Elektroautos auf der Überholspur

Boom der Nachhaltigkeit: 37 Prozent aller im ersten Quartal dieses Jahres in Vorarlberg neu zugelassenen Autos waren zumindest teilweise elektrifiziert. Die vom Sprecher des Vorarlberger Autohandels, dem Nüziger Rudi Lins, vorgetragene Bilanz ist eindeutig. Die Elektromobilität wird bald unsere Straßen dominieren.

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837 reine Elektroautos und Hybridfahrzeuge (solche mit Verbrenner- und Elektromotor) wurden von Anfang Jänner bis Ende März dieses Jahres in Vorarlberg verkauft. Vor nicht einmal zehn Jahren waren es genau 369: Und zwar im ganzen Jahr 2013 und in ganz Österreich – das damals europaweit und im Verhältnis zur Einwohnerzahl den zweithöchsten Elektroanteil aufweisen konnte.

Die Entwicklung ist also fulminant – und wird noch länger andauern. Das kann man schon beim Blick auf die Preisanzeige bei Tankstellen erahnen. Diesel und Benzin werden immer teurer. Zwar haben auch die Strompreise angezogen: Das Elektroauto ist im Fahrbetrieb trotzdem um Welten billiger. Der Ludescher Ökoberater Gebi Bertsch ist schon seit sechs Jahren mit dem E-Auto unterwegs und zeichnet seinen Stromverbrauch ebenso lange akribisch auf. Im Durchschnittsjahr 2019 hat er 16.534,7 Kilometer zurückgelegt. Der Stromverbrauch dafür lag bei insgesamt 3002,80 Kilowattstunden. Davon hat das Auto durch Rekuperation (beim Bremsen wird die Batterie geladen) 620,3 kWh (knapp über zwanzig Prozent!) quasi selbst erzeugt.

Strom statt Diesel: 84 Prozent Ersparnis

Über die Stromzapfsäule hat Bertsch 2.383,7 kWh bezogen. Wenn man den aktuellen Preis für Öko-Nachtstrom (15,28 Cent/kWh) zugrunde legt, ergibt das Gesamtkosten von 364 Euro. Mit Diesel betrieben (7 Liter Verbrauch) hätte das bei einem Preis von 1,942 Euro je Liter (Durchschnittspreis Vorarlberg am 11. Mai 2022) 2.247 Euro gekostet. Die Ersparnis beträgt also 1.883 Euro, pro Monat 157 Euro.

Für den Durchbruch der Elektromobilität spricht aus Sicht des Ökoberaters noch viel mehr: Die ökologische Gesamtbilanz falle insgesamt eindeutig aus. „Die Verbrennung von Benzin und Gas belastet nicht nur die Luftqualität und unser aller Gesundheit, sondern muss auch wegen der Auswirkungen auf das globale Klima aufhören”, plädiert Gebi Bertsch für den Umstieg.

Ökoberater Gebhard Bertsch aus Ludesch ist schon seit sechs Jahren mit dem E-Auto unterwegs.

Reichweite ein schwaches Gegenargument

Natürlich kennt er auch die gängigen Argumente gegen die Elektromobilität. „Sie haben teilweise durchaus ihre Berechtigung”, gibt Vorarlbergs Solarpionier zu. Das Reichweitenproblem wird dabei besonders häufig ins Treffen geführt. „Für jemanden, der häufig wirklich lange Strecken fahren muss, kann das schon ein Killerargument sein”, so Bertsch. Im Alltag des Durchschnitts-Autofahrers spiele das aber keine Rolle. Bei weiteren Fahrten – wenn man sie nicht mit Bahn oder Bus bewältigen will – sind Aufladepausen erforderlich: eine gute Gelegenheit für Fahrpausen, wie sie aus Sicherheitsgründen ohnedies dringend empfohlen sind.

Dass bei der Herstellung von Lithium-Ionen-Batterien seltene Elemente gebraucht werden, ist aus Sicht von Bertsch ein echtes Problem. Vor allem, wenn etwa beim Kobalt-Abbau im Kongo Kinder eingesetzt werden oder in der Lithiumproduktion in Lateinamerika Mindeststandards zum Umweltschutz verletzt werden. Die Weltöffentlichkeit habe das allerdings während der ganzen langen Jahre der milliardenfachen Produktion von Li-Ion-Batterien für Handys und Laptops kaum gestört. Eine Vielzahl von Autoherstellern fordern dagegen bei ihren Lieferanten entsprechende Sozial- und Umweltstandards ein. Das werde die Problematik mittelfristig deutlich entschärfen, ist Bertsch zuversichtlich.

Die in Elektroautos verbauten Akkus sind (im Gegensatz zu jenen in den Handys) mit intelligenter Steuerungselektronik ausgerüstet, welche die Lebensdauer enorm erweitert. Die meisten Hersteller garantieren eine Mindestleistung von 80 Prozent nach acht Jahren und/oder 160.000 Kilometern: Wie sich in der Praxis zeigt – kein Problem. Lexus hat die Garantie bereits auf zehn  Jahre und eine Million Kilometer erhöht…

Amsterdam: Stadionflutlicht mit alten Akkus

Die Akkus  können aber auch nach ihrem Einsatz im E-Auto noch sinnvoll genutzt werden: Im Amsterdamer Fußballstadion Johann Cruijff wird in alten Autoakkus der tagsüber erzeugte PV-Strom gespeichert, um das Flutlicht für das abendliche Fußballspiel mit Energie zu versorgen. Und wenn die Batterie wirklich am Ende ist? Mit dem von VW mit entwickelten „LithoRec-2-Verfahren” können Kobalt, Nickel, Mangan und Lithium fast hundertprozentig in batteriefähiger Qualität wiedergewonnen werden können. Es war bisher allerdings nicht wirtschaftlich: Das wird sich rasch ändern, wenn die entsprechenden Mengen anfallen.

Gegen Elektroautos werden auch Schreckensszenarien von zusammenbrechenden Stromnetzen ins Treffen geführt. Hier wiegelt sogar der deutsche Autofahrerclub ADAC ab: Zehn Millionen Elektroautos würden den Stromverbrauch in Deutschland um gerade einmal 5,6 Prozent steigern…

5.000 Euro Förderung für E-Autos

Summa summarum wird dem Elektroauto, das ja in den nächsten Jahren weitere technische Entwicklungsschritte erfahren wird, die Zukunft gehören. Auch die Politik hat die Weichen hin zu dieser emissionsfreien Mobilität gestellt. Privatpersonen bekommen beim Kauf eines Elektroautos (wenn dessen Grundpreis max. 60.000 Euro beträgt) 3.000 Euro.  Außerdem entfällt die Nova (die bei Verbrennern etwa zehn Prozent des Kaufpreises ausmacht). Die Autoimporteure gewähren ebenfalls einen Nachlass von 2.000 Euro für alle E-Fahrzeuge. Diese finanziellen Anreize tragen sicher zum E-Boom bei. Den wohl entscheidenden Anteil daran hat aber letztlich die Autoindustrie selbst geleistet. Lange Jahre war von den europäischen Herstellern eigentlich nur Renault mit ernsthaften Bemühungen in Sachen E-Mobilität am Werk. Nach der 1995 vorgestellten elektrischen Version des Clio folg­ten 2011 der Fluence (bis 2014), der Transporter Kangoo und der Zweisitzer Twizzy. Der große Erfolg kam ab 2013 mit dem „Zoe”. Von 2017 bis 2020 war der Zoe etwa in Deutschland unangefochten auf Platz 1 der verkauften E-Autos. Überholt wurde der Zoe erst im Jahr 2021 vom Tesla Model 3.

Tesla-Erfolg war der große Aufwecker

Das von Milliardär Elon Musk geführte US-Unternehmen zeigte mit dem Modell Roadster (2008 his 2012) und vor allem mit dem seit 2012 produzierten Model S neue Dimensionen der Elektromobilität auf. Motoren mit mehreren 100 kW Leistung, Reichweiten von bis zu 600 Kilometern und Top-Design machten den Tesla S in den Jahren 2015 und 2016 zum meistverkauften Elektroauto der Welt.

Dieser Tesla-Erfolg spornte die großen Hersteller ab Mitte der 2000er-Jahre zu Milliardeninvestitionen für ihre „Elektroabteilungen” an. Heute steht das Angebot an Elektrofahrzeugen dem der Verbrenner in nichts nach. Vom spartanischen Kleinwagen über eine komfortable Mittelklasse bis zu SUVs, Geländefahrzeugen und regelrechten Rennwagen reicht das Sortiment: Für jeden Geschmack, jeden Anwendungszweck und jeden Geldbeutel findet sich eine elektrische Alternative zu Benzin- oder Dieselfahrzeugen: Entscheidend für die Zeitenwende der Mobilität.

Autohaus Leidinger, Nüziders

Renault gehört weltweit zu den Pionieren der modernen E-Autos. Mit dem komfortabel ausgestatteten Kleinwagen „Zoe” landete man einen Riesenerfolg. Seit der ersten Modellreihe wurde permanent weiterentwickelt. So konnte die Reichweite von 200 Kilometern auf 395 Kilometer im aktuellen Modell R110 fast verdoppelt werden. Besonders gefragt ist aktuell die sportliche Version R135, welche mit 135 PS Spitzenleistung zügiges Fahren erlaubt: „Das ist klar meine Lieblingsvariante”, erklärt Firmenchef Simon Leidinger.

Die reichen Erfahrungen, die Renault bei der (Weiter-)Entwicklung des Zoe gemacht hat, konnten in den vergangenen Jahren für die Entwicklung des vor wenigen Wochen neu vorgestellten vollelektrischen „Megane” genutzt werden. Komfortabel, sportlich und elegant, dazu ein kräftiger 220 PS Motor, der eine Reichweite von 470 Kilometern bietet.

Für Kundenberater Jürgen Aßmann, der heuer sein 20-jähriges Firmenjubiläum bei Leidinger feiern kann, ist der Erfolg vorgezeichnet. „Der E-Megane definiert die Mittelklasse bei den E-Autos neu”, ist er nach der Erstpräsentation für Fachleute im März am Mondsee überzeugt.

Leidinger hat mit dem Dacia Spring aber einen weiteren Trumpf im Autohaus. Der Spring ist das aktuell günstigste E-Auto am Markt. Und wurde von Fachjournalisten aus 32 europäischen Ländern zum „Best Buy Car of Europe 2022” gewählt. Zum ersten Mal in ihrer 21-jährigen Geschichte hat diese Jury ein Elektrofahrzeug zum Sieger gekürt.

Autohaus Lins, Nüziders

Der größte Autohändler des Landes hat mit seinen Marken Porsche, VW, Audi, Cupra, Seat und Skoda ein entsprechend umfangreiches Portfolio an elektrischen Fahrzeugen in allen Klassen zu bieten. Der Taycan von Porsche beispielsweise beschleunigt mit über 700 PS in 2,8 Sekunden auf 100 und kann mit bis zu 800 Volt Ladestrom alle fünf Minuten 100 Kilometer Reichweite „tanken”. Porsche setzt in Sachen Elektro den Maßstab des technisch Möglichen.

Im Bereich des finanziell Möglichen bietet Lins aber auch einiges. „Der Cupra Born punktet mit einem super Preis-Leistungs-Verhältnis und ist designmäßig grenzgenial”, zeigt sich Manuela Schaufler begeistert. „Dieses Auto muss man spüren”, meint sie, und lädt alle Interessierten zur Probefahrt. Bis jetzt seien noch alle Testpiloten hellauf begeistert gewesen. Die Statistik der meistverkauften E-Autos im ersten Quartal unterstreicht diese Beobachtung: Der Neueinsteiger hat sich mit 581 Käufern von 0 auf Platz 2 katapultiert.

Das berichtet Manuel Burtscher von der VW-Abteilung bei Lins auch über den ID.5 aus dem Hause Volkswagen. „Das ist quasi der Tiguan in Elektro”, erklärt er. Ein geräumiger SUV im Coupe-Style mit 174 bis 299 PS und je nach Modell mit Riesenbatterie und einer Reichweite von bis zu 512 Kilometern durchaus urlaubsreisetauglich.

Fast die identischen (und beeindruckenden) technischen Daten weist auch der Audi Q4 e-tron auf, den man bei Lins ebenso besichtigen und testen kann.

BMW Unterberger, Nenzing

Die Vielfalt der E-Mobilität spiegelt sich auch im Elektro-Angebot von Unterberger in Nenzing wider. „BMW wird auch in Zukunft die herausragende Technik unserer sparsamen Verbrenner pflegen”, stellt Geschäftsführer Christoph Nigsch fest. „Aber der elektrische Antrieb hat Vorteile, die wir unseren Kunden gerne in einer großen Vielfalt präsentieren.”

Im Segment der Kleineren sticht natürlich der Elektro-Mini SE Cooper ins Auge. „Der Mini ist einfach Kult. Design, Style und Gokartfeeling inklusive”, schwärmt Verkaufsberater Markus Fleischmann. Die Elektroversion wird diesen Ansprüchen voll gerecht. Mit 184 PS und durch die tief vor der Hinterachse positionierten schweren Batteriepakete ist die legendäre Straßenlage des Mini noch mehr Gokart als bei den Verbrennervarianten.

Über die technische Brillanz der Autos von BMW muss nicht viel geschrieben werden. Das ganze Spitzenknowhow der bayrischen Autokünstler findet sich kompromisslos auch in der vollelektrischen Modellpalette. Verkaufsberater Josef Hämmerle schwärmt vom Raumwunder, von elektronischen Sicherheitsassistenten in Unzahl, von erholsamer Ruhe beim Fahren und gewaltigen Leistungsdaten. In seiner Beratung legt Josef Hämmerle aber immer den Fokus darauf, das den Bedürfnissen, Ansprüchen und Wünschen der Kunden optimal entsprechende Fahrzeug zu finden. Die Auswahl an vollelektrischen und Hybridfahrzeugen ist schon jetzt umfangreich und wird bis Ende 2023 auf 25 Modelle ausgebaut.

Das allerhand! stellt beispielhaft einige E-Autos vor. Die Liste der mit 5.000 Euro förderbaren E-Autos umfasst bereits fast 100 Modelle. Details unter www.oesterreich.gv.at.

1. CUPRA Born, ab ca. 35.000 Euro*

*Mögliche Förderungen bereits abgezogen

Leistung: 150 kW (204 PS)
komb. Verbrauch 100 km: 15,5 – 19,4 kWh
Akkukapazität: 58 kWh
Reichweite: 547 km

2. DACIA Spring, ab ca. 16.000 Euro*

*Mögliche Förderungen bereits abgezogen

Leistung: 33 kW (44 PS)
komb. Verbrauch 100 km: 19,1 kWh
Akkukapazität: 26,8 kWh
Reichweite (WLTP): 230 km

3. RENAULT Megane, ab ca. 32.000 Euro*

*Mögliche Förderungen bereits abgezogen

Leistung: 96 kW (131 PS)
komb. Verbrauch 100 km: 15,5 – 19,4 kWh
Akkukapazität: 19 kWh
Reichweite (WLTP): 302 km

4. VW ID.4 Pro, ab ca. 42.000 Euro*

*Mögliche Förderungen bereits abgezogen

Leistung: 150 kW (204 PS)
komb. Verbrauch 100 km: 17 – 21,6 kWh
Akkukapazität: 77 kWh
Reichweite (WLTP): 394 km

5. MINI Cooper SE, ab ca. 29.000 Euro*

*Mögliche Förderungen bereits abgezogen

Leistung: 135kW (184 PS)
komb. Verbrauch 100 km: 14,8 – 16,8 kWh
Akkukapazität: 32,6 kWh
Reichweite (WLTP): 270 km

6. BMW iX, ab ca. 81.500 Euro*

*Mögliche Förderungen bereits abgezogen

Leistung: 240 kW (326 PS)
durchschn. Verbrauch 100 km: 19,4 kWh
Akkukapazität: 71 kWh
Reichweite (WLTP): 425 km

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