Teamwork in Sachen Wärme

Rot gekennzeichnet ist das derzeit projektierte Nahwärme-Versorgungsgebiet.

Über ein neues Nahwärmenetz könnten hunderte Häuser und Betriebe in Bürs und Bludenz langfristig und sicher mit umweltfreundlicher Wärme versorgt werden. Es würde tausende Tonnen CO2 einsparen und die Luftqualität im Raum Bludenz spürbar verbessern. Für diese Vision ziehen die Gemeinde Bürs, Stadt Bludenz, Landeskrankenhaus Bludenz und die illwerke vkw an einem Strang.

FOTOS: TM-HECHENBERGER, HANDOUWT ILLWERKE VKW

Ursprünglich ging es im Jahr 2020 um die Frage, ob und wie man die Wärmeversorgung für das Landeskrankenhaus und städtische Einrichtungen in Bludenz umweltfreundlicher bewerkstelligen kann. Gas und Heizöl, die bislang verwendet wurden, sollen ja bis 2040 aus den öffentlichen Gebäuden in ganz Österreich verbannt werden. Experten der illwerke vkw schauten sich die Situation an und hatten dafür schon bald eine Biomasse-Heizung im Auge. Weil eine solche wirtschaftlicher zu betreiben ist, wenn sie größer dimensioniert wird, wurde bald über ein Nahwärmenetz im Stadtkern nachgedacht.

Projektleiter DI Christian Meusburger.

In der von DI Christian Meusburger geleiteten Abteilung „Wärmeservices” der illwerke vkw wurde genauer skizziert, wie die Wärmeversorgung ausschauen könnte: Es sollte jedenfalls auch die großen Verbraucher im Bereich des Bludenzer Bahnhofes bedienen können. Ganz in der Nähe, auf der anderen – Bürser – Seite der Ill, wären ebenfalls Einkaufszentren und Gewerbebetriebe mit viel Wärmebedarf. „Schnell wurde klar, dass wir noch größer denken müssen”, erinnert sich Meusburger. Mit einem gemeinsamen Biomasse-Heizwerk und Abwärme aus Industriebetrieben der Umgebung könnte ein Nahwärmenetz gespeist werden, das Häuser und Betriebe in Bürs und Bludenz mit umweltfreundlicher Energie für Warmwasser und Raumheizung versorgt. Hunderte Öl- und Gasheizungen könnten abgeschaltet werden. Der Bürser Bürgermeister Georg Bucher musste nicht lange gebeten werden und seither ziehen vier wichtige Projektpartner am gemeinsamen Strang.

Das Interesse am Nahwärme­projekt Bürs-Bludenz ist groß: Das zeigte sich Ende Jänner bei einer Infoveranstaltung im Bludenzer Rathaus.

Ein Nahwärmenetz Bürs-Bludenz ist auch ein bedeutender Schritt auf dem Weg zur Energieautonomie Vorarlbergs: Bis zum Jahr 2050 soll ja der komplette Energiebedarf des Landes mit erneuerbarer Energie abgedeckt werden.

„Raus aus Öl und Gas” ist eines der Rezepte dafür. Statt teuer importierte fossile Energieträger umweltschädlich zu verbrennen, sollen vermehrt erneuerbare heimische Energiequellen wie Strom aus Wasserkraft und Photovoltaik, (Schad-)Holz aus unseren nachwachsenden Wäldern, Wärme aus dem Erdreich, Grundwasser und der Luft sowie Abwärme aus Gewerbe- und Industriebetrieben genutzt werden. Die Technik dafür ist ausgereift und auch bei der praktischen Umsetzung sind Vorarlberger – und gerade auch Walgauer – Betriebe in allen Bereichen auf höchstem Niveau unterwegs.

Speziell in dicht besiedelten Gebieten ist es aber oft nicht leicht, Pellets-Heizungen oder Wärmepumpen mit Geothermie-, Grundwasser- oder Außenluftnutzung zu realisieren. Der Anschluss an ein Nahwärmenetz ist hier die logische Alternative. Die für Bludenz und Bürs geplante Nahwärmeversorgung besteht aus einem Heizwerk sowie einem Nahwärmenetz. Über eine Leitung des Nahwärmenetzes wird das im Heizwerk erhitzte und bis zu 95 Grad warme Wasser zu den angeschlossenen Gebäuden transportiert. Wie viel Energie entnommen wird, das erfasst bei jeder Abnahmestelle ein Wärmezähler. Der Rücktransport des abgekühlten Wassers zum Heizwerk erfolgt über eine zweite Leitung. 

Michael Rettenberger, der 2022 die Erkundungsbohrungen zum Lünerseewerk II geleitet hat, brachte Bohrkerne mit.

In einer Machbarkeitsstudie wurden von den illwerke vkw-Experten einige Grundsatzfragen gestellt: Wo könnte das Biomasseheizwerk situiert werden? Wie lange muss das Wärmenetz sein? Wo können die notwendigen Leitungen verlegt werden? Projektleiter DI Christian Meusburger konnte Mitte 2021 ein erfreuliches Studienergebnis präsentieren: Ein solches Nahwärmenetz ist technisch machbar, ökologisch sinnvoll und langfristig auch wirtschaftlich zu betreiben, weil viele der potenziellen Großabnehmer hohe Bereitschaft zum Anschluss an das Netz gezeigt haben. „Eine wichtige Frage war natürlich auch die nach dem Preis”, berichtet Meusburger.

Finanzielle Vorteile mit Nahwärme

Und hier konnte man sehr gut argumentieren. Nahwärme ist natürlich nicht umsonst. Das Nahwärmenetz muss sich für die Betreiber aber nicht in wenigen Jahren „rentieren”, sondern wird als Investition (von ca. 20 Millionen Euro) für Generationen angesehen. Ein riesiger Vorteil für die Kunden ist jedenfalls, dass sie in ihren Gebäuden auf ein eigenes Heizsystem gänzlich verzichten können – womit über Jahrzehnte Anschaffungs-, Reparatur- und Wartungskosten entfallen. Dieses Argument gefiel natürlich auch den Besuchern bei der Infoveranstaltung in Bludenz. Und die zahlreichen Anfragen von Bürsern und Bludenzern, bis wann es endlich so weit sein wird, geben den Projektpartnern weiteren Auftrieb.

Sogar der designierte illwerke vkw-Vorstand DI Gerd Wegeler war vor Ort (zwischen dem Bludenzer Bürgermeister Simon Tschann und illwerke vkw-Pressesprecher Andreas Neuhauser): Als gebürtigen Bürser interessiert ihn das Projekt natürlich besonders…

Lünerseewerk II  wird viel Wärme beisteuern

„Das wird ein energiepolitisches Leuchtturmprojekt”, freut sich der Bludenzer Bürgermeister Simon Tschann, der auf einen Baubeginn im Jahr 2024 hofft. Einen Quantensprung in Sachen Effizienz steht dem Projekt dann rund zehn Jahre später bevor: Wenn die Generatoren des geplanten neuen Kraftwerkes Lünerseewerk II der illwerke vkw anlaufen, dann wird von diesen so viel Abwärme in das Netz eingespeist, dass das Biomasseheizwerk nur noch bei Höchstlasten im Winter gebraucht wird. Das ist auch ein wichtiger Grund dafür, dass das Heizwerk in dieser Planungsphase in der Nähe des Umspannwerkes bzw. des künftigen Krafthauses situiert wird. Während der nächsten Monate werden die Pläne weiter detailliert. Und sobald es neue Erkenntnisse gibt, wird wieder zu Infoveranstaltungen geladen. 

 

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