Sie haben keinen blassen Schimmer, was eine Weide mit Aspirin zu tun haben soll? Ein Plenterwald kann für Sie nur in exotischen Gefilden liegen? Es kommt Ihnen spanisch vor, wenn in einem gepflegten Waldstück Baumstämme kreuz und quer in der Gegend herumliegen? Dann wird es Zeit für einen Spaziergang durch den Schnifner Tschanischawald. Dort bieten mehr als dreißig Infotafeln spannende Einblicke in die Kreisläufe der Natur, die Ansprüche, Vor- und Nachteile sowie Nutzungsmöglichkeiten verschiedenster Baumarten und die Prinzipien einer nachhaltigen Forstwirtschaft.
FOTOS: TM-HECHENBERGER
„Ein Aufenthalt im Wald stärkt unser Immunsystem und unsere Widerstandskraft”, betonte Landesforstdirektor DI Andreas Amann bei der offiziellen Eröffnung des Wald-Wissen-Weges Ende Oktober aus aktuellem Anlass. Umso wichtiger sei es, die Erholungsmöglichkeiten im Wald langfristig zu sichern. Vielen Menschen sei aber nicht bewusst, dass der Klimawandel den heimischen Wäldern Trockenstress und in der Folge Schädlingsbefall und Windwurf beschere. „Und zwar in immer kürzeren Abständen”, berichtete der Geschäftsführer der 2001 gegründeten Forstbetriebsgemeinschaft Jagdberg, Mag. Walter Amann. Langfristig gefährdet diese Entwicklung auch die menschlichen Siedlungen, wenn der Wald Hangrutschungen und Lawinen nicht mehr standhalten kann.
Borkenkäfer und Co. haben vor allem dort ein leichtes Spiel, wo Monokulturen etwa von flach wurzelnden Fichten sich weitgehend selbst überlassen werden. In der Forstbetriebsgemeinschaft Jagdberg, die rund 1775 Hektar Wälder in Düns, Satteins, Schlins, Bludesch, Bürserberg, Dünserberg, Röns, Schnifis, Schnifisberg, Bludesch und Thüringen betreut, setzt man deshalb auf eine gezielte Vielfalt. Ziel ist ein sogenannter Plenterwald, in dem sich Gehölze mit unterschiedlichsten Ansprüchen und Wuchshöhen gegenseitig guttun und selbst laufend für eine Verjüngung sorgen. Ganz ohne Eingriffe des Menschen geht es allerdings trotzdem nicht. Denn wenn etwa Schadholz nach einem Windwurf nicht rasch entfernt wird, ist der Tisch für den Borkenkäfer reich gedeckt. „Außerdem ist es auch aus ökologischer Sicht sinnvoll, das Holz zu nutzen”, wird Forstfacharbeiter Günter Dünser nicht müde zu betonen. „Wenn ein Baum abstirbt, gibt er das im Holz gebundene Kohlendioxid frei. Wird das Holz hingegen verbaut, bleibt es unter Umständen sogar über Jahrhunderte gebunden.” Andererseits platzieren die Mitarbeiter der Forstbetriebsgemeinschaft gefällte Stämme gezielt dort, wo eine verstärkte Humusbildung gefragt ist, Hangrutschungen verhindert und Jungpflanzen geschützt werden sollen. Was vom Laien als Unordnung wahrgenommen wird, dient also einem klaren Zweck.
Genau solche Zusammenhänge möchte der ausgebildete Waldpädagoge Günter Dünser möglichst vielen Menschen bewusst machen. Dieses Wald-Wissen wollte er jedermann kostenfrei und jederzeit zugänglich machen. Seinen Chef Walter Amann musste er von dieser Idee nicht lange überzeugen, und auch Forstdirektor Andreas Amann erklärte sich sofort bereit, das Projekt fachlich zu begleiten. Die Gemeinde Schnifis als Grundbesitzer, die KLAR-Region Walgau und die übrigen Dreiklang-Gemeinden waren ebenfalls rasch im Boot. Als gelernter Zimmermann konstruierte Günter Dünser die Infotafeln selbst, das Design entwickelte sein Onkel, der pensionierte Volksschullehrer Herbert Dünser.
Wer an einem sonnigen Herbsttag den Pfeilen folgt, welche den 3,7 Kilometer langen Wald-Wissen-Weg ausweisen, wird nicht nur einiges an neuem Wissen ansammeln. Mit seiner Farbenpracht und den spektakulären Ausblicken, welche der Tschanischa-Wald bietet, ist er selbst der beste Botschafter für den Wert einer nachhaltigen Forstwirtschaft. Nur selten lassen sich Bildung und Erholung derart erfolgreich unter einen Hut bringen. „Wir bieten der Bevölkerung – auch am Talboden – einen einzigartigen Naherholungsraum”, erklärte denn auch der Dünser Bürgermeister Gerold Mähr als Obmann der Dreikang-Region. Er hofft, dass möglichst viele Interessierte das neue Angebot nutzen. Gruppen können im Dreiklang-Büro auf Wunsch Führungen buchen.
Sein Schnifner Kollege und „Hausherr”, Simon Lins, zeigte sich begeistert, dass in seiner Heimatgemeinde wieder einmal Private die Initiative ergriffen haben, „damit unsere Region noch besser und schöner wird.”
PS: Der Wald-Wissen-Weg liefert auch die Antwort auf unsere erste Frage: Die Rinde der Weide enthält Salicin, das sich im menschlichen Körper in Salicylsäure umwandelt – dem wichtigsten Wirkstoff von Aspirin.