Maschinenring: Vom Traktor-Sharing zum Agrar-Multi

Vor 40 Jahren gründeten ein paar weitsichtige Menschen in Nenzing einen Verein, der auf Zusammenarbeit und Nachbarschaftshilfe setzte. Die Idee war mächtig und wurde von engagierten Mitgliedern professionell weiterentwickelt. Zum „Geburtstagsfest” lädt der Maschinenring Oberland alle Mitglieder und Interessierten am Sonntag, 2. September nach Thüringen.

Fotos: TM-Hechenberger, MASCHINENRING

Car-Sharing („Auto teilen”) wurde in den 1980er- Jahren in der Schweiz erfunden und ist eine moderne Form der Mobilität. Die Idee dazu könnte von Landwirten geklaut worden sein. 

Wenn man sich Geräte, die nur wenige Mal im Jahr gebraucht werden, ausleihen kann, dann spart man sich viel Geld für Anschaffung, Wartung und Lagerung. Umgekehrt kann der Landwirt, der eine spezielle Maschine anschafft, diese durch das Verleihen besser auslasten. Dieses „Maschinen-Sharing” ist eines der Prinzipien, die den Maschinenring in ganz Österreich und auch international groß gemacht haben. Bis heute stehen sich die „Maschinenringler” auch gegenseitig bei, wenn bei Krankheit oder nach Unfällen rasch Hilfe gefordert ist: Das Vieh muss schließlich immer versorgt werden.

Die Ursprünge des Maschinenrings gehen auf das Jahr 1961 zurück – damals wurde der Selbsthilfeverein von  Landwirten in Niederösterreich ins Leben gerufen. In Vorarlberg gibt es die bäuerliche Solidargemeinschaft seit 1978 – sie wurde im Nenzinger Hotel Marmota gegründet und war bald flächendeckend im ganzen Ländle aktiv. Aus Gründen der Zweckmäßigkeit gibt es heute drei regionale Maschinenringe: Unterland, Bregenzerwald und Oberland. 

Maschinenring-Zentrale in Bludesch-Gais
Der Maschinenring Oberland wurde vor 40 Jahren gegründet. Seit mittlerweile 24 Jahren ist German Nigsch als Geschäftsführer treibende Kraft dieser bäuerlichen Solidargemeinschaft.

Der Maschinenring Oberland ist mit 1.275 Mitgliedern der größte und betreut die Kunden von Koblach bis zum Arlberg. Der Hauptsitz des Betriebes ist in Bludesch-Gais. Chef ist hier der Großwalsertaler German Nigsch. Seit 1994 ist er Geschäftsführer des Maschinenrings, der sich in diesen 24 Jahren enorm entwickelt hat. Es gibt zwar einerseits immer weniger Vollerwerbsbauern, die „Übriggebliebenen” müssen aber immer größere Flächen bearbeiten. Dazu brauchen sie (Maschinenring-) Maschinen, mit denen die Arbeitsgänge rasch erledigt werden können: Nicht jeder Sommer hat so lange Trockenperioden wie der aktuelle.

Die Landwirte brauchen zeitweise – zumal Bauernfamilien mit fünf und mehr Kindern heute die Ausnahme sind – auch personelle Verstärkung. Wenn beispielsweise die Maisernte eingebracht werden muss und Regen naht. Der Maschinenring hat dieser steigenden Nachfrage entsprechend 1998 die Tochtergesellschaft MR Personal und Service gegründet, über welche die gewerblichen Aufträge abgewickelt werden: 50 bis 60 Mitarbeiter sind hier verfügbar – viele davon selber Landwirte, die sich so ein zusätzliches Einkommen verdienen können. 

Der Dienstleistungsbetrieb Maschinenring kann auf Basis seiner guten und flexiblen Personalausstattung auch große Aufträge annehmen – zum Beispiel den Winterdienst auf allen Bahnhöfen Vorarlbergs – und die einzelnen Arbeitsaufträge an die Landwirte und Partner vor Ort vergeben. Gemeinden zählen schon lange auf den Maschinenring, der für sie etwa den Baumbestand kontrolliert und laufend „wartet”, damit niemand durch herunterfallende Äste verletzt wird. 

Die Schlagkraft der Maschinenring-Mitarbeiter nutzen auch Handwerksbetriebe. Wenn ein großer Auftrag zusätzliche Arbeitskraft für eine bestimmte Dauer erfordert, dann schickt der Maschinenring das benötigte Personal vorbei. Beim aktuellen Facharbeitermangel kommt es dabei immer wieder vor, dass man dem Maschinenring Männer abwirbt. „Wir haben halt viele kräftige und geschickte Männer bei uns, die zupacken können und das Arbeiten gewöhnt sind”,  kann German Nigsch dieser Entwicklung auch Positives abgewinnen. Umgekehrt gibt es auch viele Männer, die sich nicht an einen Betrieb binden wollen und stattdessen die Abwechslung im Maschinenring suchen: Heute beim Baumschnitt im privaten Garten, morgen beim Aufrichten eines Dachstuhls für eine Zimmerei im Einsatz, übermorgen Maisernte mit einer Monstermaschine. 

Maschinenring für Private

„Wir freuen uns immer wieder über junge Männer, die sich etwa nach dem Grundwehrdienst beruflich neu orientieren und dafür verschiedene Arbeiten kennenlernen wollen”, verweist Nigsch auf die Chance, über den Maschinenring den künftigen Traumberuf oder den passenden Arbeitgeber kennenzulernen. Ganz besonders freut ihn, dass immer mehr Private die Vorzüge der Maschinenring-Truppe nutzen – etwa für die Pflege des Gartens, für den Baumschnitt, für die Schneeräumung oder auch andere Aufgaben: Der Maschinenring hat Experten und Mitarbeiter für alle der insgesamt zehn angemeldeten Gewerbescheine. „Wer uns bucht, trägt dazu bei, dass Landwirte überleben können. Insbesondere trifft das auch auf die Nebenerwerbslandwirte zu, die ihren kleinen Betrieb oft nur halten können, weil sie beim Maschinenring ein sicheres Nebeneinkommen haben”, so Nigsch. Er selber müsste ja als Fulltime-Manager seinen Hof in Sonntag auch aufgeben, wenn er seiner Familie nicht hin und wieder die Helfer des Maschinenringes zur Seite stellen könnte.

Beim Jubiläumsfest auf dem Bauernhof von Martin Elsensohn in Thüringen können sich am Sonntag, 2. September, ab 11 Uhr alle Interessierten im gemütlichen Rahmen über die bäuerliche Solidargemeinschaft informieren.
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