DR. Stefan Müller
Rechtsanwalt, Bludenz
Nach 200 Jahren wurde das Erbrecht modernisiert:
Per 1. Jänner 2017 gelten einige neue Bestimmungen: Künftig wird es zwar nach wie vor erlaubt sein, ein Testament selbst zu verfassen. Sobald das Testament aber auf einem Computer geschrieben, oder diese Arbeit an jemanden delegiert wird, müssen drei Zeugen die Echtheit bestätigen. Damit die Identität der Zeugen klar hervorgeht, müssen das Geburtsdaten und/oder die Adresse festgehalten sein.
Der Erblasser muss das Testament nicht nur unterschreiben, sondern zudem eindeutig festhalten, dass es sich tatsächlich um seinen letzten Willen handelt: „Das oben Geschriebene ist mein letzter Wille, den ich ohne Zwang und ohne Beeinflussung errichtet habe” oder kürzer: „Diese Urkunde enthält meinen letzten Willen.” Nur ein schlichtes „Das ist OK”, wird zu wenig sein. Bestehende Testamente, bei denen diese Formvorschriften nicht beachtet wurden, behalten weiterhin ihre Gültigkeit. Diese Bestimmungen gelten nur für Dokumente, die ab dem 31. Dezember 2016 aufgesetzt werden.
Mit dem Pflichtteilsrecht stellt der Gesetzgeber sicher, dass ein bestimmter Anteil des Nachlasses an nahe Verwandte geht, damit enge Familienangehörige versorgt sind. Pflichtteilsberechtigte sind Kinder und – falls diese schon verstorben sind – Enkel des Verstorbenen sowie der Ehegatte. Neu ist, dass Eltern keinen Pflichtteilsanspruch mehr haben. Die Höhe des Pflichtteils errechnet sich aus der Hälfte der gesetzlichen Erbquote. Diese wiederum ergibt sich aus dem Verwandtschaftsverhältnis. So stehen etwa den Kindern zwei Drittel, dem überlebenden Ehegatten ein Drittel zu. Gibt es keinen Ehepartner, erben die Kinder alles. Hat der Verstorbene keine Kinder, kommen Vorfahren und Geschwister zum Zug. Damit ein Pflichtteilsberechtigter nicht durch Schenkung zu Lebzeiten um seinen Anspruch gebracht werden kann, werden für die Berechnung eines Pflichtteils-anspruches gewisse Vermögens-transfers, die jemand vom Verstorbenen schon zu Lebzeiten oder auf den Todesfall erhalten hat, in die Berechnung mit einbezogen.
Sobald fest steht, wie hoch der Pflichtteil für einen Berechtigten ist, wird geprüft, inwieweit dieser durch Schenkungen oder andere Vorausempfänge zu Lebzeiten des Erblassers bereits abgedeckt wurde. Besteht darüber hinaus ein weiterer Anspruch, muss dieser aus der Erbmasse beziehungsweise von den Erben abgedeckt werden – und zwar primär mit Geld. Mit der Reform wurde aber die Möglichkeit geschaffen, solche Zahlungspflichten bis zu zwölf Monate zu stunden. Darüber hinaus kann der Erblasser eine Stundung (maximal fünf Jahre) oder Ratenzahlung im Testament vorsehen. Außerdem kann bei Gericht eine sogenannte Billigkeitsentscheidung erwirkt und so die Zahlungsverpflichtung gestreckt werden. Reicht die Erbmasse nicht aus, um die Ansprüche eines Pflichtteilsberechtigten zu erfüllen, müssen vom Erblasser zu Lebzeiten beschenkte Pflichtteilsberechtigte und Fremde anteilsmäßig zur Deckung beitragen. Der Pflichtteilsanspruch verjährt künftig nach 30 Jahren beziehungsweise drei Jahre, nachdem der Pflichtteilsberechtigte vom Tod des Erblassers erfahren hat.