Das Erbe des Walgaus bewahren

Ein Musterungshut, verziert mit Virginia Zigarren und Foto von Kaiser Franz Joseph, Backen-Bindungen für die Schi von anno dazumal, ein Nasenring für Stiere oder eine Honigschleuder aus Email – all diese Dinge zeugen vom Alltagsleben der Walgauer in der Vergangenheit. Und sie sind wohl gehütete Schätze verschiedener Sammler aus der Region. Die neue Website des Vereins Kulturgutsammlung Walgau bietet auf Mausklick spannende Einblicke.

FOTOS: KGW, SARAH SCHLATTER, TM-HECHENBERGER

Engagieren sich im Vorstand des Vereins Kulturgutsammlung Walgau: Historiker Mag. Thomas Welte aus Frastanz, Literaturwissenschaftlerin Mag. Monika Kühne aus Göfis sowie Kunstpädagoge Helmut Schlatter aus Nenzing.

Ziel des Vereins mit Sitz in Nenzing ist es, sicherzustellen, dass die privaten Sammlungen erhalten bleiben. Denn die Erben können mit den vielen Gegenständen, die über Jahre Einzug hielten, oft nicht viel anfangen. Der Platz wird knapp oder anderweitig benötigt. Nach dem Tod ihrer Besitzer werden Sammlungen deshalb oft aufgeteilt oder gar entsorgt. Der Verein Kulturgutsammlung Walgau wurde 2010 auf Initiative der Regio Im Walgau gegründet. „Ursprünglich wollten wir ja auch ein physisches Depot, in dem die Stücke dauerhaft untergebracht werden”, erklärt Obmann Helmut Schlatter. Weil sich dieses Vorhaben vorerst als unfinanzierbar herausstellte, einigte man sich darauf, die Gegenstände zumindest digital zu erfassen und Interessierten auf diese Weise zugänglich zu machen. Seit 2014 sind alle 14 Walgau- gemeinden sowie 14 Privatpersonen und Institutionen Mitglied im Verein. Weitere ehrenamtliche Unterstützer bringen sich in verschiedensten Bereichen ein.

In den letzten sieben Jahren wurden bereits 17 Sammlungen fotografisch dokumentiert, in zwölf Video-Interviews kommen die Besitzer selbst zu Wort. Im Rahmen von Ausstellungen, Erzählabenden und Schüler-Workshops wurden die Sammlungen öffentlich gemacht. Sämtliche Objekte von Edith Berchtolds Bienen-Museum in Nenzing-Beschling sowie der Schiwerkstatt und Wagnerei Otto Schallert sind bereits komplett erfasst und inventarisiert. Im Frastanzer Tabak- sowie im Jagdmuseum und im „Gmeiner Huus” in Ludesch waren Studenten im heurigen Sommer wieder eifrig dabei, jedes auch noch so kleine Stück akribisch zu fotografieren und beschreiben. „Es sind insgesamt rund tausend Gegenstände”, berichtete Hertha Küng, die als Mieterin im „Gmeiner Huus” wohnt und Interessierte bei Bedarf durch Othmar Gmeiners Hinterlassenschaft führt. Der Ludescher hatte sein Haus der Heimatgemeinde hinterlassen – mit der Auflage, seine Sammlung an bäuerlichen und handwerklichen Werkzeugen und Gegenständen öffentlich zugänglich zu machen.

In den letzten Juli-Tagen wurde der Prozess zur Umsetzung eines Museums offiziell gestartet. Die vom Verein Kulturgutsammlung Walgau und der Kulturabteilung des Landes getragene Inventarisierung läuft bereits seit sechs Jahren. Doch nun ist ein Ende abzusehen. Im Sommer 2021 sollen noch die verbleibenden 28 Sammelstücke – allesamt größere Maschinen – aus Othmar Gmeiners Bestand wissenschaftlich erfasst werden. Viele von seinen Schätzen können unter www.kulturgutwalgau.at bereits begutachtet werden.

Interessierte erfahren außerdem, wofür die einzelnen Werkzeuge gebraucht wurden, sofern dies heute überhaupt noch bekannt ist. Doch genau über solche Dinge soll auf der neuen Website diskutiert werden. Der Verein Kulturgutsammlung Walgau setzt auf Vernetzung und lädt herzlich zur Mitarbeit ein. Die Internet-Plattform soll nämlich laufend um neue Objekte und Geschichten über das frühere Leben im Walgau erweitert werden. Vorstands-Mitglied Monika Kühne hat für die Website Informationen über das Schicksal der Schwabenkinder oder die Walgauer Burgen aufbereitet und durch zahlreiche weiterführende Links ergänzt. Der Verein Kulturgutsammlung Walgau freut sich aber auch über Beiträge von Gastautoren. So hat etwa Markus Pastella aus Bürs bereits einen geschichtlichen Beitrag verfasst. Außerdem hoffen Helmut Schlatter und sein Team, dass noch mehr Walgauer Sammler bereit sind, ihre Schätze der Öffentlichkeit zu präsentieren. Der Verein vermittelt bei der wissenschaftlichen Erfassung, berät etwa bei Fragen zur Aufbewahrung oder Restaurierung der Gegenstände und vernetzt mit Gleichgesinnten, der Regio Im Walgau, den Walgaugemeinden und der Kulturabteilung des Landes. Schließlich bedarf es gemeinsamer Anstrengungen, um das Erbe des Walgaus zu erhalten.

Der Obmann des Vereins Kulturgutsammlung Walgau, Helmut Schlatter steht für weitere Auskünfte gerne zur Verfügung.
Tel. 0664/73574514, E-Mail: info@kulturgutwalgau.at

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