1950 war für Volkswagen ein bedeutendes Jahr. Der „Typ 2 T1“ lief in Wolfsburg erstmals vom Förderband und wurde als VW-Bus („Bulli“) zum Welterfolg. Und in Nüziders gründete der damals 34-jährige Kfz-Mechanikermeister Rudi Lins seine eigene Werkstatt. Heute, 75 Jahre nach der Werkstattgründung, ist sein Enkel Mag. Rudi Lins Chef des größten Autohauses Vorarlbergs.
FOTOS: TM-HECHENBERGER, AUTOHAUS LINS
Firmengründer Rudi Lins hatte bei der Auto- und Motorradwerkstätte Baumgartner in Nenzing seine Lehre gemacht und die Ausbildung zum Kfz-Mechaniker mit dem Meisterbrief abgeschlossen. Im Alter von 34 Jahren gründete er mit seiner Frau Sofie eine eigene Kfz-Werkstatt. Das war damals durchaus mutig: In ganz Vorarlberg gab es genau 1.970 Autos. Wie viele der Autobesitzer in Nüziders und Umgebung wohnten, ist nicht bekannt. Es war Nachkriegszeit und ein Auto – nicht einmal einen VW Käfer – konnte sich noch lange nicht jeder leisten. Aber die „Wirtschaftswunderjahre“ standen quasi vor der Tür: Im Jahr 1960 gab es im Ländle bereits 12.420 Automobile.
Immer mehr Vorarlberger wollten ein Auto, das blieb Rudi und Sofie Lins nicht verborgen. Sie tauschten deshalb den Werkstatt-Vertrag mit VW gegen einen Händler-Vertrag mit VW. „Die wichtigste Entscheidung in der Firmengeschichte“, erklärte viele Jahre später ihr Sohn. Mit dem VW-Händlervertrag verbunden war im Jahr 1960 aber auch die Notwendigkeit, neue, schöne Schauräume zu schaffen. Dafür wurde ein gänzlich neues Firmengebäude errichtet, in dem auch eine großzügige und modern ausgestattete Werkstätte realisiert werden konnte. Mit dieser Investition bewiesen die Firmengründer abermals unternehmerische Weitsicht. Wurden zwischen 1950 und 1960 im Land pro Jahr knapp tausend Autos verkauft, so waren es in den 60er-Jahren schon 2.860 und in den 70er-Jahren bereits 4.500. Und VW (zu Beginn mit dem Käfer für Normalbürger, dem Bulli als „Pritsche“ für Handwerker und dem „Samba“-Bulli für Hippies) war damals die meistgekaufte Automarke. Diese Position behielt VW auch in den Folgejahrzehnten (Golf sei Dank!) und bis heute.
Erste Filialen ab 1967
Bei Lins in Nüziders ging es mutig weiter. 1967 wurde eine Filiale in Schruns errichtet, um mit Verkauf und Servicewerkstätte näher bei den Montafoner VW-Kunden zu sein. Ab 1970 wurden dort zudem Wagen der Marke Audi verkauft und serviciert. In Nüziders war Audi damals noch kein Thema, sehr wohl aber Porsche: In den 60er-Jahren hatte die Familie eine Verkaufs- und Kundendienstvertretung übernommen und konnte interessierten Kunden bald einen „Ur-Porsche“ 356S als Vorführwagen präsentieren. Allerdings nur, wenn nicht gerade der junge Rudi Lins damit unterwegs war und dabei seine Liebe zum Motorsport entdeckte. Als Porsche-Werksfahrer bestritt er später Rennen und wurde – unter anderem – gemeinsam mit dem heutigen RedBull Motorsport-Chef Dr. Helmut Marko 1970 Klassensieger und Gesamtdritter beim 24 Stunden-Klassiker in Le Mans. Im gleichen Jahr kam sein Sohn Rudi jun. zur Welt. Ein Jahr später gab er die Rennfahrerei auf und widmete sich mehr dem elterlichen Autohaus, das er gemeinsam mit den Seniorchefs und seinem Bruder Fritz weiterentwickelte.
Dass man 1972 einen exklusiven Landes-Händlervertrag für Porsche in Nüziders erhielt, war sicher auch seinem erfolgreichen Wirken als Rennfahrer zu verdanken. 1992 übergaben Rudi und Sofie Lins ihr Werk in die Hände der Söhne Rudi sen. und Fritz. Und im selben Jahr wurde auch die VW-Tochter Seat in die „Autofamilie Lins“ aufgenommen.
Rudi Lins jun., der mit der Familie bis zu Beginn seiner Schulzeit im Obergeschoss der Firmenzentrale wohnte und somit quasi direkt im Autohaus aufwuchs, hatte schon dadurch natürlich von Klein auf einen besonderen Bezug zum Thema Auto.
Herausforderungen nach dem Studium
„Ich habe den Mechanikern immer gerne zugeschaut und großen Respekt vor deren Arbeit unserer Mechaniker. Vielleicht gerade deswegen, weil ich selber nicht mit so einem handwerklichen Talent gesegnet bin.“ Folgerichtig konzentrierte er sich auf die schulische Ausbildung und studierte nach der Matura in Bludenz an der Wirtschaftsuni in Wien Betriebswirtschaft. Nach erfolgreichem Abschluss des Studiums arbeitete er als Uni-Assistent, später im Produktmanagement bei internationalen Konzernen wie Bahlsen und Nestle. „Ich fühlte mich wohl in Wien, das waren schöne Jahre“, erinnert er sich. 2005 kehrte Mag. Rudi Lins jun. aber zurück und arbeitete sich im Familienbetrieb ein, führte ihn lange gemeinsam mit seinem Vater.
Als Rudi Lins sen. 2016 in den verdienten Ruhestand wechselte, übernahm Rudi Lins jun. die alleinige Geschäftsführung und damit auch die Verantwortung für 65 MitarbeiterInnen. Und diese nahm er mit einer Expansionsstrategie wahr. „Als Markenhändler musst du eine gewisse Größe haben“, ist der Betriebswirtschafter und Branchenintimus Rudi Lins überzeugt. Er errichtete in Rankweil ein neues Zentrum für Porsche, Seat und Cupra und tätigte dafür mit 13 Millionen Euro die größte Investition in der Firmengeschichte. Kaum war dieser Bau fertiggestellt, ergaben sich durch den Rückzug des Autohändlers „Porsche Inter Auto“ aus Vorarlberg weitere Wachstums-Möglichkeiten: Am 10. Jänner 2022 wurden die Autohäuser Porsche Dornbirn und Porsche Bregenz übernommen. Inzwischen arbeiten bereits 220 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Verkauf und Service der Premiummarken VW, Audi, Seat, Porsche, Cupra und Skoda für die Lins-Autohäuser in Nüziders, Schruns, Rankweil, Dornbirn und Bregenz.
Die 1950 gegründete KfZ-Werkstätte ist damit in den vergangenen 75 Jahren zum größten Autohaus Vorarlbergs gewachsen. Wichtig ist Rudi Lins jun. die Feststellung, dass dieses Wachstum zu keiner Zeit durch aggressive Methoden auf Kosten von Mitbewerbern realisiert wurde. „Mein Großvater, mein Onkel und mein Vater haben viel gearbeitet und ihre Chancen gesehen. Immer getragen von fleißigen und loyalen MitarbeiterInnen haben sie auch mutig investiert und waren damit erfolgreich“, analysiert er. Dass auch er diesen Weg des fairen Wettbewerbes geht, wird wohl durch die Tatsache bestätigt, dass er sich seit September 2018 als Fachgruppenobmann der Sparte Fahrzeughandel in der Vorarlberger Wirtschaftskammer als erster Interessensvertreter für seine Kollegen in dieser wirtschaftlich bedeutenden Branche engagiert.