Ein Museum für die Honigbiene

Edith Berchtold ist eine Kämpferin. Als ihr Mann vor dreißig Jahren verstarb, führte sie den landwirtschaftlichen Betrieb in Nenzing-Beschling alleine weiter, kümmerte sich um die drei Kinder und den Pflegesohn sowie bis zu 76 Bienenvölker. Von harter Arbeit, Krankheiten und anderem Unbill ließ sie sich nie unterkriegen. Heute kämpft sie vor allem für die Bienen. Seit 13 Jahren sammelt sie in ihrem privaten Bienenmuseum alles, was mit der Imkerei zu tun hat.

FOTOS: TM-HECHENBERGER

Edith Berchtold weiß genau, was zu tun ist, wenn eine Faulbrut das Bienenvolk gefährdet, die Varroa-Milbe im Anmarsch ist oder eine Königin mit dem Schwarm das Weite suchen will. Schon als Kind hat sie im Bienenhaus mitgeholfen, wenn sie bei der Tante in Ludesch zu Besuch war. „I hon immer gern gschaffat”, erzählt sie, und man glaubt es ihr. Die Eltern haben das Mädchen wohl auch alles ausprobieren lassen. „Meine Mutter war Köchin in Rom, Genua und Bregenz. Ich hatte echtes Puppengeschirr aus Email, mit dem ich auf unserem Holzherd richtig kochen konnte”, erinnert sie sich gerne an ihre Kindheit in Nenzing-Latz. Wenn auf dem Hof geschlachtet wurde, gaben ihr die Eltern einen Teil des Fettes ab, damit sie es selbst auslassen konnte. Sogar eine eigene Nussmühle gehörte zu den Schätzen des kleinen Mädchens. Diese vielfältigen Erfahrungen kamen ihr wohl zugute, als sie im Alter von zehn Jahren kurzfristig den Haushalt übernehmen musste, weil die Mutter als Folge eines Hirnschlags ein halbes Jahr lang außer Gefecht war. „Ich habe gekocht, meine fünfjährige Schwester versorgt, ohne Waschmaschine die Wäsche gemacht und die Holzböden jede Woche einmal geschrubbt”, erinnert sie sich bis heute. Auch bei den Verwandten in Ludesch packte sie gerne an, wenn es in der Küche, im Feld oder im Bienenhaus etwas zu tun gab. DieTante und ihr Nachbar Klemens Fetzel nahmen die Kleine unter ihre Fittiche, brachten ihr bei, was beim Umgang mit Bienen zu beachten war. Mit knapp 16 Jahren lernte Edith dann ihren späteren Mann Alois Berchtold kennen, der ebenfalls ein begeisterter Imker war. Unter anderem war er später ein Pionier der Königinnenzucht und baute 1953 die Belegstelle im Gamperdonatal auf.

Als die Vorfahren Alois Berchtolds im 19. Jahrhundert das Anwesen in Beschling erwarben, stand bereits ein kleines Bienenhaus auf dem Gelände. „Meine Schwiegermutter Katharina wurde dann mit 36 Jahren Witwe, die Imkerei hat sie aber nicht aufgegeben”, berichtet Edith Berchtold. Im Gegenteil: Die Schwiegermutter baute 1938 erst ein kleineres geschindeltes Bienenhaus und vergrößerte dieses auf das Doppelte, als der Honig-Ertrag 1945 besonders üppig ausfiel. Sogar ein kleiner Turm ziert das heutige Bienen-Museum. 

Die Schwiegermutter war dann auch Edith Berchtolds Vorbild, als sie Jahrzehnte später dasselbe Schicksal ereilte, sie ebenfalls 36jährig ihren Mann verlor. 

„Ich hatte drei kleine Kinder, eine Landwirtschaft mit 15 Stück Vieh und wahrlich genug Arbeit, als mein Mann starb”, erzählt sie. Doch in Erinnerung daran, was das Bienenhaus ihrer Schwiegermutter bedeutet hatte, brachte sie es nicht übers Herz, dieses verfallen zu lassen. Bis zu 76 Bienenvölker hat Edith Berchtold in den folgenden Jahren betreut. „Es hat aber 30 Jahre gedauert, bis ich das erste Mal gehört habe, wie sich eine neue Königin ankündigt,” erinnert sie sich gerne an dieses besondere Erlebnis. Bevor eine neue Königin schlüpft, vergewissert sie sich nämlich mit Geräuschen, dass die alte Königin nun mit einem Teil des Volks den Stock verlässt. Mit großer Begeisterung hat Edith Berchtold immer die Vorgänge im Bienenstock verfolgt.

Als streitbare Obfrau des Beschlinger Imkervereins setzte sie sich aber auch in überregionalen Gremien dafür ein, dass der Lebensraum der Honigproduzenten nicht durch Gifte oder zu häufiges Mähen der Wiesen bedroht wird. „Ich habe ja früher auch nicht gewusst, dass die Kreislermähmaschinen für die Bienen so gefährlich sind”, gibt sie gerne zu. Sie hat einst selbst ein solches Gerät gekauft – ein gebrauchtes, um sich die Arbeit auf dem Feld zu erleichtern. Heute ist es ihr ein wichtiges Anliegen, auf diese Gefahr für die Bienen aufmerksam zu machen. Denn Statistiken belegen, dass rund 24.000 Bienen pro Hektar sterben, wenn die Landwirte Geräte einsetzen, welche das Gras nach dem Schnitt knicken oder quetschen, damit es schneller trocknet. Wenn alle gleichzeitig mähen, fehlt den Bienen zudem plötzlich sämtliches Nahrungsangebot. Edith Berchtold kommt ordentlich in Fahrt, wenn sie sich über diese Gefahr, aber auch über die Bedeutung der Bienen für Mensch und Tier auslässt. 

Trotz ihrer Liebe zur Imkerei hat sie im Jahr 2004 ihre damals 50 Bienenstöcke verschenkt.

Ihr jüngster Sohn war dermaßen allergisch gegen das Bienengift, dass alle Versuche einer Desensibilisierung versagten. Als er einen weiteren allergischen Schock erlitt, trennte sie sich schweren Herzens von ihren Bienen. „Der Seuchenwart unseres Bienenzuchtvereins hat sie alle kontrolliert und konnte kaum glauben, dass kein einziger mit Varroa befallen war,” ist die Beschlingerin stolz auf ihr Können als erfahrene Imkerin.


Die Idee, das Bienenhaus zu einem Museum umzufunktionieren, wurde anfangs von manchen belächelt. Doch Edith Berchtold ließ nicht locker, sprach bei der Bank um einen Kredit und bei den zuständigen Stellen im Landhaus um eine Förderung vor. Mit Unterstützung eines anderen Imkers ließ sie Schautafeln produzieren, ein Aufruf in der Tauschbörse von Radio Vorarlberg brachte ihr so manches Ausstellungsstück ein, das sie nun mit viel Freude und Begeisterung vorzeigt. „I hon immer scho a Og ka uf alte Sacha”, freut sich Edith Berchtold, dass sie diese  Leidenschaft nun ausleben kann. Vor 13 Jahren feierte sie die Eröffnung ihres kleinen Museums mitten in ihrem Garten voller Blumen, beschattet von zwei Linden, die sie extra gepflanzt hat, damit ihre Bienen auch dann Futterpflanzen zur Verfügung haben, wenn die Wiesen rundum gemäht sind. Im Frühjahr und Sommer kommen vor allem Schulklassen, Jugendgruppen und Ausflügler zu ihr in den Immenhof

Besucher sind im Bienenmuseum in der Dorfstraße 5 in Nenzing-Beschling noch bis Ende September jeden Freitag von 16 bis 19 Uhr herzlich willkommen. Gruppen können telefonisch unter Tel. 0650 4722098 einen Termin vereinbaren.

Weitere Einblicke:www.rtv-vorarlberg.at/sendungen/detail/bienenmuseum-beschling

 

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