In den 50er-Jahren des vorigen Jahrhunderts gab es im Blumenegg noch zahlreiche Privatzimmer-Vermieter. August Vögel, zweitältester von zehn Kindern des Sulzberger Zimmermeisters August sen. Vögel und seiner früh verstorbenen Gattin Katharina, erkannte das Marktpotenzial. Für die Sommerfrischler organisierte er beliebte Tagesausflüge. Im VW-Bus ging es Richtung Bodensee, Silvretta oder zu Wallfahrten in die Schweiz. Im Jahr 1961 diente dieser Bus als Anzahlung für den ersten Lastwagen. Gemeinsam mit Gattin Fini legte er damit – vor genau 60 Jahren – den Grundstein für die heutige Vögel Transporte GmbH.
FOTOS: FAMILIE VÖGEL, HUBER-IMAGES, LAMMINGER FOTOGRAFIE
„Ja, das waren noch Zeiten!”, erinnert sich Fini Vögel noch sehr lebhaft an die Anfangsjahre. Nach den Schrecken des Krieges ging es wieder aufwärts, und es wurde viel gebaut damals. Der Vögel-Lastwagen – ein „Henschel” mit 95 PS starkem Dieselmotor – war bei täglichen Transporten zu den unzähligen Baustellen im ganzen Walgau entsprechend gefordert. Die permanent fälligen Service- und Reparaturarbeiten nahm August Vögel – meist an den Wochenenden – in Eigenregie vor. „Das war schon aus finanziellen Gründen nicht anders möglich”, berichtet Fini. Ihr Gatte war aber auch ein technischer Allrounder, für den Schweißarbeiten am Fahrgestell oder ein Kolbentausch im Sechszylinder kein Problem darstellten.
Schon 1962 konnte ein zweiter LKW angeschafft werden. Der war vor allem für Holztransporte im Einsatz und deswegen auch mit einem Kran („Hiab”) ausgestattet. Baumstämme wurden aus dem Wald zur Sägerei und dann die fertigen Bretter zu Tischlereien und Schreinern speziell auch in die Schweiz transportiert. Um die Baumstämme effektiver verladen zu können, konstruierte und baute August Vögel eine eigene Rundholzzange. Bald wurde die Fahrzeugflotte auch mit einem MAN-Tankzug erweitert, mit dem Heizöl und Bitumen für den damals boomenden Straßenbau transportiert werden konnte. So war die Firma Vögel breit aufgestellt und die Fahrzeugflotte konnte immer wieder erweitert und modernisiert werden.
1983 folgte mit dem Einstieg in den Güterfernverkehr eine für die Zukunft des Unternehmens wichtige Weichenstellung. „Wir sind mit dieser Entscheidung den Bedürfnissen des Marktes gefolgt”, erklärt Herwig Vögel, der schon damals dabei war und seit 2010 als Geschäftsführer die Hauptverantwortung trägt: „Die Produkte der vielen innovativen Betriebe im Walgau waren schon damals einerseits international gefragt, zu deren Erzeugung müssen andererseits viele Rohstoffe nach Vorarlberg importiert werden.”
Mit klaren Prinzipien auf der Erfolgsspur
Auch wenn das Oberhaupt des wohl größten Familienunternehmens im Land – acht Familienmitglieder aus drei Generationen sind mit dabei – die Geschäftsidee so einfach darlegt: Sie erfolgreich umzusetzen war damals und ist bis heute eine permanente Herausforderung. Zuverlässigkeit, Termintreue und Handschlagqualität waren schon bei den Bully-Ausflugsfahrten von August Vögel die Basis des Geschäftes, es sind bis heute die entscheidenden Erfolgsfaktoren der Bludescher Firma.
Um diesen Prinzipien treu bleiben zu können, musste speziell seit der Entscheidung für den Fernverkehr der damals bereits stattliche Fuhrpark mit enormen Investitionen zu einer regelrechten Flotte ausgebaut werden. 1989 gehörten bereits 17 Fahrzeuge zur „Vögelschar”. Daraus ergaben sich am ursprünglichen Betriebsstandort im Ortszentrum wiederum zunehmend Platzprobleme. 1994 erfolgte nach langen Verhandlungen und einjähriger Bauzeit der Umzug an den heutigen Standort direkt an der Autobahn. Eine weitreichende und goldrichtige Entscheidung. Auch für die Gemeinde Bludesch, die damit das Verkehrsaufkommen im Ortszentrum reduzieren und – weil die Firma dort auch Möglichkeiten zum weiteren Wachstum vorfand – den größten Steuerzahler im Ort halten konnte.
Das ist auch dem Vögel-Prinzip zu verdanken, dass man nämlich als eines von ganz wenigen Transportunternehmen auf „Ausflaggung” verzichtet: Bei dieser unter österreichischen (und auch deutschen etc.) Frächtern weit verbreiteten Praxis werden ganze LKW-Flotten in osteuropäischen EU-Mitgliedsländern angemeldet und auch von Fahrern aus diesen Ländern gelenkt. Steuern, Arbeits- und Sozialkosten für diese LKW fallen dann in diesen Ländern an und sind deutlich niedriger. Die Rechnung zahlen die Fahrer – sie sind auf osteuropäischem Niedriglohn- und Sozialstandard unterwegs. „Da machen wir nicht mit”, sind sich die Vögels einig. Jeder Fahrer des Bludescher Frächters soll ordentlich entlohnt werden. Der faire Umgang mit den Mitarbeitern hat hier Tradition. Viele sind schon Jahre und Jahrzehnte dabei. Sie haben noch die Koch-, Wasch- und Bügeldienste von Seniorchefin Fini genutzt. „Das habe ich immer gern getan, und es wurde von den Fahrern sehr geschätzt”, berichtet die Seniorchefin, die noch heute fast täglich im Betrieb steht.
Wichtig ist den Fahrern natürlich auch ihr Arbeitsgerät. „Wer länger dabei ist, bekommt ein neueres Fahrzeug”, ergänzt Kurt Vögel, der jüngere Bruder des Geschäftsführers und hauptverantwortlich für den Fuhrpark. „Schließlich verbringen die Fahrer viele Tage und Nächte in ihrem Truck, es ist gewissermaßen ihr zweites Wohnzimmer!” Bei der Anschaffung wird auf die Vorlieben der Fahrer deswegen durchaus Rücksicht genommen.
Möglichst umweltfreundliche Flotte
Oberste Priorität hat seit vielen Jahren aber, dass die jeweiligen Neufahrzeuge die bestmöglichen Abgaswerte vorweisen können. Heuer beispielsweise stehen 40 Stück „Scania 540S” auf der Einkaufsliste des Unternehmens. Dieser „Green Truck 2020” verbraucht bei einer Motorleistung von 540 PS und einer Nutzlast von 40 Tonnen nur gerade 25,14 Liter Diesel. Das entspricht dem Verbrauch von knapp vier PKW (à 7 Liter Diesel/100 km). Mit Spannung beobachtet man die Entwicklung von gas-, elektro- und wasserstoff-betriebenen LKW. „Sobald es für den Fernverkehr taugliche Konzepte gibt, steigen wir ein”, versichert Stefan Vögel.
Um den Kraftstoffverbrauch zu reduzieren, werden täglich auch in Sachen Logistik und Vermeidung von Leerfahrten maximale Anstrengungen unternommen. „Das ist auch unseren Kunden wichtig”, betont Herwig Vögel. Kein LKW fährt „einfach so” durch die Gegend.