„Mischt euch ein, fragt nach, kämpft für eure Überzeugungen, gestaltet eure Zukunft selbst! – Dieser Appell war im Bludenzer Gymnasium von allen Parteien zu hören. Im „Frageraum Politik” des aha begegneten sich Jugendliche und Politiker kurz nach der Nationalratswahl auf du und du.
FOTOS: TM-HECHENBERGER
Wenn wir das vor der Wahl gewusst hätten: Nina Tomaselli hat Titanic fünf Mal im Kino gesehen und immer geweint, Daniel Allgäuer mit 16 Jahren Vaters Auto schrottreif gefahren. Gerald Loacker ist ein absoluter Fan von Marcel Hirscher, Michael Ritsch hat früher Altblockflöte gespielt und Christian Gantner würde sich als „Batman” sehen, wenn er einen Superhelden aussuchen sollte. „Des isch doch der Schwarze gsi.” – Solche und andere Details gaben Vorarlberger Landes- und Nationalratsabgeordnete aller Couleur kürzlich im Gymnasium Bludenz preis. Beim „Frageraum Politik”, den die Jugendinformationsstelle aha im ganzen Land organisiert, fordern die Jugendlichen ihre Kandidaten regelmäßig mit Word-Rap und sehr persönlichen Fragerunden heraus. Doch zuvor wird in kleinerer Runde ernsthaft diskutiert. Jeweils zwanzig Minuten lang stellen sich die Politiker einzeln den Fragen.
Cannabis-Legalisierung, Homo-Ehe, Rauchen ab 18 sowie Bildung, Flüchtlings-politik und Umweltschutz gehören verlässlich zum Themenkatalog, den die Jugendlichen selbst zusammenstellen.
Am 24. Oktober zeigte sich aber, dass die Bludenzer Gymnasiasten auch die Nationalratswahl mit einigem Interesse verfolgt hatten – obwohl die meisten Fragerunde-Teilnehmer 14 oder 15 Jahre alt und damit nicht wahlberechtigt waren. Die Landespolitiker taten denn auch ihre persönliche Einschätzung kund. Auf die Frage „Was sagen Sie dazu, dass die Grünen nicht mehr im Nationalrat sind”, gab etwa Gerald Loacker offen zu, dass er es sehr bedaure, dass Vorarlberg mit Harald Walser einen sehr fleißigen Abgeordneten verliere – „auch wenn ich meist nicht seiner Meinung bin.” Michael Ritsch befürchtete eine innerparteiliche Zerreißprobe, falls sich die SPÖ-Parteispitze für eine rot-blaue Koalition stark mache.
Seit 2009 organisiert das Jugendinformationszentrum aha solche Frageräume. Jugendliche sollen so einen Zugang zu den Entscheidungsträgern finden, sich selbst eine Meinung bilden können, wem sie die Entscheidungen über ihre Zukunft anvertrauen möchten. Das Feedback auf diese Veranstaltung – von den Jugendlichen ebenso wie von den teilnehmenden Politikern – ist durchwegs positiv. „Diese Veranstaltung ist super,” lobte etwa der 14jährige Mehmet. „Ich bin komplett positiv überrascht von den Politikern, ich hätte sie mir ganz anders vorgestellt. Aber alle sind total cool und nett!” Die gleichaltrige Sinem war überrascht, dass viele Politiker sich für die Gesamtschule aussprachen. „Außerdem habe ich wieder gemerkt, wie wichtig es ist, wählen zu gehen”, merkte Hannah an. Während vor Beginn der Veranstaltung 36 der insgesamt 80 Schüler angaben, dass sie sich politisch informiert fühlen, verbesserte sich dieser Wert im Laufe des Nachmittags um immerhin zwanzig zusätzliche Ja-Stimmen.