Sphärischer Gleichklang

„Mein zwanzigjähriger Sohn versteht nicht, dass man an etwas so Einfachem so große Freude haben kann”, lacht Günther Loacker. Mit dem „Einfachen” meint er das Monochord – ein Instrument, das bereits in der Antike bekannt war und von Pythagoras genutzt wurde, um musiktheoretische und physikalische Zusammenhänge zu erklären.

FOTOS: CHRISTA ENGSTLER

Der Weinkeller der Loackers hat etwas Mystisches. Eine Falltür führt über eine steile Holztreppe in ein von Kerzen erleuchtetes, gemauertes Gewölbe, in dem der Hausherr seinen Gästen nicht nur ein Gläschen Wein von seinem Lieblingsweingut kredenzt, sondern gerne auch seine Klangschalen und besagtes Monochord ertönen lässt. Der selbstständige Fliesenleger liebt die meditativen Klänge, welche er diesen Instrumenten entlockt. Die Vibrationen sind am ganzen Körper zu spüren. Wenn Günther Loacker die kupfernen Griffe seiner Wasserklangschale reibt, beginnt das Wasser ohne direkte Berührung zu sprudeln. Anhänger der Klangtherapie gehen davon aus, dass der Mensch, der ja ebenfalls zu einem großen Teil aus Wasser besteht, auf die Schwingungen ähnlich sensibel reagiert. 

Günther Loacker erinnerte sich nach einem psychischen Zusammenbruch an das beruhigende Zither-Spiel der Tante. Der Götzner, der mit seiner Familie seit 17 Jahren in Nenzing wohnt, wollte es ihr gleichtun und eine Zither kaufen. Bei seinen Recherchen dazu stieß er auf das Monochord und besuchte bald einen Instrumentenbaukurs im Allgäu. Seither gibt er sich regelmäßig den Obertonklängen hin. „Das sind extrem schöne Momente”, schildert Günther Loacker die Harmonie, die sich in ihm ausbreitet, wenn er ganz intuitiv über die Saiten streicht. „Jeder Mensch hat seine eigene innere Melodie”, ist er überzeugt. Monochorde spielt man nicht nach Noten. Die Saiten werden nur ganz sanft angeschlagen, wie es einem gerade einfällt. Die Obertöne schwingen lange nach und vermischen sich, sodass ein sphärischer Klangteppich entsteht, der eine sehr be­ruhigende Wirkung hat. Dieses Empfinden möchte Günther Loacker auch anderen zugänglich machen. Er hat deshalb bereits drei Mal in professionelle Tonaufnahmen investiert, auf denen er das Monochord-Spiel mit den Klängen anderer selbstgebauter Instrumente – einer Birnenholzflöte etwa und einer schamanischen Trommel – ergänzt. Den Großteil der CDs verschenkt Günther Loacker, kopieren ist ausdrücklich erlaubt.

Der Nenzinger will aber nicht nur mit seinen musikalischen Experimenten zu einer gesellschaftlichen Neuorientierung anregen. Auch in seinem Ein-Mann-Betrieb geht es ihm um ein konstruktives Miteinander und gegenseitiges Unterstützen. So verlegt er etwa mit besonderer Vorliebe handgemachte Fliesen, die sein Freund Michael Hummer in Nenzing erzeugt. Günther Loacker schätzt die besonders angenehme Haptik, die maschinell erzeugten Keramikwaren abgeht. Deshalb legt er auch seinen Kunden die regionale, handgemachte Alternative ans Herz – auch wenn man auf die einmal ein bisschen länger warten muss, weil die Fliesen nur auf Bestellung produziert werden.

 

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