„Eine Region macht Zeitung“ – lautet der Übertitel unseres Magazins.Wir bieten unseren LeserInnen an, uns Themen zu nennen, die sie beschäftigen. Die Geschichte von Mohamed ist daraus entstanden. Besonders oft wurde auch die Kostenentwicklung im Wohnbau als wichtiges Thema genannt. Die Wohnbauförderung koste mehr, als sie bringe. Die Banken vergeben zu wenig Kredite. Ein Haus zu bauen, koste 450.000 Euro aufwärts. Diesen und weiteren Fragen sind wir mit kompetenten Gesprächspartner auf den Grund gegangen.
Das sagt:
Der Zimmermann Martin Neßler, Holzbau Sutter, Ludesch
Im Holzmodulbau liegt die Zukunft
Hoch her geht es seit fast zwei Jahren in einer großen Werkshalle im Nenzinger Gewerbegebiet.
Insgesamt 20 Handwerker produzieren hier im Auftrag der „Kaufmann Bausysteme“ Wohnraum am Fließband. Täglich liefern zwei Lkw die Basis dafür: Bis zu zwei Tonnen schwere und millimetergenau vorgefertigte Mehrschicht-Holzplatten.
Die werden zunächst – auf einem fahrbahren Untersatz- zu einem Kubus von zwölf Metern Länge und 2,7 Meter Breite zusammengefügt. Auf Schienen wird dieses Grundgerüst zur nächsten Fertigungsstation geschoben. Nacheinander erfolgen insgesamt 13 Fertigungsschritte: Der Innenraum erhält eine Holzschutz-Lasur, Elektriker und Installateure verlegen Leitungen in den bereits vorgefrästen Vertiefungen und durch die ebenfalls exakt vorbereiteten Löcher. Es werden Böden und Fliesen verlegt, Dämmschichten aufgebracht, Fenster, Türen und eine komplette Nasszelle samt WC und Dusche eingebaut. Rund zwei Stunden dauert es vom Abladen der Holzplatten bis zum fertigen Wohncontainer. Der wird dann vom Ende der Fertigungsstraße zum Lager gebracht, wodurch am Anfang der Fertigungsstraße wieder Platz für den nächsten Aufbau frei wird.
Jeden Tag entstehen vier fertige Container. Jeweils zwei oder drei Stück davon werden am Bestimmungsort in Hannover als Wohnraum für drei bzw. fünf Personen „zusammengesteckt“: Das aktuell in Arbeit befindliche „Holzcontainerdorf“ an der Podbielskistraße 115 bietet im Endausbau Platz für 125 Personen.
„Das ganze System ist unglaublich effizient“, staunt Martin Neßler immer wieder, obwohl er es Mitte 2015 im Auftrag der „Kaufmann Bausysteme“ maßgeblich mit aufgebaut hat. Der gelernte Zimmermann ist Bauleiter der Ludescher Firma Holzbau Sutter, welche mit neun Mann vor Ort ist und die Verantwortung für den Aufbau der Module, für den Einbau der Fenster, die Fassadenverkleidung und die Verlade-Logistik trägt.
Man arbeitet Hand in Hand mit den beteiligten Elektrikern, Installateuren, Bodenlegern, Tischlern und Malern – übrigens alles Firmen aus Vorarlberg – und ist längst ein bestens eingespieltes Team. Nur so kann die Effizienz geboten werden, die letztlich einen Preis von rund 1.300 Euro je Quadratmeter Nutzfläche möglich macht. Eine fertige Wohnung für drei Personen kostet so nur knappe 85.000 Euro.
360 Module wurden heuer bereits gefertigt: Wohn- und Lebensraum für 225 Menschen. Die BewohnerInnen der bereits realisierten „Holzmodul-Dörfer“ fühlen sich wohl darin. Sie bieten nämlich trotz spartanischer Einrichtung durchaus Wohnqualität: Schon in den Wohncontainern in der Nenzinger Fabrikshalle ist das angenehme Wohnklima zu verspüren, das der Baustoff Holz bietet.
Das Potenzial des Holz-Modulbaus ist nach Auffassung von Martin Neßler riesig: Sutter Holzbau hat das unter anderem auch schon bei großen Hotelprojekten in München oder einem Seniorenheim in Tirol unter Beweis gestellt und bietet auch ein eigenes „Modulhaus“ an.
„Wenn heute jemand sparsam bauen will, dann ist diese Bauweise ideal“, macht er Werbung für den nachhaltigen Baustoff Holz. Perfekt geplant, können die Module unter idealen Voraussetzungen in der Werkstatt – auf Wunsch inklusive Einbaukästen, Küche, Bad und Sanitärräumen – vorgefertigt und am Bauplatz innerhalb weniger Tage montiert werden. Ein Holz-Modulhaus im „Vorarlberger Standard“, der gegenüber den in Nenzing gefertigten Asylwerber-Unterkünften – natürlich noch einiges mehr bieten muss – ist ab gut 200.000 Euro möglich.
Das sagt:
Die Statistik, Quelle: RE/MAX
Wohnungspreise im 5-Jahresvergleich +26%
Vorarlberg behielt sowohl nach der Anzahl als auch nach dem Wert der verbücherten Wohnungen den 7. Rang im Bundesländer-Ranking: 1.542 Wohnungen um 357 Mio. Euro wurden von Jänner bis Juni 2016 im Vorarlberger Grundbuch registriert.
Nach dem Sprung vorwärts im ersten Halbjahr 2015 ist man im Ländle mit +14% mehr Wohnungsverkäufen in den ersten sechs Monaten des heurigen Jahres weiter im Aufwind.
Um +17,9% stieg der Gesamtwert der verkauften Wohnungen im Vergleich zu 2015. Das bedeutet, dass im Vergleich zu den Jahren 2010 bis 2014 zwischen +63% und +88% mehr Euro in Wohnungskäufe geflossen sind. „Voriges Jahr haben wir noch von einer abartigen Ausnahmesituation gesprochen. Jetzt sieht es aber so aus, als ob wir uns an diese neue Größendimension des Vorarlberger Wohnungsmarktes zu gewöhnen haben“, sagt Reinhard Götze von RE/MAX Immowest in Vorarlberg.
Die typischen Eigentumswohnungspreise kletterten in Vorarlberg im Jahresvergleich um +7,8% auf 225.241 Euro nach oben. Preistreibend wirkten die Bezirke Bregenz und Feldkirch mit 243.288 Euro (+16,1%) bzw. 222.304 Euro (+10,2%). Der Bezirk Bludenz liegt mit 222.713 Euro (+4,6%) nahe am Bundeslandschnitt, dämpfend wirkt heuer der Bezirk Dornbirn mit 210.158 Euro (-2,7%). Im Rückblick auf die letzten 5 Jahre haben damit die typischen Wohnungspreise in Vorarlberg um +26,0% angezogen.
Das sagt:
Der Banker Christian Ertl, Sparkasse Bludenz
Risiken sorgfältig abschätzen
450.000 Euro kostet heute der Bau eines schlüsselfertigen typischen Vorarlberger Einfamilienhauses: Hoher Standard, aber ohne Luxuselemente. Ältere Semester rechnen diese Beträge noch in Schilling um: 6,2 Millionen Schilling für ein normales Haus und ohne Grundkosten!
„In Euro klingt das aber bei weitem nicht so schlimm“, nennt Christian Ertl, Vorstandsdirektor der Sparkasse Bludenz, einen der Gründe für die Bereitschaft von jungen Menschen, hohe Verschuldungen einzugehen. Das gilt umso mehr, als sich beim derzeit niedrigen Zinsniveau (ca 1,75 Prozent ohne Zinsbindung) auch die monatliche Belastung „kleinrechnen“ lässt.
Dann zieht man von den Baukosten noch eine plausible Wohnbauförderung von 90.000 Euro ab (wobei die WBF-Gelder ja letztlich auch nur ein Kredit sind, der zurückbezahlt werden muss), und es ergibt sich eine monatliche Rückzahlungsrate von ca. 1.482 Euro monatlich, bei 25 Jahren Laufzeit. Ein Betrag, der durchaus verkraftbar erscheint. Die aktuellsten verfügbaren Einkommenszahlen der Statistik Austria (aus dem Jahr 2014) weisen dem unselbstständig erwerbstätigen Vorarlberger immerhin ein durchschnittliches monatliches Nettoeinkommen von 1.764 Euro aus.
„Solange beide Partner normal verdienen, ist das auch tatsächlich finanzierbar“, bestätigt der Chef der Sparkasse Bludenz. Fällt aber ein Einkommen weg – beispielsweise, weil sich Nachwuchs einstellt oder eine Arbeitsstelle gekündigt wird, kann es schnell eng werden.
Auch wenn der Zins wieder „anzieht“ – wofür es derzeit keine akuten Anzeichen gibt – kann die monatliche Belastung schnell über dem „Plansoll“ landen. Eine Summe von 360.000 Euro würde beispielsweise bei 4 Prozent Zinsen monatlich schon 1.948 Euro kosten, also schon erheblich mehr als ein Durchschnittseinkommen!
„Es ist ganz wichtig, sich mit solchen Risiken auseinanderzusetzen“, betont Ertl. In einem gewissen Umfang kann man sich dagegen absichern – etwa über Fixzinssätze, wie sie heute schon für lange Zeiträume angeboten werden: Aktuell: ca. 2,5 Prozent garantiert auf zwanzig Jahre.
Sein Bankinstitut bietet z.B. im Falle von Arbeitslosigkeit für einen gewissen Zeitraum auch die Stundung von Ratenzahlungen an.
Die Sparkasse Bludenz ihrerseits wägt – wie jede seriöse Bank – natürlich ebenso die Risiken ab. „Wir sind gesetzlich verpflichtet, bei der Kreditvergabe strenge Kriterien einzuhalten“, erläutert der Banker. Umfangreiche Beratungsgespräche, wie sie bei der Sparkasse Bludenz und – das betont Ertl ausdrücklich – auch bei den anderen Regionalbanken üblich sind, dürfe man aber keinesfalls als Schikane auffassen. „Das sind wertvolle Dienstleistungen von hoch qualifizierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern“, erklärt Ertl. „Prinzipiell wollen wir dabei helfen, dass sich unsere Kunden ihren Lebenstraum verwirklichen können“.
Und Christian Ertls persönlicher Tipp für junge Menschen? Miete oder Eigentum? „Solange wie möglich im Hotel Mama bleiben, das ersparte Geld risikoarm veranlagen und wenn es so weit ist, in Eigentum investieren“.
Das sagt:
Der Energieberater Gebhard Bertsch, Ludesch
„Neubauförderung des Landes sehr attraktiv“
„Die Wohnbauförderung des Landes ist unattraktiv. Die dafür geforderten Maßnahmen zur Energieeinsparung kosten mehr, als die Förderung bringt“. Mit solchen Meinungen ist Gebhard Bertsch immer wieder konfrontiert. „Die Landes-Wohnbauförderung wird schlechtgeredet. Wer sich mit der Materie auskennt, verzichtet sicher nicht auf dieses Geld“, hält der seit 2002 selbstständige Energieberater vehement dagegen.
Ja, es habe eine Phase gegeben, in der die energie- und bautechnischen Anforderungen für die Wohnbauförderung permanent gestiegen sind, das Förderausmaß aber gleich geblieben ist, berichtet Bertsch, der im Ludescher Gemeindezentrum ein Planungsbüro für erneuerbare Energie und gesundes Wohnen betreibt. Mit den seit dem 1. Jänner dieses Jahres geltenden neuen Richtlinien für die Vorarlberger Wohnbauförderung sei das Ungleichgewicht aber mehr als behoben worden.
„Für ein durchschnittliches Einfamilienhaus gibt es heute 80.000 bis 90.000 Euro an Wohnbauförderung. Früher waren das 40.000 bis 50.000 Euro“, erläutert Bertsch. Und dieses Geld gebe es wohlgemerkt nicht nur für „extreme Bauten in Passivhausqualität“ sondern für jeden Neubau, der energietechnisch „halbwegs vernünftig“ errichtet wird.
Und das kommt ja den Bauherren langfristig noch einmal zugute. Jährliche (!) Kosten für den Primärenergieeinsatz zwischen 300 und 400 Euro sind bei dieser Bauweise üblich. Zum Vergleich: Ein in den 70er Jahren errichtetes typisches Einfamilienhaus – mit wenig Dämmung, schlechten Fenstern, uneffizienter Heizung, ohne Solaranlage – „frisst“ heute pro Jahr gut und gern das Zehnfache davon.
Die Sanierung dieser alten Häuser ist aus Sicht von Gebhard Bertsch im Interesse der Eigentümer und auch in Hinblick auf das Ziel der „Energieautonomie 2050“ des Landes Vorarlberg dringend geboten. „Das wissen aber auch die zuständigen Stellen und sind bereits dabei, entsprechende Anpassungen vorzunehmen.”
Mehr und billigeres Landgeld
Die Förderungen für den Wohnbau wurden mit Jahresanfang nicht nur deutlich erhöht, die Rückzahlungsbedingungen sind gleichzeitig auch günstiger gestaltet. So beträgt der Zinssatz für die ersten fünf Jahre nur 0,5 Prozent. Der garantierte Höchstzinssatz in den letzten fünf Rückzahlungsjahren (Jahr 30 bis 35) beträgt 3,5 Prozent. Das Wohnbaudarlehen kann auch jederzeit zurückbezahlt werden.
Förderungsrechner online
Unter www.vorarlberg.at bietet das Land einen online-Rechner für die zu erwartende Wohnbauförderung. Einfacher funktioniert nach unserem Praxistest der Rechner der sBausparkasse: Der dortige Baukreditrechner beinhaltet auch überschlagsmäßig die Höhe der Wohnbauförderung. (www.sbausparkasse.at)
Fotos: TM-Hechenberger, ingimage.com