Bike-Park mit System

Dem Fahrrad endlich eine gebührende und zweckmäßige Unterkunft zu bieten: Diese Idee hat Stephan Schmid, Eigentümer der Schmid Anlagenbau GmbH in Göfis, schon lange im Hinterkopf. Nach gut zweijähriger Entwicklungsarbeit ist „SAM” jetzt marktreif. 

FOTO: TM-HECHENBERGER, RENDERINGS: DANIEL SCHWARZMANN

Das waren noch Zeiten! Als das klassische Fahrrad noch Kindern und der führerscheinlosen Jugend sowie als mühseliges aber kostengünstiges Fortbewegungsmittel jenen vorbehalten war, die sich kein Moped oder Auto leisten konnten. 

Diese Zeiten haben sich glücklicherweise geändert. Grundlegend. Die Drahtesel von damals heißen jetzt Bikes und sind total in. Als City-, Trekking-, Cross- oder Mountainbikes, mit oder ohne Stoßdämpfer und Elektromotor ausgerüstet, gibt es sie in unzähligen Varianten. Ein modernes Bike oder Rennrad kostet heute gut und gerne 3.000 Euro – so viel, wie anno dazumal ein VW Käfer. Und nach oben gibt es praktisch keine Grenzen.

Aufbewahrt werden diese aber meist immer noch wie s(t)einerzeit: Mit einem als Schloss bezeichneten Drahtringlein an unzulänglichen Ständern „gesichert”, oder an Bäumen und Zäunen der Witterung ausgesetzt befestigt.

„Das kann es doch nicht sein!”, dachte sich Stephan Schmid schon vielfach. Wenn er sich zum Beispiel nach anstrengender Tour einen verdienten Gasthausbesuch gönnen wollte, vor einem Einkaufszentrum einen geeigneten Abstellplatz suchte und sogar, wenn er als Freizeitkapitän an Yachthäfen anlegte: Fast nirgends kann man sein Bike einfach, wettergeschützt und diebstahlsicher abstellen.

Als Geschäftsführer der Schmid Anlagenbau hat DI Stephan Schmid mit seinen Konstrukteuren und Fertigungstechnikern für Kunden auf (fast) der ganzen Welt schon unzählige Projekte realisiert und dabei selbst für kniffligste Herausforderungen an Maschinenbau und Fördertechnik immer wieder geniale Lösungen erarbeitet.

Aber erst als er sich vor gut zwei Jahren aus der operativen Geschäftsführung zurückzog und seither das Unternehmen „nur noch” als Inhaber führt, hatte er die Muße, sich diesem Thema zu widmen. Gemeinsam mit einigen Bike-Freunden wurden in kleiner Runde Anforderungen für eine zeitgemäße Fahrradgarage diskutiert und Ideen skizziert. Diese ersten „Stammtischgespräche” mündeten bald in der Erkenntnis, dass die gewünschte Lösung nicht „auf die Schnelle” umzusetzen ist: Um die Idee zu verwirklichen, musste ein richtig großes Projekt angestoßen werden. 

Aber: „Die Leidenschaft, Dinge anzupacken und immer offen für neue Herausforderungen zu sein”, ist schließlich einer der Leitsätze der Schmid Anlagenbau. Bald waren der Chefkonstrukteur der Schmid-Dependance in Egg, Daniel Schwarzmann, mit im Boot, die Design- und Marketingspezialistin Nadine Rückner an Bord und mit Dr. Wolfgang Blum ein Spezialist für alle juristischen Fragen um Patentrecht, Markenschutz oder Haftungsfragen im Team. Zusammen mit weiteren Fachleuten, welche die gemeinsame Leidenschaft am Biken eint, wurde das Ziel strategisch verfolgt. In zweijähriger Arbeit und nach dem Bau verschiedener Prototypen und Testphasen konnten so zwei Varianten der jetzt marktreifen Bike-Garagen entwickelt werden. Unter dem Markennamen „SAM” soll deren Verkauf noch heuer starten.

Großes Marktpotenzial vorhanden

Mögliche Kunden sind Privatpersonen, die für ihre Bikes in der überfüllten Garage keinen Platz mehr haben und sich eine Einzelbox dafür anschaffen wollen: Dieses „Single-SAM” ist, unterstützt durch Gasfedern, einfach zu öffnen und ebenso leicht sicher geschlossen. Auf einer Grundfläche von 2 x 1 Meter bleibt sogar noch Platz für die Skiausrüstung oder andere Utensilien. Wahlweise kann das Dach der Design-Box mit einer kleinen Photovoltaikanlage zum Laden des Bikes oder mit einem integrierbaren Modul zur Bepflanzung etwa mit Blumen oder Gewürzen erworben werden.

Die einzelnen Boxen können für Firmen, Schulen oder Mehrfamilienhäuser in verschiedenen Konstellationen auch aneinandergereiht werden. „Auf einer Parkfläche für zwölf Autos bringen wir mit SAM bis zu 56 Fahrräder unter.” Die einzelnen Boxen sind mit einem elektronischen Chip zu öffnen und  zu schließen.

Beim zweiten SAM-Modul  handelt es sich um ein stylisches Rondell, in dem bei einem Durchmesser von 2,5 Metern gleich acht Fahrräder sicher untergebracht werden können. Nähert sich ein Biker mit dem Berechtigungschip in der Tasche dem Rondell, passiert Folgendes: Über einen Elektromotor dreht sich der Boden automatisch zu einem freien Parkplatz oder eben zum dort geparkten Bike. Der Eingang öffnet sich und der freie Parkplatz kann benutzt werden: Dazu muss nur das Vorderrad auf einen Bügel gefahren werden – das Bike wird dann automatisch in die platzsparende vertikale Position nach oben gezogen.

„Man nutzt das Fahrrad doch viel lieber und öfter, wenn es direkt vor der Tür in einem schönen Rondell oder einer stylischen Box gesichert und leicht verfügbar ist, als wenn ich es zuerst aus einem dunklen Fahrradkeller heraufholen muss!” Darum gehe es Stephan Schmid und seinen Mitentwicklern ja generell: Die Nutzung des Fahrrades soll so attraktiv wie möglich gestaltet werden. 

Und hier sehen die SAM-Entwickler auch das große Potenzial für ihr Produkt. Firmen, denen ihr Umweltimage und die Gesundheit ihrer Mitarbeiter wichtig ist, können dies mit SAM beweisen. Dienstleister, Geschäfte oder Hotels, die den zunehmend mit oder mitsamt Bike anreisenden Kunden und Gästen attraktive Bike-Park-Möglichkeiten bieten, können damit ihre Kunden- und Gästefrequenz steigern. Für öffentliche Gebäude und Behörden, so die SAM-Entwickler, müssten ordentliche Fahrradplätze eigentlich obligat sein. Die Politik forciere schließlich das Fahrradfahren und investiere richtigerweise Millionen für Fahrradwege. Das Abstellen der Bikes dagegen war bisher höchstens ein Randthema.

So ein Single-SAM wird rund 2.000 Euro, ein Rondell je nach Ausführung bis zu 20.000 Euro kosten. „Wenn das Rondell etwa beim Bau von Mehrfamilienhäusern oder Wohnblocks entsprechend eingeplant wird, fällt das kaum ins Gewicht. Und die Kosten für Fahrradkeller-Raum sind wesentlich höher”, stellt Stephan Schmid klar. 

Und man müsse auch umdenken: Für Auto-Parkflächen  würden ganz selbstverständlich Flächen asphaltiert und sündteure Tiefgaragen errichtet. Über den enormen Bodenverbrauch und die Kosten werde gar nicht geredet, solange es um das Auto gehe. Für das Fahrrad dagegen soll irgendein Blechständer genügen? Auch in dieser Hinsicht werden sich „die Zeiten ändern”, sind die SAM-Entwickler überzeugt.

Vorheriger ArtikelTalente im Walgau – entdecken. entwickeln. fördern.
Nächster ArtikelMenschen: Sonja Zimmermann