Am Bassighof

Haus- und Käswürste, Wienerle, Schüblinge, Knabanossi, Leberkäse, Haussulz und Naturwurst „wie früher” – Das sind Spezialitäten des Bassighof in Dünserberg. Ihre Kunden finden den Bio-Betrieb durch Mundpropaganda, per Handy-App und – seit 1. August – regelmäßig auf dem Markt in Bludenz. 

FOTOS: TM-HECHENBERGER, PRIVAT

„So lange sie da sind, sollen es die Tiere bei uns gut haben.”

„Wenn ich sagen würde, wir haben immer alles, dann wäre das gelogen”, lacht Walter Sohm und zeigt gleichzeitig auf eine beträchtliche Auswahl im Kühlraum. Als der gebürtige Altacher 1989 mit seiner Frau Margit den landwirtschaftlichen Betrieb ihrer Eltern übernahm, betreuten die beiden anfangs fünf Milchkühe sowie ein paar Rinder und Schweine im Nebenerwerb. Der gelernte Metzger arbeitete damals unter anderem bei der Post. Doch seit 2004 hat er sich ganz der Landwirtschaft verschrieben – zumal Sohn Christian in die Fußstapfen seines Vaters gestiegen und inzwischen ausgebildeter Landwirt und Metzgermeister ist. 

Alle helfen mit

Mit vereinten Kräften bewirtschaften die drei eine Fläche von 22 Hektar – zum Teil steile Hänge – in Dünserberg, Düns  und Schnifis. Sie sind froh, dass im Rahmen der walgauweiten Aktion „Heugabel” immer wieder freiwillige Helfer bei der Heuernte mit anpacken, dass Tochter Michaela und ihr Freund Thomas sowie Christians Freundin Elisabeth und andere Verwandte zur Stelle sind, wenn eine helfende Hand gebraucht wird. Seit fast dreißig Jahren wird am Bassighof nach biologischen Grundsätzen gewirtschaftet. Nur die Wurstwaren werden konventionell hergestellt. Für sie muss ab und zu anderes Fleisch zugekauft werden. Aber auch da schauen die Sohms, dass sie Lieferanten aus der Nachbarschaft haben, denen sie in Sachen Qualität hundertprozentig vertrauen. 

Die 22 Milchkühe sind über den Sommer auf der Alm. „Wegen Christian haben wir  Fleckvieh angeschafft”, erzählt Walter Sohm. Der Sohn hatte nämlich an der Landwirtschaftsschule von dieser Rasse erfahren, die nicht nur Milch gibt, sondern auch ausgezeichnetes Fleisch liefert. „Die ersten zwei Kälbchen habe ich von meinem Taschengeld selbst angeschafft”, ergänzt Christian Sohm. „Alma” wurde dann zur Zucht­kuh auserkoren. „Die konnte ich nicht schlachten lassen.” Dabei lebt der Bassighof vor allem von der Fleischproduktion. Aber: „Solange sie bei uns leben, sollen es die Tiere gut haben”, ist sich Familie Sohm einig. „Und das andere gehört halt auch dazu.”

Alte Rassen und Wurstrezepte

Rinder und Ochsen werden am Bassighof frühestens nach zwei Jahren zum Schlacht­hof geführt. „Ein Franzose würde niemals das Fleisch von Tieren essen, die nicht mindestens drei Jahre alt sind”, sieht sich Walter Sohm als Feinschmecker bestätigt.

Heuer bewohnen über den Sommer erstmals 25 Puten den Kuhstall. Drei Muttersauen sorgen außerdem regelmäßig für Schweine-Nachwuchs. Im Gegensatz zu den übrigen Vorarlberger Schweinemast-Betrieben werden die männlichen Ferkel am Bassighof nicht kastriert. Mit dem befürchteten Eber-Geruch hatten die Sohms bisher keine Probleme. Im fünf Wochen-Rhythmus ziehen 200 niedliche Küken in die Stallungen ein – französische Wildhühner, die ebenfalls wegen ihres guten Fleisches geschätzt sind. Die wachsen langsamer als die Artgenossen anderer Rassen. Die Hühner erhalten Biomastfutter und suchen sich sonstige Leckerbissen selbst in ihrer Umgebung. „Diesen Unterschied schmeckt man später”, sind sich alle Mitglieder der Familie Sohm einig. 

Obwohl Vater und Sohn beide ausgebildete Metzger sind, dürfen sie nur Hühner direkt am Hof schlachten. Rinder, Schweine und Kälber werden zur Metzgerei Gstach nach Brederis gebracht, das Fleisch wird dann aber am Bassighof verarbeitet. Damit alle hygienischen Vorgaben eingehalten sind und die Kühlkette nicht unterbrochen ist, haben die Sohms einen Kühlwagen angeschafft und extra einen Kühlraum gebaut. Rund hundert Kunden werden regelmäßig per E-Mail informiert, wenn es etwa im Herbst frische Blut- und Leberwurst, eine schmackhafte Natursulz – wie früher ohne Aspik – oder das ganze Jahr über verschiedenste Fleischpakete und rund zwanzig verschiedene Wurstsorten gibt. Auf Bestellung bereiten Walter und Christian Sohm auch Leberkäse vor. Die beiden haben drei Sorten im Programm – scharf, normal und mit Käse. 

Direktverkauf per Handy-App

Seit einiger Zeit stellt Christian Sohm die vorrätigen Produkte regelmäßig unter direkt-regional ein (siehe unten). „Bei der letzten Schlachtung waren einige neue Kunden dabei”, vermutet er, dass die Handy-App des Bludenzer Unternehmers Gerhard Eller dem Bassighof bereits neue Kontakte eingebracht hat. 

Der Familienbetrieb setzt in Sachen Direktvermarktung aber nicht nur auf technische Möglichkeiten. Die Sohms gehen auch den direkten Weg. Im Frühjahr haben sie einen Verkaufswagen angeschafft, mit dem sie nun seit 1. August jeden Samstag auf dem Markt in Bludenz präsent sind. Weil im Wagen nur begrenzt Platz ist,  können Margit, Walter und Christian Sohm zwar nicht alle ihre Produkte mitnehmen. Aber „ma redt mitnand”, wollen sie sich auf die Nachfrage der Marktbesucher einstellen.

Mag. (FH) Gerhard Eller hat einen Master in „Supply Chain Management”, aber auch seit seiner frühesten Kindheit einen engen Bezug zur Landwirtschaft. „Meine Großeltern waren Gemüsebauern und mein Onkel hatte eine klassische Landwirtschaft in Bludesch. In beiden Betrieben habe ich immer gerne mitgeholfen.” 

 

Zahlreiche Anbieter aus der Region stellen ihre Produkte bereits unter direkt-regional ein. Die Handy-App kann im App-Store und im Google Playstore kostenfrei heruntergeladen werden.

So kommt es nicht von ungefähr, dass der Bludenzer vor ein paar Jahren die Idee entwickelte, Landwirte und Konsumenten durch eine einfache Web-Lösung zusammenzubringen. Mit den Bludenzer Online-Experten von „echtnichtschlecht” setzte er eine innovative Handy-App um, auf der die Nutzer nicht nur nach Produkten, sondern auch gezielt nach Produzenten in ihrer Nähe suchen und diese dann kontaktieren können. Zurzeit bieten 130 Produzenten rund 400 Produkte auf der Plattform direkt-regional an. Das Angebot reicht von Lippenbalsam aus Bienenwachs direkt vom Imker über Holunderblütensirup, Schnäpse, Käse, Milchprodukte bis hin zu Obst und Gemüse. 40 bis hundert Zugriffe täglich bezeugen, dass das Angebot bei den Konsumenten ankommt. Allerdings ist Gerhard Eller bewusst: „Diese Info-Plattform ist nur so gut, wie sie von beiden Seiten genutzt wird.” Er hofft deshalb, dass langfristig noch viel mehr Produzenten und Konsumenten von dieser Möglichkeit Gebrauch machen. 

Finanziert hat er dieses Projekt, für das er übrigens mit dem  Nachhaltigkeitspreis ausgezeichnet wurde, über Crowdfunding. Die Nutzung ist zurzeit noch für beide Seiten gratis. Langfristig wird Gerhard Eller für die Bewerbung und Pflege der Plattform einen kleinen Beitrag von den Produzenten einfordern. „Ich bin kein Händler”, will er sein „Herzensprojekt” aber nicht über Umsatzbeteiligungen finanzieren. Er denkt eher an einen Werbebeitrag in der Höhe von einem Euro pro Tag und zusätzliche Werbepakete mit Fotos und Videos vom Hof, Verknüpfung der „direkt-regional-Infos” mit der Firmenhomepage beziehungsweise Einspeisung in die Social-Media-Kanäle. 

Gerhard Eller zu Besuch am Bassighof. Der Unternehmersucht regelmäßig den Kontakt zu den Lieferanten, welche seine Handy-App nutzen.

Kleine Produzenten sollen aber auf jeden Fall immer die Möglichkeit haben, zumindest zwei Produkte gratis einzustellen. Ihm geht es vor allem darum, dass direkt-regional möglichst viele Menschen zusammenbringt. „Je mehr mitmachen, umso besser”, hofft er, dass die Produzenten den Konkurrenzgedanken beiseite schieben können.

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