„Irgendwie müssen wir uns ja den Himmel verdienen”, lacht Renate Burtscher. Sie engagiert sich seit zwei Jahrzehnten im Team des Thüringer Flohmarktlädele. Mit dem Verkauf von gespendeten Secondhand-Waren erwirtschaften die neun Damen alljährlich rund 8.000 bis 10.000 Euro, die ohne Abzug sozialen Projekten im Ort zugutekommen.
FOTOS: TM-HECHENBERGER
Jeden Samstag pünktlich um 9 Uhr öffnen sich die Türen zu den Kellerräumen des Sparkassen-Gebäudes mitten in Thüringen. Eine dunkle Treppe führt ins Paradies für Schnäppchenjäger. Die Vielfalt, welche die Besucher dort erwartet, überrascht. Kleider, Geschirr, Spielzeug, Bücher, Accessoires, Praktisches und Dekoratives wartet fein säuberlich sortiert und gestapelt auf Tischen, in den Regalen und auf Kleiderständern. Ein Team von neun Frauen wacht darüber, dass trotz der Fülle immer Ordnung herrscht. Mit ihrem Einsatz wollen sie einerseits dazu beitragen, dass die Müllberge weniger schnell anwachsen, andererseits geht es ihnen darum, mit den Einnahmen Menschen im Ort zu unterstützen, die Hilfe benötigen. Es sind meist kleine Beträge, die da Samstag für Samstag den Besitzer wechseln, doch die summieren sich im Laufe von zwölf Monaten zu beeindruckenden 8.000 bis 10.000 Euro – und das seit mehr als 26 Jahren.
Der damalige Obmann des örtlichen Krankenpflegevereins, Herbert Batlogg, hatte 1998 erstmals einen Flohmarkt im Ort organisiert. Viele Thüringer hatten dafür Waren gespendet, die sie nicht mehr in Verwendung hatten. Es wurde zwar Einiges verkauft, doch am Ende des Tages standen die Veranstalter vor einem Berg an gut Erhaltenem, das sie nicht einfach wegschmeißen wollten. Anneliese Tschann nahm damals die Sache in die Hand und mit den Gemeindeverantwortlichen Kontakt auf. Der heutige Flohmarktladen geht auf ihre Initiative zurück. 16 Jahre lang tat sie Samstag für Samstag Dienst, bis sie von Renate Burtscher und Marlene Gerster abgelöst wurde. 2019 übernahm dann Marlene Lampert den Flohmarktladen und konnte weitere Damen für den ehrenamtlichen Einsatz gewinnen.
„Es sind ja nicht nur die Stunden am Samstagvormittag, auch während der Woche muss sortiert und entsorgt werden”, berichten die Frauen. Denn ihre Kunden schätzen es, dass sie sich nicht durch wahllos hingeworfene Kleiderberge und Regale mit verschiedensten Waren wühlen müssen. Alles hat seinen Platz.
Es sind höchst unterschiedliche Menschen, die das Angebot unter die Lupe nehmen – junge Eltern, die gut erhaltenes Spielzeug und Kleidung für ihre Kinder suchen, Mutige, die ihren Kleiderschrank oder die Faschingskiste mit einem besonders originellen Teil ergänzen möchten, Umweltbewusste, die sich zum „Re-Use” bekennen und Menschen, die mit dem Secondhand-Einkauf ihre Geldbörse schonen möchten. Angehende Studenten und Pärchen, die zusammenziehen, suchen sich im Flohmarktladen gerne den ersten Hausstand zusammen. „Dabei ergeben sich oft sehr nette Gespräche und sogar Freundschaften”, berichtet Renate Burtscher. Mit einem jungen Mann aus Syrien, der vor seinem Umzug nach Graz regelmäßig im Flohmarktladen einkaufte, ist sie bis heute in regem Kontakt.
Die Menschen aus Thüringen und den umliegenden Gemeinden, welche Dinge, die nicht mehr gebraucht werden, im Flohmarktladen spenden, freuen sich ebenfalls über diese Möglichkeit. Denn vieles ist zum Wegwerfen einfach zu schade. Manchmal muss das Team die Geschenke allerdings auch ablehnen. „Denn die Erfahrung hat gezeigt, dass manche Dinge einfach nicht verkäuflich sind”, bittet Marlene Lampert in diesen Fällen um Verständnis. Es ist nicht im Sinne der Sache, wenn Kaputtes dann auf Kosten des Flohmarkt-Teams entsorgt werden muss. Die Mitarbeiterinnen achten akribisch darauf, dass sich ihr Sortiment in gutem Zustand präsentiert. Angeschlagene Tassen und zerrissene Kleidungsstücke wird man im Thüringer Flohmarktladen nicht finden.
Kein Wunder also, dass die Besucher oft einige Wege in Kauf nehmen. „Wir haben Kunden von Götzis bis Bartholomäberg”, berichten die Frauen stolz.
Über die Einnahmen wird zwar genau Buch geführt, das Geld dann aber auch schnell wieder ausgegeben. „Es macht schließlich wenig Sinn, es ewig auf einem Sparbuch zu parken”, erklärt Marlene Lampert. So wird etwa der Thüringer Krankenpflegeverein regelmäßig mit Zuschüssen bedacht. Einiges Geld wandert in den Sozialfonds der Gemeinde, aus dem alljährlich vor Weihnachten Familien im Ort unterstützt werden, denen es nicht so gut geht. Heuer haben die Flohmarktfrauen außerdem Kinderbücher für die örtliche Bücherei finanziert.
Wer also im Flohmarkt-Laden einkauft, tut auf jeden Fall ein gutes Werk – für die Menschen in Thüringen und für die Umwelt. Jeden Samstag von 9 bis 12 Uhr freuen sich die Frauen auf viele Besucher. Gut erhaltene Waren können ebenfalls während der Öffnungszeiten abgegeben werden. Das Team bittet allerdings darum, keine Spenden einfach vor der Türe abzulegen.
