Wenn ihre Freunde die Ferien im Schwimmbad genießen oder noch in den Federn liegen, kümmern sich Norea, Lilly, Pauline, Jakob, Dilet und Florian frühmorgens und auch am Abend um ihre Zucchini, Kürbisse, Kohl, Mangold, Kräuter, Erdbeeren und Tomaten… Die Jugendlichen bauen das Gemüse aber nicht für sich selbst, sondern für die Gemeinschaft an. Denn mit ihrer Arbeit wollen sie darauf aufmerksam machen, dass jeder einen Beitrag für eine bessere Zukunft auf unserem Planeten leisten kann.
FOTOS: TM-HECHENBERGER, SYLVIA KINK-EHE
„Wir haben in Satteins lauter kleine Gretas”, lacht Vizebürgermeisterin Doris Amann. Sie freut sich sehr über das Engagement der Jugendlichen. Denn dieses ist auch eine Folge des Beteiligungsprozesses, dem sich die Gemeinde nun schon seit sieben Jahren verschrieben hat und den sie konsequent umsetzt. Ab der dritten Klasse Volksschule werden die Kinder und Jugendlichen im Ort aktiv dazu eingeladen, ihre Ideen und Wünsche einzubringen, sich zu engagieren und Teil der Gemeinschaft zu sein. „Es gibt in der Gemeinde heute keine Entscheidung, welche die jungen Leute betrifft, in die sie nicht aktiv eingebunden sind”,
erzählt Doris Amann von Workshops, bei denen Studenten mit den Kindern gemeinsam das neue Tipi für den Spielplatz planen, vom regelmäßig stattfindenden Kindercafé, das die Volksschüler eigenständig organisieren, von spannenden Exkursionen, Briefen an den Bürgermeister und Diskussionen im Gemeindeamt. Um die Möglichkeiten und Projekte für alle sichtbar zu machen, ergreifen Kinder und Jugendliche zudem in der „Kinderstimme” das Wort. Die selbst gestaltete Zeitung wurde im Juli zum dritten Mal an alle Satteinser Haushalte verschickt.
Die sechs Gemüsegärtner haben sich schon vor Jahren im „Kindercafé” zusammengefunden. Exkursionen zum Plastikfrei-Laden von Corinna Amann im Ort, zur Firma Rauch Lehmbau in Schlins und zur Bio-Gemüsegärtnerei Fri-Ma Hof in Ludesch sowie das „World Peace Game”, das in der Region regelmäßig auf dem Programm steht, haben sie dazu inspiriert, auch selbst einen Beitrag zu leisten. Selbstverständlich plädieren sie auch zuhause dafür, dass das Auto möglichst wenig benutzt und so wenig Müll wie möglich produziert wird. Und letzteres beginnt eben beim Einkauf.
„Vieles gibt es bei uns im Ort”, weiß Pauline. Das möchte sie auch anderen bewusst machen. Gemeinsam mit ihren Freunden griff sie deshalb eine Idee auf, die im Film „Tomorrow – die Welt ist voller Lösungen” präsentiert wird. „Alle aus dem Dorf dürfen das Gemüse nehmen, das die Leute dort im Garten anbauen”, waren die sechs beeindruckt. Paulines Mutter unterstützte die Jugendlichen, indem sie ihnen ein Feld in der Satteinser Au zur Verfügung stellte. Unterstützt von Sylvia Kink-Ehe, die den Beteiligungsprozess in Satteins seit Anbeginn in Zusammenarbeit mit Carmen Feuchtner von Welt der Kinder begleitet, nahmen sie außerdem mit Edeltraud Bale Kontakt auf, die mit ihrem Team seit 2012 den Gemeinschaftsgarten mitten im Dorf betreut. „Wir haben uns gefreut, dass die Jugendlichen mitmachen möchten”, erklärt diese. In Absprache mit den sieben Familien, die im Gemeinschaftsgarten ihr Gemüse anbauen, wurde den jungen Leuten ein Beet zugewiesen, das diese mit Bedacht bepflanzten. „Wir haben zuhause beobachtet, was am meisten geht”, erklärt Norea, „und dieses Gemüse dann gesetzt.” Martin Kräutler vom Obst- und Gartenbauverein hatte so manchen guten Tipp für die jungen Leute. Außerdem haben sie sich bei Vorträgen und in Büchern schlau gemacht. Erst in der Praxis haben sie dann aber erfahren, dass tatsächlich auch einiges an Arbeit dahintersteckt, wenn man Gemüse anbauen will. Die Jugendlichen sind heute froh, dass sie den Anbau in der Au auf eine Fläche von zehn mal zehn Metern beschränkt haben.
Speziell für die Ferien wurde ein genauer Plan ausgearbeitet, wer sich darum kümmert, dass das Unkraut nicht überhand nimmt und die Pflanzen genug Wasser bekommen. Vor allem auf dem Feld in der Au ist die Ernte üppig. Jeweils am Donnerstag Abend holen die „Diensthabenden” das reife Gemüse und packen es in eine Kiste, die dann vor der öffentlichen Bibliothek zur freien Entnahme bereit steht. Jeder ist eingeladen, sich zu bedienen. Eine kleine Box für freiwillige Spenden hat lediglich den Zweck, dass die Jugendlichen zumindest jenes Geld zurückbekommen, das sie für die Setzlinge ausgegeben haben. Ihr Engagement trägt aber auf jeden Fall Früchte, davon sind die sechs überzeugt. Denn es bleibt in Satteins nicht unbemerkt. „Ich habe auch in der Schule beobachtet, dass die Kollegen ihre Jause jetzt viel öfter in Aufbewahrungsdosen statt in Plastik verpackt dabeihaben”, freut sich Jakob.
Wer knackiges Gemüse – mit Liebe in Bio-Qualität angebaut – unverpackt mit nach Hause mitnehmen möchte, ist herzlich eingeladen, am Freitag und Samstag vor der Satteinser Bibliothek zuzugreifen.