Biologe, Philosoph, Lehrer, Fotograf und Zauberer

Seine Lehrbücher haben tausende Gymnasiasten durch den Philosophie- und Psychologie-Unterricht geführt. Dr. Alois Reutterer hat aber auch nach seiner Pensionierung nie aufgehört, sich mit den großen Fragen der Welt zu befassen. Im September erscheint ein neues Buch des 82-Jährigen. 

FOTOS: TM-HECHENBERGER, PRIVAT

Mehrere Bücher, zahlreiche weitere Publikationen, Vorträge zu unterschiedlichsten Themen, Generationen an Schülern, die er zur Matura begleitete, Mitarbeit bei wissenschaftlichen Projekten, Mitbegründung und Bereichsleiter der Volkshochschule Bludenz, Initiative und Umsetzung des Bludenzer Waldlehrpfades, Engagement im Umweltausschuss der Stadt Bludenz, Leiter der Arbeitsgemeinschaft der Gymnasial-Biologen Vorarlbergs, langjährige Mitgliedschaft im Fotoklub, Auftritte als Zauberer,… – Dr. Alois Reutterer blickt auf mehr als acht Jahrzehnte zurück, die von unterschiedlichsten Interessen und Aktivitäten geprägt waren. Trotz geistiger Höhenflüge war für ihn aber immer klar, dass er seiner Heimatstadt treu bleiben will. Nur zwei Jahre lang lockte ihn das etwas höhere Gehalt an einem Tiroler Gymnasium. Sogar einen Lehrstuhl an einer deutschen Uni lehnte er zugunsten seiner Heimatstadt ab. Von 1969 bis 1998 unterrichtete er in Bludenz Biologie, Philosophie und Psychologie.

Der Solarkocher wurde gemeinsam mit Schülern in Betrieb genommen.

Alois Reutterer genießt nun seinen Ruhestand in einem gemütlichen Eigenheim in Stadtnähe mit traumhaftem Blick auf die Berge, hat erst kürzlich mit seiner Frau Rosmarie die Goldene Hochzeit gefeiert, freut sich über den Werdegang der drei Töchter und das Heranwachsen von fünf Enkelkindern. Hündchen Luna und ein Gemüsegarten gehören ebenso zu seiner Welt wie ein neues Hobby, das erst nach der Pensionierung im Jahr 1999 dazugekommen ist: das Backen von Brot und Kuchen. Nach wie vor zieht er sich aber viele Stunden in sein Studierzimmer im oberen Stockwerk zurück, das bis zur Decke mit Büchern gefüllt ist. „Mein Mann ist zuhause und doch nicht viel da”, lacht Rosmarie Reutterer. Inzwischen gibt sie sich in diesen Zeiten der Abwesenheit mit großer Leidenschaft der Acrylmalerei hin. Doch als die Kinder noch klein waren, empfand sie es oft als belastend, mit einem Mann verheiratet zu sein, der sich ständig mit irgendwelchen Studien beschäftigte oder Projekte für die Schule vorbereitete.

Dabei war Alois Reutterers Laufbahn nicht unbedingt so vorgezeichnet. Der Sohn des gleichnamigen Bludenzer Schuhhändlers sah sich nach der Matura vielmehr hinter einem Bankschalter. Seine Bewerbung bei der Bludenzer Sparkasse wurde allerdings abgelehnt, weil dort bereits ein Cousin angestellt war. Die Verantwortlichen wollten keine verwandtschaftlichen Beziehungen unter den Mitarbeitern. Stattdessen absolvierte der junge Mann also die Aufnahmeprüfung für eine Ausbildung zum Fahrdienstleiter bei den ÖBB, bestand diese, wurde aber zeitgleich aufgefordert, seinen Wehrdienst zu leisten. „Nach dem Bundesheer hatte ich dann aber genug von Uniform und Nachtdienst”, berichtet Dr. Reutterer. Stattdessen schrieb er sich an der Uni Innsbruck für das Studium der Philosophie und Psychologie sowie Biologie und Erdwissenschaften ein. Insbesondere philosophische Fragen hatten ihn bereits während seiner Zeit am Bludenzer Gymnasium fasziniert. Er hatte damals sogar schon einige Theorien verfasst, über die er heute allerdings schmunzelt. Denn es waren vor allem parapsychologische Phänomene wie das Hellsehen, die ihn als Jugendlichen in den Bann zogen. Dass er Übersinnlichem heute äußerst kritisch gegenübersteht, hat allerdings nicht nur mit wissenschaftlichen Forschungen, sondern auch mit einem Steckenpferd zu tun, das ihn bis heute begeistert:

Menschliche Sinne sind leicht zu täuschen

Als Zauberer „Sontini” unterhielt Alois Reutterer nämlich viele Jahre lang nicht nur so manche Schulklasse und Tischgesellschaft, er erkannte auch, wie leicht sich die menschlichen Sinne täuschen lassen und uns scheinbar Unmögliches als Realität vorgaukeln. Der langjährige Gymnasiallehrer schließt nicht aus, dass unser gegenwärtiges Weltbild künftig um einige heute unerklärliche Phänomene erweitert werden muss. „Zurzeit spricht freilich fast alles gegen eine  solche Möglichkeit”, hat er im Zuge seiner Studien erkannt. Seine Schlussfolgerungen zu dieser Thematik wurden von der Wissenschaftlichen Buchgesellschaft Darmstadt 1990 unter dem Titel „An den Grenzen menschlichen Wissens” (zweite Auflage 2008 im Rhätikon-Verlag) veröffentlicht.

Dieses Buch war allerdings nicht seine erste Publikation. Denn bereits wenige Jahre nach seiner Promotion zum Doktor der Philosophie kam der Bludenzer zufällig in Kontakt mit einem Mitglied des Wiener Landesschulrats. So kam es, dass 1977 das erste Schulbuch aus seiner Feder erschien. Weitere sollten folgen. Einem Thema hat sich Dr. Reutterer aber besonders intensiv gewidmet: 2005 erschien im renommierten Springer Verlag sein Buch „Die globale Verdummung – zum Untergang verurteilt?”.

„Wenn du den Frieden willst, bekämpfe die Dummheit.”

Um Missverständnissen vorzubeugen, hat der Bludenzer Autor gleich auf den ersten Seiten herausgestrichen, dass er keineswegs der Meinung ist, selbst über den Dingen zu stehen. Er ist sogar überzeugt, dass Dummheit nichts mit Intelligenz zu tun hat und jeder Mensch in manchen Situationen dumm handelt. Außerdem trete die Dummheit des Öfteren im Kostüm der Klugheit auf, manchmal fehle es uns auch einfach nur an der Fantasie, uns die Folgen unseres Tuns auszumalen. Sogar die großen Philosophen ortet Alois Reutterer so manches Mal auf dem Pfad der Dummheit, wenn man etwa nachliest, was sie so von Frauen hielten… 

Als Quellen der Dummheit identifiziert Dr. Reutterer unter anderem eine mit Vorurteilen belastete Erziehung, Indoktrination durch Medien, Religion oder politische Systeme. „Dummheit ist lernbar”, ist er überzeugt. Allein schon angesichts von kriegerischen Auseinandersetzungen, die meist auf ideologische Streitigkeiten zurückgehen, müsse man das Problem der menschlichen Dummheit ernst nehmen und durch wissenschaftliche Aufklärung bekämpfen, ist er überzeugt.

Alois Reutterer kommt aber auch zu dem Schluss, dass Dummheit ein treuer Begleiter des Menschen bleiben wird. Das könne man schlussendlich nur mit Humor nehmen. Und so schluckt denn auch er, der als überzeugter Wissenschaftler „Pseudomedizin” strikt ablehnt, brav die homöopathischen Globuli, die ihm seine Frau Rosmarie verabreicht…

„Von 0 auf 101”

Im September erscheint das neue Buch.

Im September soll nun ein weiteres Buch in seiner Sammlung dazukommen. Unter dem Titel „Von 0 auf 101” hat Alois Reutterer „eine kleine Geschichte des Universums, des Lebens und des Menschen” zusammengefasst und auch einen Ausblick in künftige Entwicklungen gewagt. „Wie die ferne Zukunft der Menschheit, des Lebens und des Universums sich gestalten wird, bleibt freilich ein Rätsel”, muss er zugeben. „Es ist durchaus möglich, dass irgendwann alles zu Ende ist, möglicherweise geht unser Kosmos aber in einen völlig anderen über, dieser andere Kosmos endet wieder und gebiert einen neuen, und so fort und so fort.” Wie genau er sich dies vorstellt und wie er zu diesen Schlüssen  gekommen ist, können Interessierte ab September in dem kleinen Büchlein nachlesen, welches der Bludenzer Rhätikon Verlag im September (der genaue Termin war bei Redaktionsschluss leider noch nicht klar) präsentiert. Man darf gespannt bleiben.

 

Vorheriger ArtikelAuf der Suche nach dem künstlerischen Ausdruck
Nächster ArtikelSpezieller Blickwinkel auf das Geschehen