Seit fast drei Jahrzehnten finden Frauen in allen Lebenslagen in den femail-Beratungsstellen im Land kompetenten Rat und ein offenes Ohr. Mit Eröffnung eines eigenen Standortes in Bludenz ist dieser Service seit Beginn des Jahres auch in der Region leicht zugänglich. Leiterin MMag. Dr. Lea Putz-Erath und ihr Team freuen sich, direkt vor Ort Unterstützung anbieten zu können.
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„Ich gehöre zum letzten Jahrgang, der in der Pfarre nicht ministrieren durfte”, lacht Lea Putz-Erath. Als Nachfahrin „einer Reihe starker Frauen, die in der Landwirtschaft und im Familienbetrieb Leistungen gebracht haben”, ging ihr diese Benachteiligung gegenüber den männlichen Schulkameraden schon in jungen Jahren gegen den Strich. Kein Wunder also, dass es ihr immer ein Anliegen war, für die Rechte der Frauen zu kämpfen. Trotzdem studierte die gebürtige Niederösterreicherin zuerst einmal Tourismus-Management, legte berufsbegleitend Studien der Sozialen Arbeit sowie der Erziehungswissenschaften drauf, arbeitete als Sozialarbeiterin und hat bis heute einen Lehrauftrag im Studiengang Soziale Arbeit an der FH Vorarlberg inne.
Ihr Mann Christoph Erath ist in Schlins aufgewachsen und wollte als überzeugter Walgauer gerne in die Heimat zurückkehren. Schlussendlich führte aber Leas Job die Familie nach Aufenthalten in Wien, den USA und Deutschland ins Ländle und ganz konkret nach Ludesch. Nachdem sie in ihrer vorigen Position untersucht hatte, wie Alleinerzieherinnen nach der Babypause am besten wieder in eine existenzsichernde Beschäftigung finden, wollte sie konkret Hilfestellung anbieten. Seit 2017 – unterbrochen von einer Babypause 2021/22 – leitet die dreifache Mama die femail Beratungsstellen in Feldkirch, Lustenau und seit Jänner auch in der Bludenzer Altstadt. Letztere konnte dank einer Anschubfinanzierung des Bundeskanzleramtes eröffnet werden. Die Behörde hatte das Ziel vor Augen, dass langfristig in allen Bezirken Beratung für Frauen verfügbar sein sollte. „Uns wurde aber auch von den Verantwortlichen der Stadt Bludenz Gesprächsbereitschaft signalisiert, dass sie dieses Anliegen finanziell unterstützen werden”, sieht Dr. Lea Putz-Erath den Standort über einen längeren Zeitraum gesichert. Das Land Vorarlberg unterstützt die Aktivitäten der Frauenberatungsstellen seit der Gründung mit einer Strukturförderung.
Aktuell amtiert das „femail” in der Mühlgasse. Erziehungswissenschaftlerin Mag. Ingrid Andres und Diplom-Sozialarbeiterin Barbara O‘Connor nutzen am Dienstagnachmittag von 13.30 bis 15.30 Uhr sowie am Donnerstag von 9.30 bis 12 Uhr die Räume des aha–Jugendinformationszentrum Vorarlberg. Sie freuen sich über eine wachsende Anzahl an Besucherinnen.
Es sind vor allem Frauen zwischen 35 und 60 Jahren, die unter dem Versprechen der absoluten Verschwiegenheit persönlich oder telefonisch ihren Rat suchen. Die Probleme, welche die Klientinnen ansprechen, sind vielfältig. „Besonders oft geht es um Fragen, die im Zusammenhang mit Trennungen und Scheidungen auftauchen”, berichtet Ingrid Andres. „Die Frauen sorgen sich um ihre finanzielle Absicherung, um Obsorge und Besuchsrecht.” Armutsprävention wird ebenfalls mehr und mehr zum Thema. Immer wieder sprechen aber auch Frauen vor, die unter psychischer oder physischer Gewalt leiden. Für ausführliche Gespräche werden jeweils eigene Termine abseits der Öffnungszeiten vereinbart.
„Für rechtliche Auskünfte bieten wir Rechtsberatung bei einer Anwältin im femail in Feldkirch”, betont Lea Putz-Erath. Aufgrund langjähriger Erfahrungen mit diesen Problemstellungen sind die femail-Mitarbeiterinnen den Frauen aber wichtige Stützen, wenn es darum geht, die eigenen Bedürfnisse abzuchecken und über die nächsten Schritte zu entscheiden. „Ein Gutachten der Familiengerichtshilfe liest sich hart”, weiß Ingrid Andres etwa aus Erfahrung. Dann gilt es, die Mütter zu beruhigen und ihnen klarzumachen, dass die Aufgabe dieser Institution darin besteht, das Wohl des Kindes sicherzustellen. „In solchen Ausnahmesituationen rate ich dazu, Tempo rauszunehmen”, hat sie schon oft beobachtet, wie Situationen immer weiter entgleisen, wenn man in der ersten Aufregung reagiert. „Wir versuchen, die Ausgangssituation zu erfassen, die Frauen zu stärken und mögliche Schritte aufzuzeigen.” Jede Menge Info-Material und ein breites Netzwerk an Fachleuten, die im Einzelfall gerne hinzugezogen werden, ergänzen das Beratungsangebot.
Frauen stärken mit einem breit gefächerten Informationsangebot
Das Team des femail setzt sich aber auch proaktiv für die Frauen ein. Die Mitarbeiterinnen organisieren Vorträge etwa zu Gesundheitsthemen oder Erbrecht, Selbstverteidigungskurse, Pensionssprechtage, Info-Veranstaltungen zu unterschiedlichsten Themen. Erst kürzlich wurden beim 2. Treffen für Alleinerzieherinnen im Café Zäwas in Bludenz Hoffnungen und Wünsche beleuchtet. Denn es tut gut zu erfahren, dass auch andere mit schwierigen Situationen klarkommen müssen und man nicht allein ist. Das femail-Team setzt seinerseits auf einen engen Austausch mit anderen Institutionen wie dem Verein Amazone, dem Ehe- und Familienzentrum oder dem Institut für Sozialdienste (ifs).
Und natürlich wollen die engagierten Mitarbeiterinnen auch die traditionellen Rollenbilder hinterfragen, die den Frauen in vielen Bereichen immer noch Hindernisse in den Weg legen. Im Rahmen des von der EU mitfinanzierten LEADER-Projektes „Rollen im Wandel” holen die Regio, femail, der Vorarlberger Familienverband und der Verein Amazone gemeinsam Menschen vor den Vorhang, welche ihr Leben anders gestalten. Sie gestalten Podcasts, bei denen „working mums” und Tagesväter Einblick in ihren Alltag gewähren. Bei Info-Veranstaltungen, Diskussionen, digitalen Angeboten oder Vorträgen steht der Mehrwert alternativer Lebensentwürfe für alle Beteiligten im Fokus. Außerdem werden in den einzelnen Gemeinden Aktivitäten angestoßen, welche es Frauen erleichtern, trotz Beruf und Familie an Entscheidungsprozessen teilzuhaben. Oft sind es kleine Maßnahmen, welche dies ermöglichen – die Verlegung von Sitzungszeiten etwa.
Im größeren Zusammenhang diskutierten die femail-Mitarbeiterinnen am 23. und 24. November mit, als in Bregenz bei einer großen Tagung für Städte und Gemeinden darüber nachgedacht wurde, wie die SDGs – also die Ziele für nachhaltige Entwicklung, auf die sich die Vereinten Nationen 2015 geeinigt haben – konkret umgesetzt werden können. Schließlich findet man in dieser Auflistung gleich auf Platz 5 die Geschlechtergleichheit.
„Frauen leben zwar statistisch länger als Männer, aber oft in schlechter Gesundheit”, zeigt Dr. Putz-Erath ein weiteres Aktionsfeld auf. Sie hält nichts von der puren Selbstaufopferung von Frauen, welche tagtäglich Angehörige versorgen und allzeit bereit als Großmutter einspringen. Durch breit angelegte Medienarbeit und Informationen sollen alle Frauen darin gestärkt werden, ihre eigenen Bedürfnisse nicht ständig hintan zu stellen.
„Das sind sehr erfüllende Aufgaben”, sind sich die femail-Mitarbeiterinnen in Bludenz einig, dass sie den richtigen Beruf gewählt haben. „Es ist wichtig, dass sich die Frauen um ihre Rechte kümmern.” Sie laden ihre Geschlechtsgenossinnen recht herzlich dazu ein, bei Fragen Kontakt aufzunehmen oder einfach mal ganz unkompliziert in der Servicestelle in der Mühlgasse vorbeizuschauen.