails: gewinnspiel@allerhand-magazin.at