Neuanfang mit heilenden Händen

Fram Al Habib ist ausgebildeter Physiotherapeut. Weil er aus seiner Heimat Syrien flüchten musste  und seine Ausbildung hierzulande nicht anerkannt wird, hat er umgesattelt: Seit Beginn des Jahres bietet er seine Dienste als selbstständiger Heilmasseur an. 

FOTOS: TM-HECHENBERGER, PRIVAT, GEMEINDE NÜZIDERS

„Ich habe schon einige Stammkunden”, freut sich der gebürtige Syrer, dass die Vorarlberger zu ihm Vertrauen haben. Nachdem er anfangs nur als mobiler Masseur geordert werden konnte, hat er im Jänner in der Bludenzer Klarenbrunnstraße 15 eine kleine Praxis bezogen, in der er ein breites Spektrum an Massagen anbietet. 

Fram Al Habib arbeitet gerne mit Menschen. Deshalb hat er sich zum Physiotherapeuten ausbilden lassen und diesen Beruf in der eigenen Praxis und im Krankenhaus seiner Heimatstadt Homs über Jahre ausgeübt. Doch dann kam der Krieg und mit ihm die Angst. „Drei schlimme Jahre” hielt er durch. Doch dann sah er für sich und seine Familie keine andere Lösung als die Flucht.

„Ich habe immer von Wien geträumt”, erzählt der Syrer. Er liebt die Musik und singt sehr gern. Die „Musikstadt” war ihm deshalb ein Begriff. Außerdem hatte er recherchiert, dass das Klima in Österreich dem in seiner Herkunftregion ähnelt. Ein Land, in dem es vier Jahreszeiten gibt, das war ihm wichtig. In seiner Heimatstadt – der Millionenmetropole Homs – liegen die Temperaturen im Sommer durchschnittlich bei 25 bis 28 Grad, im Winter bei fünf Grad Minus. „Es gibt sogar Schnee”, erzählt Fram Al Habib, „aber weniger als hier.”

Über verschiedenste Länder und unter ziemlichen Strapazen schaffte es Familie Al Habib tatsächlich nach Wien. Drei Tage später wurden sie von den Behörden allerdings nach Bregenz geschickt. Doch damit haben sich die Al Habibs rasch angefreundet. Sie waren glücklich, als sie bereits nach drei Monaten erfuhren, dass sie in Österreich bleiben dürfen. Deshalb haben sie auch unverzüglich alles daran gesetzt, die deutsche Sprache zu lernen. 

Anfangs war es trotzdem nicht einfach, mit den Menschen in Kontakt zu kommen. Vor allem Frams Frau Najlaa tat sich schwer, weil die gelernte Apothekenhelferin in der ersten Zeit in Vorarlberg keine Arbeit bekam. Mit dem Umzug nach Nüziders wurde alles anders. „Ich bin zum Chor und habe dort viele nette Leute kennengelernt”, ist Fram Al Habib heute noch dankbar für die Unterstützung, die er und seine Familie damals erfuhren. Auch die Nüziger Fußballer nahmen den Syrer offen auf. Najlaa Al Habib arbeitet seit zwei Jahren bei der Firma Getzner Textil, im Frauencafé der Gemeinde Nüziders hat sie inzwischen sogar Jassen gelernt. „Die Kinder reden besser als ich, vor allem die Tochter hat rasch Freunde gewonnen”, ist der Vater stolz. Die 12-jährige Jouy besucht die Mittelschule und ihr zwei Jahre älterer Bruder Elie die Sportmittelschule in Nüziders. Beide haben in der neuen Heimat auch schnell schwimmen und skifahren gelernt.

Obwohl ihn so manches Mal das Heimweh quält, möchte Fram Al Habib vor allem wegen der Kinder in Österreich bleiben. Sie haben hier viel bessere Chancen auf eine gute Ausbildung. Tochter Jouy träumt davon, Medizin zu studieren und ihren Mitmenschen so helfen zu können. „Sie sind beide gute Schüler”, weiß  der Vater, dass er mit seiner Familie auf keinen Fall in eine zerbombte Stadt, in der das Wasser- und Stromnetz zusammengebrochen ist, zurückkehren möchte. 

Er hat viel dafür getan, um in der neuen Heimat Fuß fassen zu können. Weil seine Ausbildung in Österreich nicht anerkannt wird und er sich für einen kompletten Neuanfang in Sachen Physiotherapie – noch dazu in einer Sprache, mit der er immer noch manchmal kämpft – zu alt fühlte, hat er umgesattelt. Parallel zu seiner Ausbildung zum medizinischen Masseur, die er in Hohenems und Linz absolvierte, hat er schon vor dem Abschluss mit klassischen und Hot-Stone-Massagen, Fußreflexzonen-Massage oder Hawaiianischem „Lomi Lomi” für das Wohlbefinden der Gäste im Wellness-Bereich des Brazer Gasthofs Traube gesorgt. 

„Dabei habe ich viel gelernt”, freut sich Fram Al Habib, dass er diese Methoden nun in der eigenen Praxis anbieten kann. Er hat ganz offiziell das Gewerbe angemeldet, sodass seine Patienten mit Überweisung des Arztes einen Teil der Behandlungskosten von ihrer Versicherung zurückbekommen. Wenn jemand Beschwerden hat, greift Fram Al Habib dann und wann auch in die „Trickkiste” aus seiner Vergangenheit als Physiotherapeut. Einer Frau mit Schulterproblemen hat er etwa ein paar leichte Übungen gezeigt, mit denen sich die Beschwerden rasch besserten. „Viele Vorarlberger haben mir geholfen, jetzt kann ich helfen”, freut sich Fram Al Habib.

Weitere Einblicke in sein Angebot gibt es im Internet unter massagepraxislebenszentrum.business.site.

 

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