Spitze für Frauen, die sich mögen

„Wer trägt denn sowas?” – Das ist eine Frage, mit der Anita Keckeis immer wieder konfrontiert wird, wenn sie ihre textilen Schmuckstücke präsentiert. Ihre Antwort: „Frauen, die sich mögen.”

FOTOS: CHRISTA ENGSTLER

Anita Keckeis hat ein Faible für raffinierte Kleidungsstücke in gedeckten Farben. Vor allem die Schnitte japanischer Designer haben es der Wahl-Bludenzerin angetan. Entsprechend top gestylt begegnet man ihr im Städtle. Obwohl die gebürtige Hohenemserin erst seit Februar in Bludenz wohnt, kennt sie bereits Tod und Teufel. Sie geht regelmäßig auf einen Kaffee ins „Fritzle”, schwärmt vom Sortiment bei „Wein & Co”, lobt die Mode-Auswahl im „Schmuckstück”, interessiert sich für die Kunst in der kukuphi-Galerie – und generell für die Menschen um sie herum. „Es geht nur miteinander.” – Das wurde ihr vor allem in Berlin bewusst. Anita Keckeis und ihr Mann Martin verliebten sich 2000 spontan in den Flair der deutschen Bundeshauptstadt und verlegten kurz entschlossen ihren Lebensmittelpunkt dorthin. „Ohne die Berliner Jahre würde es das Geschäft in Bludenz nicht geben”, ist die Designe­rin überzeugt. Während in der Heimat die stete Aufforderung nach alemannischer Bescheidenheit in der Luft lag, begegneten ihr die Berliner mit einem herausfordernden „Na dann zeig uns doch mal, was du kannst.” Das musste man der Vorarlbergerin nicht zweimal sagen. 

Weil ihre Mama zeitweise in einer Stickerei-Manufaktur arbeitete, begeisterte sich Anita Keckeis schon sehr früh für hochwertige Stickerei. Wenn sie die Muster eingehend betrachtete,  schwang aber schon damals ein „das kann ich besser” in der Bewunderung mit. Dieses Selbstbewusstsein mag auch in der Textilschule, Fachrichtung Stickerei, dazu geführt haben, dass sie die konventionellen „Blüamle” links liegen ließ und in ihren Entwürfen lieber mit grafischen Elementen spielte, sich von Gemälden und Stimmungen inspirieren ließ. Die frisch gebackene Absolventin ergatterte denn auch gleich einen Job als Stickereidesignerin in einer kleinen Stickerei-Manufaktur in Liechtenstein, wo der Chef viel Vertrauen in sie setzte. Er schickte die 17-Jährige auf die großen Messen in Düsseldorf, Paris und Mailand, wo sie rasch lernte, die hochwertigen Stickereien richtig zu präsentieren. Interessante Job-Angebote anderer Firmen haben den Glauben an ihr Können dann weiter befeuert, sodass sich Anita Keckeis im Alter von 22 Jahren zum Sprung in die Selbstständigkeit entschloss. In ihrem ersten eigenen Atelier in Hohenems zählten eine Hand voll Stickerei-Manufakturen in Vorarlberg und Liechtenstein zu ihren Stammkunden. Nach dem Umzug nach Wien stellte sie unter anderem auch ihr Talent als Stylistin unter Beweis.

Selbstständig ist Anita Keckeis bis heute. Sie genießt es, unabhängig und beweglich zu sein, flexibel die Chancen ergreifen zu können, die das Leben ihr bietet.

In Kunstmuseen und in der Vogue präsent

„Ich habe immer wieder Glück gehabt”, gibt die heute 51-Jährige gerne zu, wenn man nachfragt, wie es etwa dazu kam, dass Modeschöpfer Karl Lagerfeld zwei ihrer Spitzen-Colliers bei einer Foto-Session für die Vogue integrierte. Anita Keckeis hat ihren Weg konsequent verfolgt, ist drangeblieben und hat das Gespräch mit anderen gesucht. „So befruchtet man sich gegenseitig.” Immer wieder ist es ihr passiert, dass sie spontan auf der Straße angesprochen wurde – etwa in Japan, wohin sie ihre Erzeugnisse inzwischen regelmäßig verschickt. Anita Keckeis ist nämlich selbst das beste Aushängeschild für ihr Label „kex Spitzenkultur”, welches sie 2005 in Berlin gründete. Sie trägt die Schals, Kragen, Gürtel und textilen Colliers, die sie entwirft und in bester Qualität aus hochwertigen Materialien fertigen lässt, täglich. 

Es ging zwar nicht von heute auf morgen, doch Anita Keckeis hat es geschafft, dass „kex Spitzenkultur” in den Vitrinen der renommierten Galeries Lafayette in Berlin präsentiert wurde. 2009 haben es ihre textilen Schmuckstücke sogar in den Shop eines der größten Kunstmuseen der Welt – der Tate Gallery of Modern Art in London – geschafft. 

Die Vorarlbergerin hat der Versuchung immer widerstanden, ihre textilen Ideen in großen Stückzahlen und dadurch billiger zu produzieren. Pro Farbe lässt sie maximal neun Meter Spitze von kleinen Stickereien in Lustenau produzieren, die dann von Frau Schmitz – einer „Perle von Schneiderin” in Berlin – weiterverarbeitet wird. Den letzten Schliff erhalten die textilen Kunstwerke von der Designerin selbst. Auf diese Weise stellt Anita Keckeis sicher, dass unter ihrem Label nur perfekte Erzeugnisse im Umlauf sind. „In dieser Hinsicht habe ich viel von den Japanern gelernt”, erklärt sie, „die schicken ein Produkt wegen einer Ungenauigkeit von zwei Millimetern zurück.”

Trotz dieses Perfektionsanspruchs ist es Anita Keckeis wichtig, dass ihre Erzeugnisse fair kalkuliert sind und bezahlbar bleiben. So ist etwa ihr textiler Halsschmuck ab 159 Euro zu haben. Denn Anita Keckeis ist überzeugt davon, dass jede Frau ihre Colliers tragen kann. Sie möchte ihre Kundinnen dazu inspirieren, einen eigenen Stil zu entwickeln und diesen selbstbewusst zu vertreten. „Gut angezogen zu sein, ist keine Frage des Geldes”, sieht sie den Modezirkus, der wie am Fließband eine Kollektion nach der anderen auf den Markt wirft, äußerst kritisch. „Ich spare auf ein schönes, zeitloses Kleidungsstück, pflege es gut und trage es jahrelang”, erklärt sie. So sollen es ihre Kundinnen auch mit den hochwertigen Accessoires halten, die sie nun in Bludenz befühlen und erstehen können. Für die feierliche Eröffnung des Geschäfts in der Mühlgasse am 19. März war alles bereits perfekt organisiert, als ihr der Corona-Shutdown einen dicken Strich durch die Rechnung machte. Baumängel haben außerdem dazu geführt, dass sie den Laden im 400 Jahre alten Gebäude Ende September wieder geräumt hat. Stattdessen freut sich Anita Keckeis, dass sie ihre Spitzen-Erzeugnisse nun im Erdgeschoss der „gelben Villa“ in der Untersteinstraße präsentieren darf, die Besitzer Bernhard Fink kürzlich mit viel Liebe zum Detail umsichtig renoviert hat. „Hier habe ich mir einen kleinen, französischen Salon eingerichtet”, malt sich Anita Keckeis dort zwanglose „Get-together” mit verschiedensten Menschen aus. Schließlich war es immer der Austausch mit anderen, der sie inspiriert und ermutigt hat, ihren eigenen Weg zu gehen. „Zeigt euch, kommt raus aus eurem Nestle!” – Das möchte Anita Keckeis ihren Geschlechtsgenossinnen zurufen. Ihre Geschichte und ihre Entwürfe sollen anderen Frauen Mut machen, ihre Träume zu leben. „Meine Colliers geben einer Frau Haltung, sie wird gesehen”, ist die Weitgereiste fest überzeugt.

Einst träumte sie von einer eigenen Boutique in Paris. Dieses Vorhaben hat Anita Keckeis nun in Bludenz verwirklicht. Und das ist gut so. „Ich muss nicht mehr auf allen Hochzeiten tanzen.” Anita Keckeis ist ins Ländle zurückgekehrt, weil sie mehr Zeit mit der Verwandtschaft im Ländle verbringen möchte. Mit ihrem Mann Martin ließ sie sich 2017 in Lustenau – dem Geburtsort ihres Mannes – nieder. Wenn sich die beiden ins Ferienhaus der Schwiegermutter im Klostertal zurückzogen, machten sie immer wieder in Bludenz Station. Bei diesen Ausflügen lernten sie das „Städtle” und seine Bewohner schätzen. Seit Februar leben sie in der Halde und fühlen sich rundherum wohl. „Bludenz hat für uns etwas von Urlaub.” Anita Keckeis ist angekommen – zumindest vorerst. Und sie lädt alle Mode-Interessierten herzlich ein, sie an einem Freitag in ihrem Spitzen-Salon zu besuchen.

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