Der „Ballspielverein Borussia Dortmund 1909” hat mehr als tausend offizielle Fanclubs rund um den Erdball. Mit einem eigenen Fanbus und vor allem ihrem sozialen Engagement stechen darunter die „Ösi-Borussen” aus Ludesch ganz besonders hervor.
FOTOS: ÖSI-BORUSSEN 1909
100 Meter breit, 40 Meter hoch und steiler als der berüchtigste Starthang der Kitzbüheler Streif: Die Dimensionen der größten Stehplatztribüne der Welt sind beeindruckend. 24.454 in den Vereinsfarben Schwarz-Gelb gekleidete Fans finden im Stadion des deutschen Fußballclubs Borussia Dortmund Platz. So manche gegnerische Mannschaft wurde allein von den lautstark vorgetragenen Schlachtgesängen aus der berüchtigten „Gelben Wand” erdrückt. Johannes Sturn war schon im Alter von sieben Jahren als Fußballknirps beim SV Ludesch Fan des BVB. Damals kickte er gemeinsam mit Benedikt Zech, der schon früh als großes Talent galt und später eine erfolgreiche Profikarriere startete. „Benedikt war nicht nur außerordentlich talentiert, sondern hat auch extrem fleißig trainiert”, erinnert sich Sturn. „Mir wurden schon auch gewisse Talente zugeschrieben, aber ich hatte damals einfach nicht den notwendigen Ehrgeiz”, gibt er zu. Dem SV Ludesch ist er dennoch treu geblieben und wirkt dort heute als Co-Trainer der Kampfmannschaft.
Seit Johannes Sturn aber mit 15 Jahren erstmals bei einem Livespiel im Dortmunder Stadion dabei sein durfte, war es um ihn geschehen. „Die Atmosphäre in diesem Stadion ist einfach unglaublich”, schwärmt der mittlerweile 33-jährige Fußballnarr nach wie vor. Mehr als 80.000 Zuschauer haben dort insgesamt Platz und feuern – angeheizt von den knapp 25.000 in der Gelben Wand – ihre Mannschaft permanent an. Seit seinem ersten Besuch im Westfalenstadion hat Johannes Sturn jede Gelegenheit wahrgenommen, um wieder dabei zu sein, wenn die Fans vor jedem Match ihre Hymne „You‘ll never walk alone” anstimmen. Das ist gar nicht so einfach, weil die Heimspiele fast immer ausverkauft und Eintrittskarten kaum zu bekommen sind.
Am 2. Juni 2015 schließlich gründeten acht Mitglieder den Fanclub „Ösi Borussen 1909” – Johannes Sturn fungiert seither als gewählter Obmann. Die Gründungsmitglieder waren sich einig: „Wenn wir so einen Verein machen, dann wollen wir auch etwas auf die Beine stellen.” Was die Ösi-Borussen seither erreicht haben, davon hätten sie bei ihrer ersten Sitzung aber nicht zu träumen gewagt.
Offizielle Aufnahme als BVB-Fanclub
Schon im August desselben Jahres wurden die Ösis aus Ludesch in Dortmund von den Fanbeauftragten Petra Stüker und Timm Hübner empfangen und als offizieller BVB-Fanclub akkreditiert. Der junge Verein fand bald im ganzen Land BVB-Fans, die sich als Mitglieder anschlossen. Gemeinsame Ausfahrten in das Westfalenstadion und zu näher gelegenen Auswärtsspielen des BVB – zum Beispiel zum Lieblingsgegner nach München – wurden organisiert.
Das Ösi-Team wollte aber von Anfang an mehr, als „nur” gemeinsame Fußballfreuden genießen. 2017 bekam Johannes Sturn vom legendären Dortmunder Stadionsprecher Nobby Dickel ein Trikot vom damaligen BVB-Mittelfeldspieler Gonzalo Castro, das von der gesamten Mannschaft des BVB unterschrieben worden war. Außerdem legte Dickel noch zwei Eintrittskarten bei. Dieser „Schatz“ und weitere Preise wurden über den Facebook-Account der Ösi-Borussen für einen guten Zweck versteigert. Mehrere tausend Euro kamen dabei zusammen und Joe Fritsche bedankte sich im Namen seines Vereins „Stunde des Herzens” für die großzügige Spende.
In den darauffolgenden Jahren wurden immer wieder neue Aktionen gestartet, um Menschen in Not zu unterstützen. „Bis dato haben wir schon mehr als 70.000 Euro zusammengebracht”, berichtet Sturn nicht ohne Stolz. Dahinter stecken unzählige ehrenamtliche Arbeitsstunden vieler Vereinsmitglieder. Der Großteil der Spendengelder konnte über Tombolas aufgetrieben werden. Für attraktive Preise wurden Firmen in der ganzen Region abgeklappert. „Dass wir Fußballnarren uns auch sozial engagieren, hat zunächst viele überrascht”, erinnert sich Sturn. „Die Bereitschaft der Vorarlberger Unternehmerinnen und Unternehmer, uns dabei zu unterstützen, hat uns aber von Anfang an überwältigt.” Inzwischen kennt man die Ösi-Borussen im ganzen Land als sozial enorm engagierten Verein.
Berechtigung für zwei Dauerkarten
Die Aktivitäten blieben auch den Fanbeauftragten in Dortmund nicht verborgen. 2022 wurde den Ösis das Recht zum Kauf von zwei Dauerkarten zugesprochen. „Das ist eine Ehre, die nicht jedem Fanclub zuteil wird”, erklärt Sturn. Dauerkarten sind rar, weil sie von ihren Besitzern innerhalb der Familie „vererbt” werden können. Kaum einmal werden daher neue Tickets frei.
Mit Überreichung dieser zwei Schätze wurde das soziale Engagement aber keineswegs zurückgefahren. Bei der jüngsten Nikolausfeier im vergangenen Dezember war man in Ludesch aktiv, Kinder wurden im vereinseigenen Bus vom Nikolaus persönlich empfangen und beschenkt. Die gute Stimmung sorgte nebenbei für einen guten Umsatz an den Verpflegungsständen im Ludescher Schulhof. Und es wurden wieder hunderte Lose zum Preis von je zehn Euro aufgelegt. Die Gewinne waren von der Helferschar liebevoll in Jutesäcke verpackt und so zusammengestellt worden, dass sie mindestens einen Wert von zwölf Euro hatten. Mehrere Hauptpreise im Wert von deutlich über tausend Euro waren ebenfalls zu gewinnen. In Summe konnten die ehrenamtlich engagierten Vereinsmitglieder mehr als 18.000 Euro erwirtschaften und einer vom Schicksal arg gebeutelten Hohenemser Familie übergeben. „Die tiefe und ehrliche Dankbarkeit der Menschen, die das Geld wirklich sehr gut brauchen können, ist für uns Helfer ein reicher Lohn”, so Sturn.
Für Aufsehen sorgen die Ösi-Borussen seit 2021 außerdem mit dem „eigenen” Clubbus, mit dem die Mitglieder zu den Matches fahren. Der 40-Plätzer gehört der Partnerfirma „Sunshine Tours” in Feldkirch, er wurde aber aufwändig und weithin sichtbar als „Ösi-Borussen-Fanbus” gestaltet. Bei der offiziellen Vorstellung des Prunkstückes am 28. März 2021 fungierte niemand geringerer als Neven Subotic als Taufpate: Der war zehn Jahre Stammspieler bei Dortmund, erzielte als Verteidiger 16 Tore und wurde mit dem BVB zweimal Meister – ehe er 2021 vor seinem Karriereende ein halbes Jahr für den (gelb-schwarzen!) SCR Altach spielte.
500.000 sahen die Jungfernfahrt des Ösi-Clubbusses
Um den Bus mit dem offiziellen BVB-Logo schmücken zu dürfen, musste das Gesamtprojekt bei der Borussia eingereicht werden. Die Dortmunder waren so beeindruckt, dass sie zur ersten Fahrt vom Ländle in das Westfalenstadion ein eigenes Videoteam mitschickten. Die filmische Dokumentation der Jungfernfahrt der „verrückten Ösi-Borussen aus Ludesch” wurde auf Facebook publiziert – und mehr als 500.000 Mal angeschaut!
Inzwischen sind dem rührigen Verein mehr als 300 Gleichgesinnte beigetreten und leisten dafür einen jährlichen Beitrag von 40 Euro. So konnte nicht nur die Gestaltung des Busses gestemmt werden. Inzwischen hat man im Vereinslokal des Hockeyvereins in Nüziders Unterschlupf gefunden und auch dort Zeit und Geld investiert: Zentrales Element ist – natürlich – ein riesiger Bildschirm. Auf diesem verfolgen die jeweils Daheimgebliebenen regelmäßig die Spiele ihres Clubs in der Bundesliga und bei internationalen Auftritten. Der Bus fährt nicht zu jedem Match. Weil erstens nicht immer Eintrittskarten zur Verfügung stehen, und weil sich auch nicht immer genügend Mitglieder die Zeit nehmen können. „Bis nach Dortmund sind es fast 700 Kilometer, für die Hin- und Rückfahrt sitzen wir 18 Stunden im Bus”, erklärt Johannes Sturn. Damit sich dieser Aufwand „rentiert”, sind die Fanfahrten immer auf drei Tage angesetzt – Abfahrt am Freitag in der Früh, Ankunft am Sonntag spätabends. Im Reisepreis von ca. 350 Euro sind Eintrittskarten, Hin- und Rückfahrt, Stadtrundfahrt und der Aufenthalt in einem Vier-Sterne Hotel mit Frühstück enthalten. Man kennt natürlich inzwischen einige interessante Lokalitäten, die immer gerne besucht werden. Zum Beispiel das „Lütge-Eck”, ein Bierlokal vom Feinsten, in dem die Ösi-Borussen als Quasi-Stammgäste immer herzlich empfangen und reichlich bedient werden.
Die Gespräche drehen sich dort an Wochenenden – wie in allen Kneipen in Dortmund – ausschließlich um den Fußball. Über die Jahre wurden in Lütges Eck schon manche Freundwschaften geschlossen – übrigens auch mit den Fans anderer Vereine. „Zwischen denen vom FC Köln und unseren Borussen besteht traditionell ein sehr gutes Verhältnis”, so Sturn. Anders schaut es mit dem „Reviergegner” Schalke 04 aus: Bei Derbys dieser beiden Mannschaften, die schon acht (BVB) beziehungsweise sieben Mal (Schalke) die Deutsche Fußballmeisterschaft gewonnen haben, fliegen regelmäßig „die Fetzen”. Nachdem Schalke 04 aber im Vorjahr wieder in die 2. Liga abgestiegen ist, sind diese brisanten Spiele heuer und vermutlich auch im kommenden Jahr (Schalke gurkt derzeit sogar rund um den Abstiegsplatz herum) kein Thema.
Vorstandsmitglieder der „Ösi Borussen 1909”: Johannes Sturn, Schriftführer Dr. Marcel Buchmüller, Jerome Bachmann Kassier: Edgar Loretz Beiräte: Gerhard Mock, Manuel Rinderer, Gerhard Klein Kontakt über www.oesi-borussen-1909.at