Mitbestimmen in der EU

Von 23. bis 26. Mai sind 340 Millionen Europäer dazu aufgerufen, die Mitglieder des Europäischen Parlaments zu bestimmen. Die Voraussetzungen dafür sind in den einzelnen Mitgliedsstaaten zum Teil recht unterschiedlich. 

GRAFIK: TM-HECHENBERGER

Österreich ist neben Malta der einzige Staat, in dem bereits 16-Jährige ihre Stimme abgeben dürfen. Als Kandidaten können sich in den meisten Ländern EU-Bürger aufstellen lassen, sobald sie das 18. oder 21. Lebensjahr vollendet haben. Nur in Italien und Griechenland gilt ein Mindestalter von 25 Jahren, in Rumänien müssen die Kandidaten mindestens 23 Jahre alt sein. EU-weit gilt, dass Europaabgeordnete nicht gleichzeitig einer Regierung oder dem Parlament eines Mitgliedsstaates angehören oder Mitglied der EU-Kommission oder des Rechnungshofes beziehungsweise Richter, Generalanwalt oder Kanzler des Europäischen Gerichtshofs sein dürfen. Angestellte der EU oder einer derer Einrichtungen können ebenfalls nicht zur Wahl aufgestellt werden.

Während in Österreich und vielen anderen Ländern traditio­nell am Sonntag gewählt wird, legen einzelne Staaten ihre Wahlen immer auf einen Wochentag. Deshalb findet die EU-Wahl in Dänemark und in den Niederlanden bereits am Donnerstag und in Irland am Freitag statt. Tschechien ist der einzige Staat, in dem die Bürger an zwei Tagen – nämlich am Freitag und am Samstag – ihre Stimme abgeben können.

Prinzip der Verhältniswahl gilt im gesamten EU-Raum

Auch das Wahlsystem unterscheidet sich in den einzelnen Mitgliedsstaaten. Europaweit ist aber vorgeschrieben, dass die Sitze im EU-Parlament nach dem Prinzip der Verhältniswahl vergeben werden, auch wenn in einzelnen Ländern sonst das Prinzip der Mehrheitswahl gilt. Dies bedeutet, dass eine Partei im EU-Parlament so viele Mandate erhält, wie dies dem Prozentanteil des Wahlergebnisses entspricht. 

In Belgien und Luxemburg herrscht Wahlpflicht. Deshalb ist die Wahlbeteiligung in diesen Staaten stets am höchsten. 

Damit kleinere Länder im EU-Parlament besser repräsentiert sind, dürfen sie mehr Abgeordnete pro Einwohner stellen als größere. Generell werden in den EU-Ländern zwischen sechs (Estland, Luxemburg, Malta und Zypern) und 96 Abgeordnete (Deutschland) gewählt. Österreich hat Anspruch auf 18 Abgeordnete im EU-Parlament. Wenn man bedenkt, dass in Deutschland 83 Millionen Menschen leben, während Österreich gerade einmal knapp 8,9 Millionen Einwohner hat, wird klar, dass jeder deutsche Abgeordnete rein rechnerisch fast doppelt so viele Menschen vertritt wie ein österreichischer.

Stimmenaufteilung nach dem Brexit 

Wenn Großbritannien tatsächlich aus der EU austritt, wird das EU-Parlament von 751 auf 705 Abgeordnete verkleinert. Von den 73 Sitzen, auf die das Vereinigte Königreich im Moment noch Anspruch hat, werden 46 gestrichen. Die restlichen 27 werden auf andere Mitgliedsländer aufgeteilt. Österreich würde von dieser Vereinbarung profitieren und ein zusätzliches 19. Mandat erhalten. 

Um sicherzustellen, dass die Interessen kleinerer Länder nicht unter die Räder kommen, gilt im Rat der Europäischen Union zudem das Prinzip der doppelten Mehrheit. Beschlüsse kommen in diesem Gremium nur dann zustande, wenn mindestens 55 Prozent aller Mitgliedsstaaten zustimmen und diese zudem mindestens 65 Prozent der EU-Bevölkerung repräsentieren. Entscheidungen in Bezug auf die Außen- und Sicherheitspolitik müssen sogar einstimmig gefasst werden. Jeder einzelne Mitgliedsstaat kann also mit seinem Veto diesbezügliche Beschlüsse verhindern. Das vereinfacht die Entscheidungen in der Außen- und Sicherheitspolitk nicht unbedingt, soll aber sicherstellen, dass das Friedensprojekt EU nicht gefährdet wird. 

Direkte Einflussmöglichkeiten 

Aber auch jeder einzelne EU-Bürger kann sich mit Angelegenheiten, die in den Tätigkeitsbereich des EU-Parlaments fallen, direkt an das Europäische Parlament wenden, indem er eine entsprechende Petition als Beschwerde oder Antrag in einer der 24 Amtssprachen der EU aufsetzt. Diese werden vom Petitionsausschuss des Parlaments geprüft und bearbeitet. Außerdem gibt es die Möglichkeit, über eine Europäische Bürgerinitiative Einfluss zu nehmen. Diese muss von mindestens einer Million EU-Bürgern aus mindestens sieben Mitgliedsstaaten unterstützt werden. In jedem dieser Mitgliedsstaaten ist eine Mindestzahl an Unterstützungserklärungen erforderlich.  

In Österreich bewerben sich sieben Parteien um die 18 Sitze im EU-Parlament. 6,4 Millionen Wahlberechtigte haben am 26. Mai das Recht, ihre Stimme abzugeben.

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