„Tisca”: Für Freunde textiler Bodenbeläge steht dieser Name seit Jahrzehnten für beste Qualität. Gerade in Vorarlberg, wo die Firma Tisca ab 1963 in Thüringen Teppiche herstellte, noch heute ihren Stammsitz hat und ein spezielles „Lädele” mit feinen und besonders preisgünstigen Teppichen offenhält.
FOTOS: TISCA, TM-HECHENBERGER
Seit 1963 in Thüringen aktiv, hat Tisca einen steilen Aufschwung erlebt und auch schwierige Jahre durchlebt. Jetzt sorgen die handgewebten Wollteppiche von Tisca auf Messen, bei Designern, Handelspartnern und Kunden wieder für Begeisterung: Auf der ganzen Welt sind die Produkte der Vorarlberger Teppichlegende gefragt.
„Ja klar sind wir ein Vorarlberger Unternehmen”, stellt Andreas Honer fest, der das Unternehmen seit drei Jahren als Geschäftsführer leitet. Der im schwäbischen Reutlingen aufgewachsene Manager hat Tisca schon als Kind kennengelernt, wenn es mit den Eltern Richtung Silvretta zum Skifahren ging und die Mutter auf dem Heimweg nicht selten noch in Thüringen „einen echten Tisca” erwarb. Später hat sich Honer als Einkäufer für große Möbelhäuser in ganz Deutschland an die einzigartige Qualität der „wunderbaren Teppiche aus Thüringen” erinnert.
Dabei wurde Tisca im Jahr 1940 von Anton Tischauser im kleinen Örtchen Bühler im Appenzell, etwa 20 Kilometer von der Vorarlberger Grenze entfernt, gegründet. Ab 1963 startete in Thüringen die Tisca Austria durch. Das von Walter Aigner sen. geführte Unternehmen war bald für seine Qualitätsprodukte bekannt. Als 1975 der schwedische Möbelriese IKEA die Tisca-Teppiche ins Programm nahm, war man „am Gipfel” angekommen.
Ab den 80er-Jahren traf die Vorarlberger Textilkrise auch das Unternehmen in Thüringen. Es wurde immer schwieriger, im Ländle Arbeitskräfte für die Textilbranche zu gewinnen und die Zahl derer, die das Weberhandwerk beherrschten, wurde immer geringer. Parallel dazu stiegen die Lohn- und Arbeitskosten. Die teilweise Auslagerung der Produktion nach Kärnten und Tunesien bewährte sich nicht. Mitte der 1990er Jahre, die Tisca wurde schon von Walter Aigner jun. geführt, stieg dann mit IKEA der weitaus größte Abnehmer aus: die Tisca-Teppiche waren den Kunden – im Vergleich zu billigen Importen aus Indien – zu teuer geworden. Binnen kurzer Zeit schrumpfte der Umsatz um rund 70 Prozent, die Tisca stand damals auf bedenklich wackeligen Beinen.
Rettung im „Dracula-Land”
Erst die teilweise und später zur Gänze nach Rumänien verlegte Produktion ließ wieder Licht am Ende des Tunnels erkennen. In Rumänien gibt es speziell in Siebenbürgen (rumänisch: Transsilvania) eine lange, bis ins 16. Jahrhundert zurückreichende Weber-Tradition. Nach dem Zweiten Weltkrieg waren dort 150 Webereien aktiv, im kommunistischen Regime wurden sie zum Kombinat „Covtex” mit 5.000 Mitarbeitern zusammengelegt. Fachkräfte, die das Handwerk der Spinnerei, Filzerei, Zwirnerei und Weberei perfekt beherrschen, gibt es auch heute noch in großer Zahl.
Heute beschäftigt die Thüringer Teppichmanufaktur – als Hundert-Prozent-Tochter des Schweizer Familienunternehmens, aber eigenständig agierend – insgesamt 170 Mitarbeiter. 20 davon in Thüringen, die anderen an drei Standorten in Rumänien. Tisca trägt dort seit nunmehr zwanzig Jahren als wichtiger Arbeitgeber wesentlich zum wirtschaftlichen Wachstum und sozialen Aufschwung speziell in der Region Siebenbürgen bei. Wesentlichen Anteil am guten Gelingen im sozialen Sinne hat auch der Vorarlberger Pater Sporschill, der sein Wissen vor allem beim Aufbau der Weberei im Roma-Dorf Ziegental (Tichindeal) einbrachte.
Qualität von der Wolle bis zur Verkaufsberatung
Die Profis in Rumänien – es sind übrigens in der Hauptsache Frauen, welche die riesigen Holzwebstühle jeweils zu zweit von Hand bedienen – erfüllen den hohen Qualitätsanspruch an jeden einzelnen Tisca-Teppich mit Geschick, Fleiß und Können. „Unsere Mitarbeiter beherrschen das perfekt”, ist Honer voll des Lobes für die Kunstfertigkeit, Kreativität und Genauigkeit der Weberinnen.
Schon das Basisprodukt ist vom Feinsten. Die Wolle stammt zur Hauptsache von Schafen aus Neuseeland. Im milden Klima der „grünen Insel” im Südpazifik wächst praktisch das ganze Jahr über Gras, die Schafe können daher im Freien gehalten werden. Ihre Wolle – zwei bis drei Kilo pro Tier und Jahr – ist daher besonders hochwertig.
Die „Qualitätskette” zieht sich über die vielen Verarbeitungsschritte konsequent durch: Bis zum Verkauf, wo man sich viel Zeit für die Beratung nimmt. Das wissen vor allem auch die Kunden, die im Thüringer Tisca-Lädele einkaufen. Es ist gewissermaßen das „Wohnzimmer” von Reinhold Balasch, einem echten Tisca-Urgestein. Seit 42 Jahren arbeitet er schon für die Firma. „Von der Pike auf” hat er damals als Zusteller, in der Spinnerei, der Weberei und überall dort gearbeitet, wo man ihn brauchte. Er kennt den Betrieb wie kaum ein anderer. Und selbstverständlich weiß er nach 30 Jahren als Verkäufer im Lädele alles, wirklich alles!, was man über Tisca-Teppiche wissen kann. Und er kennt auch viele der Kunden: Wenn es junge sind, meist auch deren Eltern und Großeltern. „Wer einmal einen echten Tisca gehabt hat, der bleibt dieser Qualität treu”, vermeldet er nicht ohne Stolz und ergänzt: „über Generationen!”
Entsprechend selbstbewusst tritt er auf, wenn Interessierte etwa behaupten, dass sie irgendwo anders einen gleichen Teppich deutlich günstiger gesehen hätten. „Das gibt es nicht”, antwortet er dann und lässt sich auf weitere Diskussionen über dieses Thema nicht wirklich ein. Stattdessen klärt er die Kundschaft über die vielen Merkmale auf, die einen echten Tisca von maschinell hergestellter Ware unterscheiden.
Dass die naturbelassene Wolle „seiner” Teppiche besonders pflegeleicht ist, zum Beispiel. „Wenn Wein, Saucen oder anderer Schmutz auf den Teppich kommt, einfach mit einem in Schmierseifenlauge angefeuchteten Tuch abwischen”, rät Mr. Tisca-Lädele. Danach den Teppich umdrehen: Kein Problem, weil ja jeder Tisca beidseitig verwendbar ist. Nach zwei, drei Wochen kann wieder gewendet werden – vom Fleck ist dann nichts mehr zu sehen. Auch mit vielen anderen Argumenten kann Balasch überzeugen.
Einen Tisca muss man fühlen
„Aber man muss so einen Teppich fühlen”, erklärt er, und freut sich, wenn die Lädele-Besucher die vielen unterschiedlichen Teppiche – etwa 200 in verschiedenen Größen und Strukturen hat er auf Lager – immer wieder betasten, in die Hand nehmen und durchkneten. Wenn jemand das Barfuß-Feeling erleben will: Bitte schön! Schuhe und Socken aus und schon geht es wie auf Wolken dahin. Oder wenn ein Kind auf dem Teppich spielen will und sich mit dem Gesicht nach unten in einem Tisca „vergräbt”, freut sich Reinhold Balasch. „Das ist sooo fein!”, zeigen sich dann nicht nur die Kleinen begeistert.
„Ich habe gute Ware hier und schöne Teppiche”, klärt Balasch auf. Es handelt sich dabei um Musterstücke für Messen, um Exemplare, bei denen neue Webmuster getestet wurden oder auch um B-Ware. Ganz selten haben die Teppiche nämlich kleine Fehler und können daher nicht in den regulären Verkauf. „Ich mache mir dann den Spaß und lasse die Leute den Fehler suchen”, erklärt Balasch mit spitzbübischem Lächeln im Gesicht. Meistens bleibt die Suche erfolglos und die Abweichungen werden erst nach Hinweis des Meisters bemerkt. Die winzigen Fehler werden dann oft gerne in Kauf genommen, weil der Preisnachlass im Verhältnis dazu riesig ist.
„Im Lädele wird jeder fündig”, verspricht Balasch. Zumindest dann, wenn man bei Größe und Farbe ein bisschen flexibel sei. Gerne gibt er den Kunden Teppiche mit, sodass sie deren Wirkung zuhause in aller Ruhe betrachten können. Wer andererseits ein ganz konkretes Modell in einer bestimmten Farbe und Größe im Lädele nicht findet, der kann seinen Wunschteppich auch direkt vor Ort bestellen. Und hier gilt: (Fast) alles ist möglich! Bei 96 Farbtönen und 26 unterschiedlichen Oberflächenstrukturen ergeben sich allein beim Modell Olbia 2.496 Varianten, die in praktisch jeder gewünschten Größe und Form individuell gefertigt werden können…