Bitte weitersägen

Erneuerbare Energie und nachwachsende Rohstoffe zu nutzen, das war für die Familie Mündle schon immer selbstverständlich. Im Jahr 1902 setzten Kaspar und Lorenz Mündle im Ortszentrum von Satteins ihr Sägewerk in Gang. Betrieben wurde es über eine Turbine im Mühlebach. Heute setzt Georg Mündle, Enkel des Firmengründers Kaspar Mündle, auf Photovoltaik als Energiequelle und – wie schon sein Opa – ausschließlich auf Holz aus der Region. Sohn Paul will genau so weitersägen.

FOTOS: TM-HECHENBERGER

„Ein bisschen etwas” hat sich in der 121-jährigen Firmengeschichte natürlich schon geändert. Bis seinerzeit ein Baumstamm durch das „Venezianergatter” (Afachgang genannt) geschnitten war, dauerte das, abhängig vom Wasserstand im Mühlebach, mindestens zehn Minuten pro Brett. „Der Onkel meines Vater hat sich gerne auf das Ende des Baumstamms gesetzt und Zeitung gelesen. Wenn sich der Stamm den Sägeblättern näherte und die ersten Späne Richtung Zeitung flogen, war die Lesepause vorbei”, berichtet Georg Mündle.
Heute werden in seinem 2005 an der Gewerbestraße völlig neu errichteten Betrieb viele Arbeitsschritte vollautomatisch und in kürzester Zeit abgewickelt. Ein ganzer Baumstamm ist in wenigen Minuten zu Brettern, Balken, Dielen oder Latten verarbeitet, welche dem Kunden wiederum nach wenigen Tagen Aufenthalt in der 16 Meter langen Vakuum-Trocknungsröhre für die weitere Verwendung optimal getrocknet übergeben werden können.

2005 ist das Sägewerk an den neuen Standort in der Gewerbestraße umgezogen. Dort gibt es ausreichend Platz – auch für große Photovoltaikanlagen.

Die Entwicklung von der alten Säge zum Hochleistungswerk hat der 1970 geborene Firmenchef schon als Kind miterlebt und seit seinem Eintritt als Lehrbub im Jahr 1987 weiter vorangetrieben. „Auch der Opa und mein Vater haben immer darauf geachtet, dass man technisch auf dem aktuellen Stand ist”, ist Georg Mündle stolz auf die Innovationskraft seiner Vorfahren. Schon bei der Inbetriebnahme des Sägewerks 1902 schaute die ganze Region nach Satteins: Das installierte „Vollgatter” war das Beste, das es damals gab und auch das einzige seiner Art im weiten Umkreis. Man bot sich den vielen Waldbesitzern in Satteins und Umgebung als fairer und verlässlicher Partner an – ein Grundsatz, der noch heute Gültigkeit hat. In den Kriegsjahren stand die Zukunft der Säge vor einer harten Bewährungsprobe. 1943 starb Johann, der älteste Sohn des Firmengründers, im Krieg in Russland. Er war zum Säger ausgebildet und der designierte Nachfolger. 1944 verstarb Kaspar Mündle im Alter von 71 Jahren. So musste der Zweitgeborene Karl – mit erst 17 Jahren – das Sägewerk übernehmen und leitete es vorerst als „Witwenbetrieb”. Der junge Mann allerdings stellte sich der Herausforderung mit viel Fleiß und Mut und überstand auch die schwierige Zeit nach dem Krieg. In den 50er-Jahren ging es mit der Unterstützung seiner jüngeren Brüder Kaspar und Adolf weiter aufwärts. So wurde im Jahr 1960 das alte Venezianergatter durch eine moderne Blockbandsäge ersetzt. 1962 wurde der erste Hubstapler der Region angeschafft und weiter in den Betrieb investiert. Die Platznot am Stammsitz mitten im Ortszentrum konnte durch einen zusätzlichen Schnittholzplatz in der Augasse zunächst entschärft werden.

Die unzähligen Fahrten von Karl Mündle mit Stapler und beladenem Anhänger vom Sägewerk ins Schnittholzlager gehörten zum Alltag für die Satteinser Bevölkerung. Später wurde das Rundholz beim Schützenhaus zwischengelagert, dort entrindet und zum Sägewerk transportiert. Bei der Fahrt durch die engen Gassen und scharfen Kurven waren die LKW-Fahrer froh um die Tipps des noch jugendlichen Georg. Der soll – gerüchteweise – schon im Alter von zwölf Jahren hinter dem Steuer diverser motorisierter Fahrzeuge

gesessen haben… 1987, also vor 35 Jahren, stieg er nach Abschluss der Handelsschule als Lehrling in den Betrieb ein. Schon bald übernahm er diverse Geschäftsführungs-Agenden seines Vaters, der ihm aber noch viele Jahre nach seinem offiziellen Pensionsantritt mit Rat und Tat zur Seite stand. 2005 schließlich wurde das Sägewerk, nach acht Jahren Behördenverfahren und knapp zwei Jahren Bauzeit, am heutigen Standort in der Gewerbestraße gänzlich neu errichtet. Hier ist reichlich Platz für die Verarbeitung von jährlich gut 8.000 Festmetern Holz, die fast ausschließlich von privaten Waldbesitzern und Agrargemeinschaften im Umkreis von rund 30 Kilometern stammen.
Derzeit sind 13 Mitarbeiter beschäftigt. Wenn der momentan bei der Lebenshilfe am Sunnahof im Zivildienst befindliche Sohn Paul Zeit findet, packt natürlich auch der mit an. Paul hat von klein auf im Sägebetrieb mitgeholfen und kennt alle Vorgänge im elterlichen Betrieb „in- und auswendig”. Außerdem hat er die fünfjährige Holztechnik-HTL in Kuchl erfolgreich abgeschlossen. Gemeinsam haben Paul und Georg im vergangenen Jahr in zwei neue Trockenkammern und eine neue Weiterverarbeitungshalle investiert. Es war beiden ein wichtiges Anliegen, die Energieversorgung auf maximale Umweltfreundlichkeit zu trimmen. Die anfallenden Holzreste, Sägespäne und Hackschnitzel liefern in Zukunft über ein hochmodernes Blockheizkraftwerk nicht nur Wärme, sondern auch Strom. Den produzieren auch mittlerweile drei große Photovoltaikanlagen auf den Dächern des Sägewerks. Ziel ist die Vollversorgung des Sägewerks mit erneuerbarer Energie. Ganz nach dem Vorbild des Urgroßvaters…

Am 12. August laden Georg und Paul Mündle und ihre Mitarbeiter zum Tag der Offenen Tür ins Sägewerk in der Gewerbestraße Satteins. Bitte weitersagen.

Noch Anfang Mai freute sich Karl Mündle (96) beim „Fotoshooting” mit Sohn und Enkel über das bevorstehende große Fest. Ganz überraschend verstarb er wenige Tage danach am 11. Mai. Der Tag der Offenen Tür wird ganz in seinem Sinne und auch zu seinen Ehren stattfinden.

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