Abschied mit Freude

Die Schreinerei Feuerstein in Bludenz war die erste Vorarlbergs, die im Jahr 1908 die gewerbliche Konzession für die Durchführung von Bestattungen erhielt. Christoph Feuerstein ist hier aufgewachsen und hatte beim Versteckspiel mit den Nachbarskindern den Vorteil, dass sich niemand traute, in den Särgen Nachschau zu halten. Ende April dieses Jahres geht Feuerstein als einer der Wegbereiter der modernen Bestattung Vorarlbergs und auch als Bezirksfeuerwehrinspektor in Pension. 

FOTOS: TM-HECHENBERGER

Als Bootsverleiher auf den Bahamas: So werde er seinen Lebensabend verbringen, gibt Christoph Feuerstein zur Antwort, seit er immer öfter auf die „Zeit danach” angesprochen wird. „Das ist nur ein Scherz”, beruhigt der Neo-Pensionist im nächsten Satz seine Gesprächspartner, sobald sie ihn erstaunt anblicken und noch bevor sie den Kopf schütteln oder blöde Kommentare darüber abgeben können. 

Sein humorvolles Wesen ist ihm nicht abhanden gekommen, seit er seinem Vater als 15-Jähriger erstmals half und in den folgenden 50 Jahren mehrere tausend Begräbnisse einfühlsam gestaltet, akribisch organisiert und in Würde durchgeführt hat.

Der Vater war damals froh um die helfende Hand – so musste er nicht seine Schreiner-Gehilfen aus deren Arbeit reißen. Denn Beerdigungen waren damals eher ein kleines Nebengeschäft im Traditionsbetrieb Feuerstein. Das Bestattungswesen oblag „seit jeher” einzig der Kirche und den Gemeinden. Den Schreinern überließ man quasi das Vergraben der Särge, zumal diese ja in deren Werkstätten hergestellt worden waren.

Wenn nicht genügend Sargträger zur Verfügung standen, wurden die Lehrlinge und Gesellen aus der Werkstatt herbeigerufen – nicht immer hatten sie die Zeit, sich dafür passend anzuziehen und nicht selten schmückten noch Sägespäne ihre Juppen und Haare…

Für Christoph Feuerstein war schon früh klar, dass er sich beruflich auf die Bestattungen konzentrieren würde. Immer hatte er aber im Sinn, mehr als nur der Transporteur von Särgen zu sein. 

Inspiration in Bremen

Nach seiner Pflichtschulzeit und dem Abschluss der Handelsschule („mein Vater wollte jemanden, der gut mit der Schreibmaschine umgehen kann”) absolvierte er die Schreinerlehre. In Bremen sollte er Anfang der 80er–Jahre einen neu bestellten Leichenwagen abholen. Der war aber noch nicht fertiggestellt, was ihm Gelegenheit gab, sich die Arbeitsweise im dortigen Bestattungsinstitut anzuschauen. In der weitgehend evangelisch geprägten Gegend hatte die Kirche mangels eigener personeller Ressourcen den Bestattern schon viele Agenden übertragen: Die Aufbahrung der Verstorbenen und die Gestaltung von Totenfeiern zum Beispiel.

In Vorarlberg war das noch anders. Bis in die 1960er-Jahre galt, dass Verstorbene innerhalb von 72 Stunden begraben sein sollten. Zur Verabschiedung versammelten sich Angehörige, Freunde und Nachbarn um das Totenbett im Haushalt des Betroffenen. Erst danach wurden bei Kirchen Aufbahrungsstätten eingerichtet: Da gab und gibt es zwar schöne Totenkapellen, vielfach waren es aber Zweckbauten von bescheidener Würde.

Nach der Schreinerlehre und erfolgreich abgelegter Konzessionsprüfung bemühte sich Christoph Feuerstein, Angehörigen bei der Bewältigung ihres Schmerzes beizustehen. Neben der emotionalen Belastung kommen auf die Hinterbliebenen ja beträchtliche bürokratische und organisatorische Aufgaben zu. „Da sind die Kunden natürlich froh und dankbar, wenn sie in diesen Dingen umfassend beraten werden und einige der Arbeiten dem Bestatter übertragen können”, erklärt Christoph Feuerstein. Seit 1989 führten er und sein Bruder Thomas das Unternehmen Feuerstein gemeinsam, wobei sich Thomas um die Schreinerei, Christoph um die Bestattungen kümmerte. Im Jahr 2008 wurde das Unternehmen in zwei Betriebe aufgetrennt. In diesem Jahr trat auch eine große Gewerberechtsnovelle in Kraft. Diese erlaubte Bestattern auch Totenaufbahrungen und die Durchführung von entsprechenden Feierlichkeiten.

Christoph Feuerstein machte sich umgehend an das Werk. 2011 wurde das nach seinen Vorstellungen architektonisch vom Atelier Rainer+Amann meisterhaft umgesetzte Bestattungshaus in der Pulverturmstraße eröffnet. Darin untergebracht sind auch bestens ausgestattete Räume für die Thanatopraxie – also für die ästhetisch und hygienisch einwandfreie Aufbahrung von Verstorbenen. Kühlräume sind ebenfalls vorhanden: So kann bei Bedarf mit den Feierlichkeiten zugewartet werden, bis auch Angehörige aus fernen Kontinenten angereist sind. 

Als Trauerredner gefragt

Zentrale Bedeutung haben die mit moderner Licht- und Medientechnik ausgestatteten Aufbahrungsräume in verschiedenen Größen. Hier stehen den Angehörigen alle Möglichkeiten zur Gestaltung ihrer persönlichen Abschiedsfeier offen. Christoph Feuerstein steht dabei auf Wunsch auch als Moderator und Trauerredner bereit. 

Ursprünglich wollte er das eigentlich nicht machen: Einer Witwe, die ihn zwei Tage vor der Eröffnung des Bestattungshauses inständig darum gebeten hatte, sagte er aber zu. „Die Trauerrede ist dann offenbar ganz gut gelungen. Eine Woche später kam eine andere Witwe in unser Büro und verlangte nach dem nicht verkleideten Pfarrer, der so schön geredet hat.” Seither hat er diese Aufgabe immer gerne wahrgenommen. Bis Ende April wird er noch so manchen Trauergast in Erinnerung an den Verstorbenen zu Tränen rühren.

Christoph Feuerstein war 50 Jahre lang Bestatter. Sein langjähriger Mitarbeiter Rainer Batlogg (li.) und der Schrunser Bestatter Peter Marent (re.) übernehmen „Feuerstein Bestattung” und führen ab Mai beide Häuser unter dem neuen Markennamen „Espera” (griech: Hoffnung).

Ab Mai ist damit Schluss. Die Betriebsübergabe ist bereits geregelt. Das Schrunser Bestattungsunternehmen Marent und sein langjähriger Mitarbeiter Rainer Batlogg werden übernehmen und künftig gemeinsam beide Häuser unter dem Namen „Espera” führen. Über die Modalitäten der Übernahme  war man sich bald einig geworden. „Der Verkauf der Immobilie an einen Investor hätte materiell sicher mehr eingebracht. Aber mir war wichtig, dass es weitergeht”, bekennt Feuerstein. 

Weiter geht es für Feuerstein auch bei der Feuerwehr, obwohl er seine Funktion als Bezirksfeuerwehrinspektor (BFI) nach 15 Jahren zur Verfügung stellt. „Der Wehr bleibe ich natürlich trotzdem treu. Zusammen mit ein paar anderen Pensionisten haben wir schon einige Ideen ausgeheckt”, verrät Feuerstein. 

Natürlich wird es auch eine kleine Feier zum offiziellen Abschied des BFI geben. Sein Betriebsnachfolger Rainer Batlogg ist da sicher dabei. Den hat Christoph Feuerstein nämlich vor vielen Jahren bei  einem Nasswettbewerb als Kommandant der Bingser Wehr kennen- und schätzen gelernt… 

„Meine Nachfolger werden mein Lebenswerk mit großem Engagement weiterführen. Ich gehe mit viel Freude, weil ich jetzt viel Zeit für Dinge habe, die mir auch wichtig sind: Sport und Radfahren gehören dazu.”
Christoph Feuerstein  

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