Im März 1972 tobte am Muttersberg ein Waldbrand, der trotz internationaler Unterstützung der Feuerwehren erst nach zwei Wochen gelöscht werden konnte: Es war damals einer der größten Waldbrände Österreichs, über 50 Hektar Schutzwald wurden zerstört. Früher wie heute heißt die Devise bei Waldbränden: Zusammenarbeit vieler Feuerwehren, der Bergrettung, Einsatz von Hubschraubern und vielem mehr. Eine ganz besondere Rolle spielt dabei die Feuerwehr Bings-Stallehr.
FOTOS: FW BINGS-STALLEHR, BFI KARL-HEINZ BEITER
Seit 2013 ist Rainer Batlogg Kommandant der Freiwilligen Feuerwehr Bings-Stallehr. Und gerade Ende April wurde er mit 100 Prozent Zustimmung der insgesamt 55 Mitglieder und 15 Jungfeuerwehrler seiner Wehr für weitere drei Jahre in dieser Funktion bestätigt. „So ein großer Zuspruch freut einen natürlich schon“, erklärt Batlogg.
Dabei hat er „seiner Wehr“ eine Spezialaufgabe „aufgehalst“, die von der Truppe einiges abverlangt. Die Bingser sind mit den Feuerwehren Bürs und Bezau für die „Vegetations- und Waldbrandbekämpfung“ getrimmt und ausgerüstet: Eine Aufgabe, die im Ernstfall und auch bei vielen Übungen mit besonderen Mühen verbunden ist und von den Einsatzkräften neben viel Fachwissen auch entsprechende Fitness und Ausdauer erfordert.
Rainer Batlogg ist – als Sohn des langjährigen Lorünser FFW-Kommandanten Norbert Batlogg – praktisch mit der Feuerwehr aufgewachsen und trat der Bingser Feuerwehr 1982 als Zwölfjähriger in Lorüns bei und ist seit 2005 bei der Wehr Bings-Stallehr. Nicht wenige der Brandeinsätze fanden damals entlang der Arlberg-Bahnstrecke statt, wenn bei der „Abfahrt“ vom Arlberg glühende Bremsen der Züge für Funkenflug sorgten.
Von diesen Einsätzen kam die Truppe immer ausgepowert und „schwiedreckig“ ins Gerätehaus zurück. Batlogg befasste sich deswegen mit dem Thema Waldbrand und den Möglichkeiten, diese Einsätze zu optimieren. Im Zuge dessen wurde er auf spezielle tragbare, relativ leichte (22 Kilo) und leistungsstarke Waldbrandpumpen für den Einsatz mit ebenfalls tragbaren zwanzig Liter fassenden Löschwasser-Rucksäcken aufmerksam. Ebenfalls „entdeckt“ hat er extrastarke Schläuche für höheren Druck.
Spöttische Kommentare für die Spezial-Ausrüstung

und dem dünnen Spezialschlauch.
Dazu kommt, dass sie viel dünner sind, als herkömmliche Schläuche. „Das ist im Gelände natürlich ein zusätzlicher Vorteil, hat aber anfangs schon hin wieder für Gelächter bei den Kollegen mit den ‚richtigen‘ Schläuchen gesorgt“, kann sich Batlogg noch gut an spöttische Kommentare über die ‚Gartenschlauch-Truppe‘ erinnern.
Bei den Budgetverantwortlichen der Stadt Bludenz (zu der die Feuerwehr Bings-Stallehr gehört) ist Batlogg mit seinen Wünschen aber auf Verständnis gestoßen. Über die Jahre wurde einiges an Spezialmaterial angeschafft: Besonders leichte Hosen, Jacken und Helme, die den kraftraubenden Einsatz am Berg im Sinne des Wortes erleichtern und einer gefährlichen Überhitzung der besonders geforderten Einsatzkräfte vorbeugen.
Beim Landesfeuerwehrverband wurden diese speziellen Aktivitäten der FFW Bings-Stallehr ebenfalls wohlwollend begleitet. Wegen des generellen Klimawandels gehen die Fachleute davon aus, dass sich die Gefahr von Waldbränden tendenziell erhöht. Dementsprechend wurden im März 2024 mit den Feuerwehren Bezau (für die Bezirke Bregenz und Dornbirn) sowie Bürs und Bings-Stallehr (für die Bezirke Bludenz und Feldkirch) drei Wehren für den Schwerpunkt Vegetations- und Waldbrände erkoren.
Mit einem umfangreichen Ausbildungs- und Übungsprogramm sowie spezieller Ausrüstung sind die Wehren Bezau, Bürs und Bings-Stallehr DIE Experten in Sachen Waldbrand. Die Spezialausrüstung wurde übrigens großteils vom Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft finanziert: In dieses Ressort gehören nämlich auch die Bundesforste, welche mit über 8000 Hektar Fläche die bei weitem größten Waldbesitzer Österreichs sind.
Gemeinsame Anstrengungen
„Alleine können wir natürlich auch nichts ausrichten“, erklärt Batlogg, im Zivilberuf Geschäftsführer und Miteigentümer des Bestattungsunternehmens „Espera“ in Bludenz und Schruns. Gerade bei Waldbränden gehe es darum, möglichst rasch sehr viele Feuerwehren vor Ort zu haben, dazu Bergretter und auch Hubschrauber mitsamt den für Löscharbeiten ausgebildeten Flughelfern.
Gibt es Feueralarm im Wald, heißt die Devise prinzipiell „volle (Wasser-)Kraft voraus! Das passiert natürlich nicht planlos, sondern nach Erkundung der Lage und den daraus abzuleitenden Einsatzplänen. Wenn der Wald in den Bezirken Feldkirch oder Bludenz brennt, wird die Feuerwehr Bings-Stallehr jedenfalls auch alarmiert.
Im gerade neu bezogenen Feuerwehrhaus stehen die Ausrüstungsmodule allzeit bereit und sind so gelagert, dass sie je nach Erfordernis zu Fuß, mit Fahrzeugen oder per Hubschrauber an den Einsatzort gebracht werden können.
Waldbrandrucksack mit Platz für 20 Liter Wasser
Die Einsatzkräfte nehmen ihren individuell bestückten „Waldbrandrucksack“ mit. Je nach Lage wird zusätzliche Ausrüstung geladen. Zur Verfügung stehen zum Beispiel ausreichend „Löschrucksäcke“ mit Platz für zwanzig Liter Wasser und eine entsprechende Pumpe: Mit diesen können kleine Glutnester effektiv gelöscht werden.
Zum Spezialequipment der Waldbrand-Truppe gehören auch „Kreisregner“, die – auf einem Spezialstativ oder an einem Baum befestigt – einen Kreis oder ein Kreissegment bewässern. In einer Reihe aufgestellt, können sie auf einer Länge von 1,4 Kilometern eine 60 Meter breite Schneise bewässern und so eine effektive Barriere gegen die Ausbreitung der Feuerfront bilden. Wärmebildkameras gehören ebenfalls zur Ausrüstung. Ein Waldbrand kann sich nämlich auch „unterirdisch“ zum Beispiel in torfreichem Boden abspielen. Erst mit der Wärmebildkamera zu sehen ist auch, wenn Bäume „innerlich“ brennen – was nicht selten vorkommt. Auch hier sind die dünnen „Gartenschläuche“ vorteilhaft: Sie können mitsamt dem ebenso schmalen Strahlrohr in den Baum gesteckt werden und somit die Glut im Baum direkt löschen.

Größtes Augenmerk wird bei der Bekämpfung von Waldbränden auf die Sicherheit der Einsatzkräfte gelegt: Einerseits durch permanente Fortbildung zur richtigen Vorgangsweise, andererseits gibt es bei jedem Ereignis immer auch Beobachter, welche etwa bei Änderung der Windrichtung und damit der Feuerfront warnen. Es besteht immer auch die Gefahr, dass Feuerwehrleute im Löscheinsatz von den Flammen eingeschlossen werden könnten. Die Beobachter machen frühzeitig auf diese und andere Gefahren (etwa durch umstürzende Bäume oder herabfallende Äste) aufmerksam bzw. sorgen im Ernstfall dafür, dass entsprechende „Fluchtwege“ freigeräumt werden.
„Ein Waldbrand ist für Feuerwehrkräfte immer mit großem Einsatz und Gefahren verbunden. Der Schaden kann, ganz abgesehen von jenem für Pflanzenwelt und Tiere, schnell in die Millionen gehen“, erläutert Rainer Batlogg. Nur ganz selten entstehen große Wald- und Vegetationsbrände durch natürliche Ursachen wie etwa einen Blitzschlag. In den allermeisten Fällen sind es weggeworfene Zigaretten oder Lagerfeuer, die unerlaubt entzündet und unsachgemäß gelöscht wurden, welche die großflächigen Brände auslösen.
Für den Ernstfall gut gerüstet
„Im Land Vorarlberg sind wir für den Ernstfall gut gerüstet“, betont Batlogg. Fast das ganze Land ist durch Forst- und Güterwege erschlossen, sodass Fahrzeuge und Mannschaften jedenfalls in die Nähe der Einsatzorte gelangen und relativ rasch mit der fachmännischen und koordinierten Brandbekämpfung beginnen können. Von großem Wert sind dann natürlich auch Hubschrauber des Bundesheeres, des Innenministeriums sowie privater Firmen, die auch bei Übungen immer wieder dabei sind. „Wir selbst sehen unsere Aufgabe in der bestmöglichen Unterstützung der örtlich zuständigen Feuerwehr“, betont Kommandant Rainer Batlogg.