„Ich schreibe gerne, will aber nicht immer über den Inhalt nachdenken.” Aus diesem Impuls heraus hat Cindy Konzett eine Fantasieschrift entwickelt, mit der sie ganz besondere Dekoobjekte und sogar Räume gestaltet.
FOTOS: TM-HECHENBERGER, PRIVAT
Die Corona-Lockdowns haben Cindy Konzett nicht wirklich schlimm erwischt. Die gelernte Kindergartenpädagogin hat ja schließlich ihren fixen Job bei der Schuldenberatung des Instituts für Sozialdienste. Während sie früher die Schulen besuchte, um junge Leute im Rahmen des „Finanzführerscheins” mit den Tücken des Geldverkehrs vertraut zu machen, arbeitete sie in den letzten Monaten mehr oder weniger zuhause und online. Doch jeden Freitag suchte sie wie gewohnt ihr kleines Atelier auf. Im Haus einer Freundin hat die gebürtige Satteinserin einen Raum ganz für sich eingerichtet. Dort arbeitet sie Woche für Woche ihre Bestellungen ab. Denn Stammkunden rufen auch spontan bei ihr an, wenn sie ein besonderes Geschenk suchen oder die Wände ihres Hauses mit einem schön geschriebenen Spruch verziert haben möchten. Cindy Konzett kommt diesen Wünschen nach – mit ruhiger Hand und viel Geduld.
Als sie die Bildungsanstalt für Elementarpädagogik 2002 abschloss, war sie noch nicht ganz bereit fürs Berufsleben, wollte vor dem „Ernst des Lebens” noch ein bisschen was erleben. Nach Auslandsaufenthalten in Neuseeland und Aus-tralien machte sie eine Freundin auf die Wiener Kunstschule aufmerksam. „Ich war immer schon sehr kreativ, habe als Kind ständig gezeichnet”, erinnert sich die junge Frau. Im Orientierungsjahr an der Kunstschule stellte sich rasch heraus, welcher Fachbereich ihr am meisten lag. Sie wählte „Objektgestaltung und temporäre Raumkonzepte” als Hauptfach, spickte den Stundenplan außerdem mit Kalligrafie und anderen kreativen Fächern.
„Das war eine tolle Zeit”, schwärmt Cindy Konzett. Sie genoss es, verschiedenste Techniken und Materialien auszuprobieren, sich mit Kreativen unterschiedlichster Disziplinen auszutauschen und bei Projekten zusammenzuarbeiten. Unter anderem haben die Studenten in diesen vier Jahren eine Astrid-Lindgren-Ausstellung für das Wiener Kindermuseum gestaltet. Für ihre Abschlussarbeit suchte die Satteinserin, die aktuell in Feldkirch lebt, nach einer Möglichkeit, sich durch Schrift auszudrücken – allerdings nicht in erzählerischer Form, sondern formal. Sie entwickelte eine Fantasieschrift, die keinerlei Inhalt vermittelt, aber trotzdem eine starke Wirkung auf die Betrachter ausübt. Mit schwungvollen Zeichen, die ihr heute fast von selbst aus der Feder fließen, wollte sie Raum einnehmen – und tat dies im wörtlichen Sinne. Drei Monate lang reihte sie in einer angemieteten Altbau-Küche „Buchstaben” an „Buchstaben”, die doch nie ein Alphabet bildeten oder konkreten Sinn ergeben.
Obwohl sie keinerlei Lineale verwendete, gelang es der jungen Frau, den dreieinhalb Meter hohen Raum und alle Möbel inklusive Sitzbadewanne und Waschbecken mit gleichmäßig geformten Zeichen auszufüllen. Eine Professorin gestand ihr später, dass sie sich ein flirrendes und verwirrendes Gesamtbild erwartet hatte. Doch stattdessen fand sie eine Atmosphäre vor, die angenehm beruhigend wirkte. „Es war das schönste Kompliment für mich, dass die Gefühle, die ich bei der Arbeit empfand, auf die Betrachter übergesprungen sind”, freut sich Cindy Konzett. „Für mich hat diese Arbeit etwas Meditatives.” Trotzdem war es für sie in Ordnung, dass sie ihr Kunstwerk nach Ablauf der drei Monate wieder komplett übermalen musste. Das Zimmer war schließlich nur als Projekt auf Zeit gedacht.
Zurück in Vorarlberg arbeitete sie neun Jahre lang im Kindergarten Bifang in Rankweil, bevor sie zum IfS wechselte. In ihrer Freizeit hatte sie aber stets das Bedürfnis, von Hand zu schreiben. Zunehmend greift sie dabei heute wieder auf kalligrafische Elemente und gängige Schriften mit Inhalt zurück, doch ihre Fantasieschrift taucht immer noch auf einer Vielzahl an Deko-Stücken auf, die sie nicht müde wird zu gestalten.
Anfangs hatte die Kreative mit Keramik experimentiert. Doch weil die Bemalung der Schüsseln, Teller und Krüge bei laufendem Gebrauch rasch abnutzte und verblasste, suchte sie sich andere Materialien und Werkzeuge. „Ich möchte, dass meine Sachen nicht nur herumstehen, sondern wirklich benutzt werden”, erklärt Cindy Konzett. Wo immer sie formschöne Glasgegenstände, Holzbrettchen, ja sogar Christbaumkugeln und Trinkflaschen entdeckt, greift sie zu und verwandelt sie in ihrer kleinen Werkstatt in etwas ganz Persönliches. Besonders gerne graviert sie ihre Schriftzeichen in ausgeblasene Eier verschiedener Größen. „Wenn es auf Ostern zuging, gab es im Kindergarten dann eine große Portion Rührei”, erinnert sie sich an so manche „Ausblas-Aktion”.
Auf verschiedenen Märkten in der Region kamen ihre Dekostücke derart gut an, dass sie sich inzwischen einer Gruppe an Stammkunden erfreut, die sie anrufen, wenn ein Kind geboren wurde, ein Paar sich das Ja-Wort gibt, eine Familie ins neue Haus einzieht oder ein Geburtstag gefeiert wird. So hatte sie denn auch im Corona-Jahr 2020 alle Hände voll zu tun. Manch einer hat sich von Cindy Konzett auch schon einen sinnigen Spruch an die Wand malen lassen oder sogar ein Tattoo bestellt. „Das habe ich aber nicht selbst umgesetzt, sondern nur den Entwurf geliefert”, lacht die Satteinserin. Es macht ihr auch nichts aus, wenn ihre Kunden die Fantasieschrift mit einem ganz persönlichen Sinn belegen. Sie weiß etwa, dass das wellenförmige Tattoo auf dem Rücken einer Freundin für diese eine ganz bestimmte Botschaft transportiert, die diese aber nicht preisgibt. Auf Anregung einer Kundin hat sie vor zwei Jahren außerdem damit begonnen, ihr Wissen im Rahmen von Handlettering-Kursen an der Volkshochschule weiterzugeben. Sie nimmt die Herausforderung an, wenn Menschen ihr gestehen, dass sie persönliche Geschenke machen möchten, oft aber daran scheitern, dass sie das perfekt gebastelte Kärtle im letzten Moment mit ihrer „Sauklaue” verunstalten. Dann gibt Cindy Konzett ihnen ein „Köfferle voll Ideen” auf den Weg, wie sie mit Fineliner und Brush Pen Freude an ihrer Handschrift entwickeln. Allerdings schüttelt niemand von einer Sekunde auf die andere perfekte Schriftzüge aus dem Ärmel. Das Zauberwort lautet wie so oft im Leben: „Üben, üben, üben.”