Kreatives Energiebündel

„Ich muss am Abend einfach sehen, was ich geleistet habe”, strahlt Theresa Linher. Die gelernte Raumausstatterin ist glücklich, wenn sie etwa einen Stuhl neu bezogen hat. Und in ihrer Freizeit fertigt sie schmucke Taschen für beinahe jeden Zweck.

FOTOS: TM-HECHENBERGER, PRIVAT

Tagsüber arbeitet Theresa Linher als Raumaus­statterin, speziell das Polstern unterschiedlichster Möbelstücke macht ihr viel Freude. Nach der Lehre bei der Firma Tschofen in Bludenz absolvierte sie zusätzlich noch eine Ausbildung zur Einrichtungsberate­rin. Doch sie erkannte bald, dass ihr die vielfältigen Herausforderungen als Raumausstatterin besonders liegen. Diese findet sie aktuell tagtäglich bei der Firma Tschann Wohnambiente in Thüringen. 

Abends und an den Wochenenden rattert dann die Nähmaschine. In der kleinen Werkecke, die sie sich in ihrem Zimmer in der elterlichen Wohnung eingerichtet hat, entstehen übers Jahr 200 bis 300 Taschen in verschiedensten Formaten. Aktuell hat die Bludenzerin 25 verschiedene Modelle im Programm. Weil sie aber laufend neue Stoffe, Kunstleder und andere Materialien kombiniert, fertigt sie individuelle Ein­zel­stücke, die sie gerne auch ganz auf die Vorlieben ihrer Kunden abstimmt. „Indivisew” nennt sie denn auch ihr selbst kreiertes Label. Letzten Herbst ist die Kreative von Mamas Haushaltsmaschine auf ein Modell für die industrielle Produktion umgestiegen. Seither schafft sie je nach Modell zwei bis drei Taschen pro Abend. Dann muss aber vorab alles bereits zugeschnitten und fixfertig vorbereitet sein.

Ihre Rucksäcke, Wickeltaschen, Kosmetikbeutel, Mutter-Kind-Pass- und Reisepasshüllen, Lunchbags, Geldbörsen, Federmäppchen, Einkaufs–, Umhänge–, Bauch- und Abendtaschen fnden über Social Media-Kanäle und die Märkte in der Region begeisterte Abnehmer. Dafür gibt es gute Gründe: Denn Theresa Linher produziert nicht nur optische Hingu­cker. Die 25-Jährige legt außerdem viel Wert auf eine hochwertige Verarbeitung und praktische Details. So wählt sie etwa abwaschbares Wachstuch für das Innenfutter ihrer Kosmetikbeutel. Das Innenleben ihrer Taschen und Rucksäcke glänzt mit Handyfach, Schlüsselring und Reißverschluss-Täschchen für Kleinkram. Wer die Handtasche für die Party „pimpen” möchte, tauscht den Trageriemen per Karabiner ganz unkompliziert gegen eine glänzende Metallkette. Damit der Einkaufsbeutel auch nach längerem Gebrauch noch fast wie neu aussieht, ist der Boden oft aus strapazierfähigem Kunst­leder gefertigt. „Meine Taschen müssen etwas aushalten”, hat sich Theresa Linher zum Ziel gesetzt – und macht selbst den Praxistest. 

Seit rund fünf Jahren ist sie fast ausschließlich mit eigenen Kreationen unterwegs. Ihren ersten Rucksack nähte sie, weil sie nirgendwo ein Modell entdeckte, das ihren Vorstellungen entsprach. Sie tüftelte lange am optimalen Schnitt. Doch ihr Erstling ist noch heute in Gebrauch. 

Das Nähen machte Spaß, und so fertigte sie bald weitere Rucksäcke und Beutel, welche sie auf Anregung ihrer Cou­sine auf einem Markt in Klösterle zum Verkauf anbot. Die Begeisterung ihrer Freunde und Bekannten sowie der ersten Marktkunden haben sie beflügelt. Seither näht Theresa Linher in jeder freien Minute, hat ein Kleingewerbe offiziell angemeldet, und ihr Freund begleitet sie, wenn sie an den Wochenenden ihre Waren auf Märkten anbietet.

Während des „Corona-Shutdowns” wurden sämtliche Märkte abgesagt. Doch ihre Fans bestellten per Instagram und Facebook, außerdem nutzte Theresa Linher die Zeit, um ihr Lager zu füllen. Aktuell haben es ihr vor allem Kork- und Leinenstoffe angetan, coole Lunchbags für die Jause fertigt sie aus reißfestem Papier. Die Materialien kauft Theresa Linher – wenn möglich – in der Region und in Bio-Qualität. Wenn bei ihrem Arbeitgeber ein Stück hochwertiger Möbelstoff ausläuft, wird der natürlich ebenfalls zu einem besonderen Einzelstück verarbeitet.

Theresa Linhers Stoffschrank ist gut gefüllt und inspiriert sie zu immer neuen Kombinationen.  Gerne greift sie auch Anregungen ihrer Kunden oder von Freunden auf. Werdende Mütter bestellen etwa Wickeltaschen und passende Hüllen für den Mutter-Kind-Pass, ihr Bruder eine praktische Bauchtasche für den Besuch eines Festivals.

„Ganz vom Nähen leben kann man nicht”, macht sich die junge Frau keine Illusionen. Außerdem liebt sie ihren Beruf und möchte – wenn es sich zeitlich ausgeht – noch die Meisterprüfung machen. „Ein eigener Showroom wäre toll”, träumt sie von einer Zukunft, in der sie diese beiden Leidenschaften noch besser kombinieren kann. Doch vorerst freut sie sich bereits auf die nächsten Einsätze am Marktstand – besonders auf den Bludenzer Herbstmarkt, der heuer am 3. und 4. Oktober auf dem Programm steht. „Der ist ein Heimspiel, da treffe ich jede Menge Freun­de und Bekannte. Mal sehen, wer mich dort alles nach der langen Pause besuchen kommt…”

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