Eidechse: Wie aus einer anderen Zeit

Eidechsen sind Überlebenskünstler. Mit gefinkelten Strategien sichern sie ihren Nachwuchs und täuschen sie ihre Feinde. Die verschiedenen Arten machen sich aber auch untereinander Konkurrenz.

FOTOS: GERALD SUTTER, TM-HECHENBERGER

In Vorarlberg leben drei verschiedene Arten. Während Mauereidechsen ausschließlich die Magerwiesen, Mauern und Trocken­stand­orte im Tal bevölkern, wagt sich die Zaun­eidechse bis in mittlere Lagen von etwa tausend Metern vor. Die Wald-, Berg- oder Mooreidechse sucht sich feuchtere Lebensräume im Tal und bis zu einer Höhe von mehr als 2000 Metern. Mauer- und Zauneidechse stehen über die Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie europaweit unter Schutz. Genau genommen ist die Mauereidechse allerdings ein Zuzügler. „Sie hat sich ab den 1990er-Jahren über den Raum Feldkirch entlang der Bahnlinie und der Hochwasserdämme im ganzen Talraum ausgebreitet”, weiß Mag. Markus Grabher. Der Diplom-Biologe hat erst kürzlich im Auftrag der Inatura eine Rote Liste der heimischen Reptilien und Amphibien erstellt. 

Markus Grabher aus Hard hat an der Uni Innsbruck Zoologie und Botanik studiert. Das von ihm gegründete Umweltbüro Grabher verfasst seit 1988 im Auftrag verschiedenster Institutionen Expertisen zu ökologischen Themen. Erst kürzlich hat der Diplom-Biologe den Amphibien- und Reptilien-Bestand im Land wissenschaftlich erfasst.

Genetische Untersuchungen beweisen, dass die Einwanderer hierzulande ursprünglich vor allem in Italien lebten. „Die Mauereidechsen in Ostdeutschland stammen hingegen aus den wenigen Ländern, welche die damaligen DDR-Bürger einst besuchen durften”, erklärt Markus Grabher. Die Vermutung, dass sie hier wie dort von Urlaubern verschleppt wurden, welche die Echse als Souvenir fürs Terrarium mitgebracht hatten, liegt deshalb nahe. Es könnte aber auch sein, dass die Eidechseneier in der Erde von Topfpflanzen mitreisten. 

Sicher ist jedenfalls, dass es Mauereidechsen hierzulande behagt. Nach und nach haben sie nämlich begonnen, die etwas bedächtigeren Verwandten zu verdrängen. Sie sind flinker als die bei uns schon länger sesshaften Zauneidechsen und deshalb die erfolgreicheren Jäger. Außerdem schaffen sie es mühelos, senkrechte Felswände und Mauern hochzuklettern. Obwohl sie sehr wärmeliebend sind, erwachen sie gut einen Monat vor den Zauneidechsen aus ihrer Winterstarre und sichern sich damit ihren Lebensraum. Sie sind von Februar bis Oktober aktiv, während sich Zauneidechsen bereits im September wieder in ihre Winterquartiere zurückziehen. Ins Gewicht fällt außerdem, dass die Zuzügler nicht davor zurückschrecken, den Nachwuchs der Verwandtschaft zu verspeisen.

Allen drei Eidechsenarten droht Gefahr von Greifvögeln, ihr größter Feind ist aber Nachbars Mieze. Um diese Jäger abzuwehren, greifen die Echsen zu einem verblüffenden Trick: Sie sind nämlich in der Lage, Teile ihres Schwanzes an einer Soll-Bruchstelle zwischen zwei Wirbeln abzuwerfen, indem sie die Muskeln anspannen. Das zuckende Schwanzende lenkt die Jäger ab, sodass die Echse selbst entkommen kann. Der Schwanz wächst später von selbst wieder nach. Die Ersatz-Schwanzspitze ist nur etwas kürzer und anders gefärbt. 

In der Regel vergraben Eidechsen ihre Eier nach der Paarung an einer geeigneten Stelle und überlassen es der Sonne, diese auszubrüten. Das Muttertier der Bergeidechse, die ja in kälteren Gefilden überleben kann, behält die Eier nach der Paarung jedoch zwei Monate lang in sich, bis die Jungen schlüpfen. Das wechselwarme Tier sucht immer wieder ein sonnigeres Plätzchen auf, wenn die Temperatur am aktuellen Standort sinkt. Die zwei bis zwölf Jungen sind bei der Geburt in eine dünne Eihaut gehüllt. Sobald sie sich aus diesem Kokon befreit haben, sind sie auf sich selbst gestellt. Erst nach zwei Jahren sind die Jungtiere dann geschlechtsreif. 

Wer im Walgau Bergeidechsen beobachten möchte, schaut sich am besten in strukturreichen Alpweiden oder in Feuchtgebieten nach ihr um. Die Felsenau ist der Lebensraum der Mauereidechse. „Bei geeigneter Witterung stolpert man fast über sie”, lacht Mag. Grabher. Auch auf dem Frastanzer Stutzberg fühlt sich diese feuchtigkeitsliebende Art wohl, während die Zauneidechse etwa auf den Magerwiesen in Düns und Bludesch zuhause ist. Der Experte warnt aber davor, die Tiere einzufangen. „Sie sind streng geschützt, und es besteht die Gefahr, sie zu verletzen.” Wer aber möchte, dass Eidechsen von selbst zu ihm finden, sollte im Garten Totholz liegenlassen und nicht allzu penibel aufräumen.


EIDECHSE (LACERTIDAE)

Gut getarnte Mauereidechse.

Eidechsen kommen in ganz Europa, Afrika sowie in Vorder- und Südostasien vor. Die heimischen Arten werden bis zu 24 Zentimeter groß, der Schwanz kann bis zu zwei Drittel zur gesamten Körperlänge beitragen. Eidechsen ernähren sich von Insekten, Spinnen und Regenwürmern. Vor allem während des Wachstums sprengen die Tiere häufig ihren Schuppenpanzer, wenn er zu eng wird, um sich zu häuten. 

 

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