Steinzeit

Seit 162 Jahren wird am Lärchenbühel in Lorüns Gestein abgebaut. In den Anfängen mit Pickel und Schaufel, heute mit modernstem Gerät. Damals wie heute wird das Material aus dem Steinbruch Lorüns in der Region dringend gebraucht.

FOTOS: TM-HECHENBERGER

Ein heißer Ritt steht Philipp Walser bevor, wenn er  von seinem Büro am Fuße des Steinbruchs „ganz oben” nach dem Rechten schaut. Gut 150 Höhenmeter müssen auf den engen Wegen entlang der senkrecht abfallenden Abbautrassen überwunden werden. Walser bleibt (im Gegensatz zum Beifahrer) cool. Der technische Leiter des Steinbruchbetriebes verlässt sich ganz relaxt auf seinen Allrad-Toyota. Und schließlich bewältigen auch die Fahrer der riesigen Muldenkipper, abwärtsfahrend mit 30 Tonnen Gestein beladen, die Strecke fast spielend. Bei Gefällen bzw. Steigungen von bis zu 25 Prozent. 

Sicherheit werde beim „Brech- und Siebwerk Lorüns” (BSL)  ganz großgeschrieben, und gröbere Unfälle habe es seit Jahren nicht mehr gegeben, so Walser. „Gott sei Dank!”, fügt er im Wissen um trotz aller Vorsicht mögliche Unfälle etwas nachdenklich an. 

Auf der vierten der insgesamt sieben Abbautrassen  ist gerade Manuel Schwärzler dabei, Sprenglöcher für die nächste Abbauphase zu bohren. Er benutzt dazu ein fahrbares Spezialgerät, das den hydraulisch betriebenen 95-mm Schlagbohrer mit gewaltigem Druck in bis zu 24 Meter Tiefe treibt. Wie tief genau das jeweilige Loch gebohrt werden muss und wie viele Bohrlöcher für die beabsichtigte Sprengung erforderlich sind, ist genau berechnet. 



Steinbruch Lorüns

Sehr viel ist den Betreibern der Steinbruch Lorüns GmbH, die je zur Hälfte der Transbeton und der Firma Böhler gehört, an einem guten Verhältnis zu den Nachbarn gelegen. Die Belastungen durch Verkehr, Lärm und Staub werden so gering wie möglich gehalten. Interessierten Gruppen gibt man auch gerne Einblick in den Betrieb. Auch Schülern erklären Philipp Walser und seine Kollegen gerne, wie es im Steinbruch zugeht – und warum. Wer sich interessiert, kann sich via E-Mail melden: P.Walser@transbeton-vbg.at



„Monster-Hilti” bohrt die Sprenglöcher

Auf Grundlage der Vermessung mit 3D-Laserverfahren gibt die Sprengberechnung auch die Lage sowie den Eintrittswinkel der Bohrlöcher zentimetergenau vor: Mit Unterstützung einer GPS-Flugdrohne, vorrangig von Richard Salzgeber gesteuert, werden die Bohrpunkte exakt markiert. Wenn alle Löcher gebohrt sind, ist das Sprengteam am Werk. Der technische Leiter des Steinbruchbetriebes, Philipp Walser, hat neben seiner Werkmeister-Ausbildung an der „Berg- und Hüttenschule” in Leoben und zahlreichen Fortbildungen an der ebenfalls in der Steiermark gelegenen Montanuni auch die Sprengmeisterausbildung absolviert. Er und drei ebenfalls dazu befugte BSL-Kollegen wechseln sich bei der Sprengerei ab. „So eine Sprengung ist immer wieder beeindruckend und auch derart respekteinflößend, dass man sämtliche Sicherheitsvorschriften sehr gerne und sehr genau einhält”, gesteht Walser. Genau geregelt ist natürlich auch, wie viel Sprengstoff maximal verwendet werden darf: Maßgeblich dafür sind die damit zusammenhängenden Erschütterungen des Geländes –vor allem in Hinblick auf die nächstgelegenen Wohngebäude. „Die Grenzwerte unterschreiten wir immer deutlich”, kann Walser anhand der Prüfberichte der Bergbaubehörde nachweisen. 

Großer „Rumpler” war ein Erdbeben

„Die Nachbarn melden sich auch, wenn hin und wieder eine größere Sprengung erfolgt”, ergänzt Walser. Das komme aber selten vor. Zuletzt meldete sich ein Anrainer am 1. September und beklagte sich über eine „brutale Erschütterung”. Ursache war aber keine Sprengung, sondern ein Erdbeben mit Epizentrum in Liechtenstein. Der Betrieb des Steinbruchs wird auch offiziell genau überwacht. Die Betriebsgenehmigung wird von der Bergbaubehörde des Bundes für jeweils fünf Jahre erteilt. Zuletzt für die Periode von 2020 bis 2025. Im Genehmigungsbescheid ist die erlaubte Abbaumenge (140.000 Kubikmeter Kalkstein pro Jahr) ebenso festgehalten wie die genaue Grenze der Abbauarbeiten in der Landschaft. „Daran halten wir uns natürlich penibel genau”, versichert Walser. Schließlich wäre eine Überschreitung der Grenzen nicht nur mit hohen Geldstrafen verbunden, sie würde auch das Genehmigungsverfahren für die nächsten fünf Jahre erheblich verkomplizieren…     

Mit jeder Sprengung stürzen bis zu 5000 Kubikmeter (großteils) auf die darunterliegende Abbautrasse. Von dort wird das Material mit Bagger auf Muldenkipper verladen, zur BSL-Brechanlage gebracht und zerkleinert. Die restlichen betriebsinternen Gesteinstransporte werden über hunderte Meter Förderbänder erledigt. Nach der Brechanlage geht es in das Kieswerk, wo das Gestein in Waschanlagen gereinigt und mittels Rüttelsieben nach Korngrößen sortiert wird. 

Die Anlage läuft vollautomatisch. Erich Brugger und Rainer Driessner überwachen die Prozesse über unzählige Videokameras und Daten von hunderten Sensoren, die auf den Bildschirmen im Kommandostand angezeigt werden. „Hin und wieder verklemmt was oder es ‚butzt’ eine Sicherung. Das repariert man dann halt schnell”, spricht Brugger in großer Gelassenheit über seine verantwortungsvolle Aufgabe. Aber er kennt die Anlage schließlich, seit sie im Jahr 2000 in Betrieb genommen wurde. Also „in- und auswendig”.

Die jährlich 140.000 Kubikmeter Sand und Kies werden von der örtlichen Bauwirtschaft – bzw. den Betrieben und Privaten, die bauen und wohnen wollen – dringend gebraucht. Pro Kopf der Bevölkerung in Vorarlberg liegt der Bedarf bei  zehn Tonnen pro Jahr (Rohstoffstudie Vorarlberg 2018). Der Kalkstein aus dem Steinbruch Lorüns, dessen hervorragende Qualität seit Generationen geschätzt wird, findet im Umkreis von knapp 50 Kilometern Verwendung. Der Großteil davon in Form von Beton. Der wird von der 1972 gegründeten Firma Transbeton der Baufirmen Tomaselli-Gabriel, Thöni, Hilti&Jehle sowie Jägerbau direkt vor Ort produziert: Nur der Zement muss zugekauft werden, seit das 1906 gegründete Zementwerk Lorüns 2013 geschlossen wurde.

Zementwerk wurde zum gefragten Betriebsgebiet

Auf dessen ehemaligem Areal direkt neben dem Steinbruch entwickelt sich seither ein neu definiertes „Betriebsgebiet Zementwerk”. Es verfügt auch über einen Gleisanschluss, über den der Ausbruch aus dem Feldkircher Stadttunnelbau umweltfreundlich via Bahn direkt zum Kieswerk gebracht werden soll. Sofern das Genehmigungsverfahren rechtzeitig abgeschlossen werden kann…   

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